Sacharja 1
Zechariah 1 Kingcomments Bibelstudien

Einleitung

Das Buch Sacharja nimmt unter den sogenannten „kleinen Propheten“ einen besonderen Platz ein. Das liegt an der Länge dieses Buches, das nicht weniger als vierzehn Kapitel enthält, aber auch daran, dass es detaillierte Prophezeiungen über den Messias, die Weltreiche und die Gerichte über sie sowie über Juda, Israel und Jerusalem enthält.

Die Zeit, in der Sacharja lebt und prophezeit, ist nach der Wegführung, ebenso wie Haggai und Maleachi. Sacharja und Haggai prophezeien schon bald nach der Rückkehr einer Handvoll Israeliten aus Babel in das Land und den Ort, an dem der HERR gewohnt hat. Als diese kleine Gruppe aus Gottes Volk wieder im Land ist, beginnen sie mit dem Wiederaufbau des Tempels, hören aber unter dem Druck ihrer Feinde damit auf. Den Feinden gelingt es, König Artasasta zu überreden, einen Befehl zu erlassen, der den Wiederaufbau untersagt. Das Ergebnis ist, dass der Bau für etwa sechzehn Jahre bis zum zweiten Jahr von Darius zum Erliegen kommt. Im Übrigen ist das nicht derselbe Darius wie bei Daniel (Dan 6,1), sondern ein späterer (Esra 4,23; 24).

Es ist in dieser Zeit eine gewisse Trägheit unter dem Volk aufgetreten. Doch dann ruft Gott zwei Propheten, Haggai und Sacharja (Esra 5,1). Beide Propheten haben ihre Botschaft aufgeschrieben. Was Haggai und Sacharja prophezeit haben, ist auch für uns von Bedeutung. Deshalb wurde es aufgeschrieben und in Gottes Wort aufgenommen.

Haggai spricht von „dem Ersehnten aller Nationen“ (Hag 2,7), das ist der Messias, der zu seinem Tempel kommt. Sacharja spricht auch darüber, aber er spricht auch über die Wiederherstellung der zwei und zehn Stämme im Land, sodass wieder ein Volk im Land wohnen wird.

Die Erweckung unter Sacharja ist nur von kurzer Dauer, denn nach seinem Auftreten versinkt das Volk erneut in Unglauben. Dieser Unglaube findet in den Tagen des Herrn Jesus seinen Höhepunkt, als sein Volk Ihn verwirft. Andererseits ist sein Kommen der deutlichste Beweis für die Bedeutung des Namens Sacharja. Sacharja bedeutet nämlich „der HERR gedenkt“.

Die Folge der Verwerfung ist, dass das Volk seit vielen Jahrhunderten leidet und in der noch kommenden großen Drangsal ein beispielloses Leiden erfahren wird. Sie werden denken, dass Gott sie vergessen hat, aber sie werden danach feststellen, dass Gott ihrer gedenkt und ihnen zu der von Ihm festgesetzten Zeit Rettung verschaffen und sie segnen wird (Jer 29,11). Dann wird sich die Prophezeiung Sacharjas vollständig erfüllen.

Sacharja wurde in Babel in eine priesterliche Familie geboren, die die von Kores gebotene Gelegenheit nutzte, um nach Israel zurückzukehren (Esra 5,1; Esra 6,14; Neh 12,4; 16). Wie Jeremia und Hesekiel ist er sowohl Priester als Prophet. Er ist Priester durch Geburt und Prophet durch Berufung. Genau wie Jeremia wird er als junger Mann berufen (Sach 2,8; Jer 1,6). Er tritt zwei Monate nach Beginn der Prophezeiung durch Haggai auf (Hag 1,1). Die Dauer seines Dienstes ist unbekannt.

Sacharja muss als Kind zurückgekehrt sein aus Babel und kennt weder die Gefangenschaft in Babel noch die Ursachen aus persönlicher Erfahrung. Dennoch wählt Gott diesen jungen Mann als seinen Botschafter und nicht einen der Ältesten. Ein junger Mann repräsentiert die jugendliche Energie, die für einen treuen Dienst in „Überrest-Zeiten“ nötig ist.

Einteilung des Buches

Wir können das Buch wie folgt einteilen:

Teil I: Einleitung und Gesichte in der Nacht (Sacharja 1–6)
A. Einleitung in das Buch (Sacharja 1,1–6)
1. Datum und Name des Autors (Sacharja 1,1)
2. Aufruf zur Bekehrung (Sacharja 1,2–6)

B. Serie von acht Nachtgesichten (Sacharja 1,7–6,8)
1. Erstes Nachtgesicht: Der Reiter zwischen den Myrten (Sacharja 1,7–17)
2. Zweites Nachtgesicht: Die vier Hörner und die vier Schmiede (Sacharja 2,1–4)
3. Drittes Nachtgesicht: Der Mann mit der Mess-Schnur (Sacharja 2,5–17)
4. Viertes Nachtgesicht: Reinigung und Wiederherstellung Israels als priesterliche Nation (Sacharja 3,1–10)
5. Fünftes Nachtgesicht: Der goldene Leuchter und die zwei Olivenbäume (Sacharja 4,1–14)
6. Sechstes Nachtgesicht: Die fliegende Schriftrolle (Sacharja 5,1–4)
7. Siebtes Nachtgesicht: Die Frau im Epha (Sacharja 5,5–11)
8. Achtes Nachtgesicht: Die vier Wagen (Sacharja 6,1–8)

C. Die symbolische Krönung Josuas, des Hohenpriesters (Sacharja 6,9–15)

Teil II: Das Problem des Fastens und die Verheißungen der Zukunft (Sacharja 7–8)
1. Die Frage der Delegation aus Bethel (Sacharja 7,1–3)
2. Der Vorwurf des HERRN (Sacharja 7,4–7)
3. Der Befehl zur Bekehrung (Sacharja 7,8–14)
4. Zehn Verheißungen über die Wiederherstellung Israels in der Gunst Gottes (Sacharja 8,1–23)

Teil III: Zwei Aussprüche: Der Messias und sein Königreich (Sacharja 9–14)
A. Der erste Ausspruch: das Kommen und die Verwerfung des Messias (Sacharja 9,1–11,17).
1. Die Ankunft des messianischen Königs (Sacharja 9,1–10,12)
a. Die Zerstörung der Völker und die Bewahrung Zions (Sacharja 9,1–8)
b. Das Kommen von Zions König (Sacharja 9,9–10)
c. Die Befreiung und der Segen für Zions Volk (Sacharja 9,11–10,1)
d. Warnung und Ermutigung (Sacharja 10,2–4)
e. Israels Sieg über seine Feinde (Sacharja 10,5–7)
f. Israels vollständige Befreiung und Wiederherstellung (Sacharja 10,8–12)

2. Die Verwerfung des messianischen Hirten (Sacharja 11,1–17)
a. Einleitung (Sacharja 11,1–3)
b. Die Prophezeiung der Ablehnung des guten Hirten (Sacharja 11,4–14)
c. Der unwürdige Hirte (Sacharja 11,15–17)

B. Der zweite Ausspruch: das Kommen und der Empfang des Messias (Sacharja 12,1–14,21).
1. Die Befreiung und Bekehrung Israels (Sacharja 12,1–13,9)
a. Die Belagerung Jerusalems (Sacharja 12,1–3)
b. Die göttliche Befreiung (Sacharja 12,4–9)
c. Israels vollständige Befreiung von der Sünde (Sacharja 12,10–13,9)
2. Die Rückkehr des Messias und die Errichtung seines Königreichs (Sacharja 14,1–21)
a. Die Belagerung Jerusalems (Sacharja 14,1–2)
b. Die Zeichen der Rückkehr des Messias (Sacharja 14,3–8)
c. Die Errichtung des Königreichs des Messias (Sacharja 14,9–11)
d. Die Bestrafung der Feinde Israels (Sacharja 14,12–15)
e. Die allgemeine Anbetung des Königs (Sacharja 14,16–19)
f. Heilig dem HERRN (Sacharja 14,20–21)

Datierung und Absender

Wie bei Haggai erfolgt die Datierung der Prophezeiung Sacharjas nach der Regierungszeit eines heidnischen Fürsten. Dies deutet, wie bereits bei Haggai 1 (Hag 1,1) erwähnt, darauf hin, dass die Zeiten der Nationen gekommen sind (Lk 21,24; Dan 7,1; Dan 8,1). Durch das Versagen des Volkes verlegte Gott in gewisser Hinsicht seine Regierungswege von Jerusalem nach Babel. Babel war zwischenzeitlich gefallen, und zu dieser Zeit regieren die Meder und Perser Israel mit Darius Hystaspes als Haupt. Deshalb wird sein Name erwähnt.

Sacharja beginnt zwei Monate nach Haggai zu prophezeien. Es kann als besonderer Segen angesehen werden, dass Gott nach Haggai einen zweiten Propheten zu seinem Volk schickt. Es ist das Wort der Prophezeiung, das vom HERRN kommt, von Ihm ausgeht und Sacharja anvertraut wird. Wie dieses Wort des HERRN zu ihm gekommen ist, wird nicht erwähnt. Es kann zum Beispiel durch ein Gesicht mitgeteilt worden sein oder durch einen Traum.

Der Name Sacharja bedeutet „der HERR gedenkt“; Berekja bedeutet „der HERR segnet“; Iddo bedeutet „die bestimmte Zeit“. Wir können anhand der Bedeutung der Namen erkennen, dass der HERR seines Volkes gedenkt und es nicht vergessen hat, wie es manchmal scheinen mag wegen all des Leidens, das über das Volk gekommen ist. Er hat es natürlich nicht vergessen, sondern wird es vielmehr segnen zu der von Ihm festgesetzten Zeit.

In Esra 5 wird Sacharja als Sohn des Iddo bezeichnet (Esra 5,1), während es hier scheint, dass Berekja sein Vater ist. Es könnte darauf hinweisen, dass Iddo sein Großvater ist und dass sein Vater in seiner Jugend starb.

Der Zorn des HERRN

Der Prophet kommt direkt auf den Punkt. Er will seine Volksgenossen im Gewissen treffen. Sie sind nicht besser als ihre Väter. Der Tempel ist durch die Schuld der Väter zerstört worden. Aber sie selbst sind nachlässig beim Wiederaufbau. Es ist leicht, sich an unsere Umstände zu gewöhnen, ohne auf die Hand des HERRN zu achten, der uns wegen unserer Untreue in diese Umstände gebracht hat.

Der Prophet geht nicht näher auf die Ursache des Zornes ein. Indem er so darüber spricht, bittet er indirekt darum, sich an die Gelegenheiten zu erinnern, bei denen dieser Zorn sichtbar wurde. Dies sollte dazu führen, die Ursache dafür zu entdecken. Das würde sie in ihrer Untreue gegenüber dem HERRN zumindest nachdenklich machen. Der Prophet warnt auf diese Weise deutlich davor, dass Gott sich nicht spotten lässt.

Sie sind in das Land Gottes zurückgekehrt, aber nicht zu Gott selbst. Ihre Wegführung und die Zerstörung der Stadt und des Tempels sind klare Beweise für Gottes Zorn. Aber es gibt einen Weg zurück, und das ist der Weg der Bekehrung zum HERRN von ganzem Herzen. Deshalb folgt im nächsten Vers auf den Zorn das Angebot der Gnade.

Kehrt zu mir um

Da sie dem Bau des Tempels keinen Vorrang mehr einräumen, muss Sacharja sie nun zur Umkehr auffordern. Es ist ein Auftrag des HERRN der Heerscharen an ihn.

Dreimal spricht Sacharja in seinen einleitenden Versen über Bekehrung (Sach 1,3; 4; 6). Er tut dies vor allem jenen gegenüber, die vielleicht denken, dass sie sich bekehrt haben, weil sie aus Babel zurückgekehrt sind. Bekehrung wird gewöhnlich als etwas angesehen, das nur zu einer Botschaft des Evangeliums an Ungläubige gehört. Aber das ist nicht richtig. Hier hören wir von der Notwendigkeit einer Bekehrung für das Volk Gottes. Es ist der Aufruf an das Volk Gottes, von dem eingeschlagenen Weg umzukehren und zum HERRN zurückzukehren und Buße zu tun. Dann wird Er zu ihnen mit Segen und nicht mit Fluch zurückkehren. Zuerst muss das Volk zum HERRN umkehren, dann kann Er sich wieder ihnen zuwenden (Mal 3,7; 2Chr 15,2; Jer 3,12; Hes 18,30; Mich 7,19).

Auch als Gläubige müssen wir uns manchmal bekehren. Dies bedeutet nicht eine „tägliche Bekehrung“, als ob wir jeden Tag als reuige Sünder zu Gott kommen sollten, als ob wir niemals Kinder Gottes geworden wären. Aber das Neue Testament spricht auch von der Bekehrung Gläubiger. Wir sehen dies in den Briefen des Johannes an die sieben Gemeinden in Kleinasien. In den meisten von ihnen sind ihre Empfänger aufgerufen, Buße zu tun, weil in diesen Gemeinden Sünden vorhanden sind (vgl. Off 2,5; 16; 22; Off 3,3; 19). Wir hören es auch, wenn der Herr Jesus zu Petrus, der sich bereits bekehrt hat, sagt: „Und du, bist du einst umgekehrt, [so] stärke deine Brüder“ (Lk 22,32).

Es ist klar, dass auch Gläubige bekennen müssen, wenn etwas nicht in Ordnung ist. Er muss vor Gott auf die Knie fallen, und auch vor seinem Nächsten, wenn er gegen diesen gesündigt hat. Es gibt immer einen Weg zurück, sowohl für den einzelnen Gläubigen als auch für eine Gruppe von Gläubigen, einen Weg, der immer über Buße und Bekenntnis führt. Dass es diesen Weg gibt, ist das Ergebnis des Werkes Christi.

Die Weigerung zum Bekenntnis vor Gott und Menschen ist oftmals die Ursache für die große Zerrüttung im Volke Gottes. Niemand kann sich hinter der trügerischen Vorstellung verstecken, für ihn komme eine Bekehrung nicht in Frage. Wenn Gott zur Buße aufruft, beinhaltet das, dass Er die Kraft dazu gibt. Er stellt diese Kraft mit der Aufforderung zur Verfügung. Es liegt an den Menschen, davon Gebrauch zu machen.

Der Name „HERR der Heerscharen“ ist charakteristisch für die letzten drei Propheten und wird von ihnen zusammen mehr als 80-mal verwendet. Schon in diesem Vers wird dieser Name dreimal verwendet.

Folgt dem Bösen nicht nach

Ihre Väter hörten nicht auf die früheren Propheten (Sach 7,12), die vor der Wegführung die Propheten waren, und taten nicht Buße (Jer 25,3-8; 2Kön 17,13). Ein schlechtes Beispiel führt zu schlechter Nachfolge, und der Prophet warnt davor. Gott identifiziert sich hier mit den Propheten, die in seinem Namen gesprochen haben. Er sagt nicht, dass sie nicht auf die Propheten gehört haben, sondern dass sie nicht auf Ihn gehört haben. Nicht auf Gottes Propheten zu hören ist gleichbedeutend mit nicht auf Gott zu hören (vgl. Mt 10,40).

Zwei Fragen

Es ist, als wolle Sacharja mit diesen beiden Fragen die erwarteten Einwände gegen seinen Aufruf widerlegen. Im folgenden Vers wird die Antwort auf diese Fragen gegeben.

Sowohl die Väter als auch die Propheten leben nicht mehr. Für Sacharja und seine Zeitgenossen ist es belangreich, die Lektionen aus der Vergangenheit zu lernen. Im Allgemeinen gibt es auch heutzutage erschreckend wenig Geschichtskenntnisse. Die Lektionen, die man aus der (Kirchen-)Geschichte ziehen kann, finden keinen Eingang in das Denken und Handeln. Natürlich muss die Geschichte im Licht des Wortes Gottes gesehen werden, denn Gottes Hand in der Geschichte kann nur an diesem Wort geprüft werden. So geschieht es in diesem ersten Kapitel.

Das, wovor Gott gewarnt hat, hat sich auch buchstäblich erfüllt. Das Gericht hat die Väter weggenommen, und die Propheten sind getötet worden. Aber sie sind nicht besser als ihre Väter. Die Propheten leben in ihren Worten weiter, denn Gottes Wort geht nicht verloren. Die Worte der Propheten an die Väter sind erfüllt worden. Sie müssen somit anerkennen, dass Gott getan hat, was Er angedroht hat, und dass Er sein Gericht über sie vollstreckt hat (5Mo 28,45; Jes 23,15; 16; Klgl 2,17).

Bedeutung dessen, was Gott sagt

Die gepredigte Wahrheit Gottes bleibt unverändert wirksam (Jes 14,24 ). Gottes „Worte“ und „Beschlüsse“ haben immer einen Zweck. Das haben die Väter erlebt, als sie nicht bekehrt waren. Die Beweise dafür sind erbracht, nicht zuletzt durch die Wegführung. Das werden sie auch erfahren, wenn sie nicht umkehren. Das Wort Gottes ist lebendig und bleibend (1Pet 1,23-25). Was Gott sagt, geschieht, ob es nun ein Segen oder ein Fluch ist.

In Tagen der größten Untreue in der Gemeinde bleibt sie unsere Stütze. Die Anerkennung der Wahrheit des Wortes Gottes ist der erste Schritt zum Segen.

Ein neues Wort vom HERRN

Das erste Nachtgesicht wird Sacharja drei Monate nach seinen einleitenden Worten gegeben. Er darf nur sprechen, wenn der HERR es ihm aufträgt. Nach drei Monaten kommt dieser Auftrag. Jedes Nachtgesicht trägt zum Gesamtbild der zukünftigen Herrlichkeit Israels bei. Die nächtlichen Gesichte dienen dem Volk als Ermutigung, mit dem Wiederaufbau des Tempels fortzufahren. Insgesamt kann man sagen, dass die Perspektive der Nachtgesichte diese ist: Obwohl Israel noch nicht in seiner verheißenen Position ist, denkt Gott bereits daran.

Die Reihe der Gesichte führt uns durch die Zeit des Umgangs Gottes mit Israel. Diese Zeit läuft von der Zeit ihrer Züchtigung durch Gott unter den heidnischen Mächten bis zu dem Zeitpunkt, an dem sie in ihr Land mit ihrer wiederaufgebauten Stadt und ihrem Tempel unter ihrem Messias-König zurückkehren. Das erste Gesicht gibt das allgemeine Thema der ganzen Serie, die anderen Gesichte fügen Details hinzu. Während die Welt mit ihrer eigenen Arbeit beschäftigt ist, sind Gottes Augen und das Herz des Messias auf den niedrigen Zustand Israels und auf den Tempel in Jerusalem gerichtet.

Der Mann auf dem roten Pferd

Was Sacharja zu sehen bekommt, geschieht in der Nacht. Er schläft nicht, er sieht nicht im Traum, sondern ist in einem wachen Zustand. Er sieht einen Mann. Es ist der Herr Jesus (Sach 1,11), der hier zum ersten Mal im Buch erwähnt wird. Er sitzt auf einem roten Pferd. Hinter Ihm sind weitere Pferde, jedes in einer anderen Farbe. Am Anfang aller Gesichte steht der Herr Jesus. Es geht um Ihn, Er bestimmt die Zukunft und ist ihr Zentrum (Off 19,10b).

Die Aufforderung „siehe“ soll mit Nachdruck die Aufmerksamkeit lenken auf das Wunderbare und zugleich auf die Wichtigkeit dessen, was es zu sehen gibt. Es soll ihn auch dazu bringen, genau hinzusehen.

Rot ist die Farbe des Blutes und des Blutvergießens (Jes 63,2-4). Aber der Mann kämpft nicht. Es ist, als ob Er sich darauf vorbereitet. Die Pferde repräsentieren Mächte und Reiche, die noch kommen werden, aber sie stehen hinter dem Mann auf dem roten Pferd. Ohne Ihn können sie keinen Schritt machen. Alle Macht im Himmel und auf der Erde ist Ihm gegeben (Mt 28,18).

Er steht „zwischen den Myrten, die im Talgrund waren“. Die Myrten in dem Talgrund sind eine Darstellung des Überrestes Israels, mit dem der HERR sich verbindet. Er steht zwischen ihnen. Der Talgrund deutet auf einen Zustand der Erniedrigung hin. Myrten werden immer im Zusammenhang mit dem Friedensreich erwähnt. Sie scheinen auf diese Zeit hinzuweisen. Jetzt ist es noch nicht so weit, sie befinden sich noch in der Tiefe und nicht auf der Höhe.

Myrten sind immergrüne, reich verzweigte Sträucher und gehören zum Laubhüttenfest (Neh 8,15; 16) und in das messianische Reich (Jes 41,19; Jes 55,13). Sie verkünden eine Zeit des Segens im Friedensreich. Die Wiederherstellung wird in der Tiefe beginnen, durch Erniedrigung und Buße.

Israel wird immer noch von den Nationen erniedrigt und ist immer noch der Schwanz und nicht das Haupt der Nationen. Doch Gott kann diesen Frieden bereits in den Herzen derer wirken, die ihren Platz demütig im Tal einnehmen unter der Botschaft des Propheten, der das Herz und das Gewissen erreichen will.

Die Pferde sind Engelmächte – oder Winde oder Geister (Sach 6,5) – die die Geschichte der Weltmächte nach Babel kontrollieren. Ihnen wird die Freiheit gegeben, die Erde zu durchziehen. Aber sie stehen hinter dem Mann. Es gibt nichts in unserem Leben oder in der Geschichte, das ohne seine Erlaubnis geschieht (Spr 21,1).

Die Pferde mit den drei verschiedenen Farben repräsentieren die drei Reiche nach Babel, das bereits gefallen ist. Die roten Pferde repräsentieren das medo-persische Reich. Das Reich hat die gleiche Farbe wie das Pferd, auf dem der Mann sitzt, möglicherweise weil das medo-persische Reich damals gegenüber den Israeliten wohlwollend war (Esra 6,1-15).

Die Frage nach der Erklärung

Sacharja bittet um eine Erklärung. Er bekommt sie von dem Engel, der mit ihm redete. Seine fragende Haltung ist eine gute Einstellung für einen jungen Mann. Dieser Engel ist wahrscheinlich derjenige, durch den der HERR dem Sacharja seine Mitteilungen weitergibt, und nicht der Engel des HERRN (vgl. Off 1,1; Off 22,6). Der Engel gibt die Antwort nicht selbst, sondern gibt an, wohin Sacharja sehen muss, um die Antwort zu erhalten.

Die Antwort

Die Antwort auf die Frage Sacharjas gibt „der Mann zwischen den Myrten“, das ist der Herr Jesus. Er ist die Quelle, zu der alle Antworten, egal von wem sie auch gegeben wurden, zurückverfolgt werden müssen. In seiner Antwort zeigt Er sein großes Interesse an allem, was auf der Erde geschieht, insbesondere im Zusammenhang mit seinem Volk Israel und den Seinen (vgl. Hiob 1,7; Hiob 2,2). Eine Zeit lang wurde den Nationen die Regierungsgewalt übertragen, aber sie sind Ihm gegenüber rechenschaftspflichtig (Sach 1,11).

Rechenschaft abgelegt

Der Mann auf dem roten Pferd (Sach 1,8) scheint hier, im Gegensatz zu Sach 1,9, der Engel des HERRN zu sein. Dies ist eine besondere Erscheinungsform des HERRN selbst (vgl. 1Mo 16,7-13; 1Mo 22,11-22; 2Mo 3,2-6; Ri 6,14; 22; Ri 13,9-18; 22). Es ist eine Offenbarung des Herrn Jesus, bevor er Mensch wurde. Er repräsentiert Gott und ist Gott selbst. Alle (Engel-)Mächte, die in den verschiedenen Pferden dargestellt sind, sind Ihm verantwortlich. Er leitet die Geschichte, Er hat alles unter Kontrolle.

Alle Mächte fühlen sich in Ruhe; international herrscht Frieden. An einem Ort gibt es diese Ruhe nicht und das ist in Jerusalem. Wenn es dort keine Ruhe gibt, wie kann es dann in der Welt Frieden geben? Das soll auch das Gewissen des Volkes ansprechen, denn auch sie sind in Ruhe. Der Himmel ist mit Jerusalem und Juda beschäftigt, aber die Nationen und auch das Volk Gottes sind mit ihren eigenen Interessen beschäftigt, sie suchen ihren eigenen Wohlstand und ihre Bequemlichkeit.

Wie lange gibt es kein Erbarmen?

Die Antwort des „Engels des HERRN“ gleicht einem Gebet an den „HERRN der Heerscharen“. Hier sehen wir den Sohn Gottes, wie Er auf der Erde zu seinem Gott im Himmel betet. Wenn Er die Nachrichten und Berichte von den Reitern auf den Pferden erhält, bewirkt das bei Ihm Fürbitte. Denn obwohl alles still, in Ruhe und Frieden zu sein scheint, ist es in Wirklichkeit so, dass das Haus und die Stadt Gottes keine Ruhe und keinen Frieden genießen.

Was von nun an im ganzen Buch folgt, kann als Ergebnis der Fürbitte des Herrn Jesus gesehen werden. Eine Erweckung ist oft die Antwort auf das Gebet von treuen Menschen, aber hier ist sie die Antwort auf das Gebet des Herrn Jesus.

„Diese siebzig Jahre“ sind die der Gefangenschaft in Babel (Jer 25,11; 12; Dan 9,2). Die Gefangenschaft ist vorbei, aber die Menschen fragen sich, warum Gott immer noch zornig auf sie ist, obwohl die festgesetzte Zeit ihrer Bestrafung zu Ende ist. Die Antwort kommt in den folgenden Versen.

Im Hinblick auf die Gemeinde wirkte Gott im neunzehnten Jahrhundert in einer Reihe von Ländern das Interesse der Gläubigen an der Gemeinde als seinem Haus, in dem der Herr Jesus inmitten der zwei oder drei sein will, die als Gemeinde zu seinem Namen zusammenkommen wollen (Mt 18,20). Dieses Wirken des Geistes Gottes ist eine Antwort auf die Fürbitte des Herrn Jesus. Seine Fürsorge für die Gemeinde ist größer, als unsere jemals sein kann.

Gnädige Worte, tröstliche Worte

Die Antwort auf das Gebet wird mit „gnädigen Worten, tröstlichen Worten“ gegeben (vgl. Jes 40,1; 2; Jes 57,18; Jos 23,14; Jer 29,10). „Gnädige [wörtlich: gute] Worte“ sind Worte, die ausdrücken, was für jemanden gut ist. „Tröstliche Worte“ sind Worte, die ein Mensch benötigt, weil er sich im Elend befindet.

Das Anbieten einer Perspektive gibt Trost. Jemand, der sich aufrichtig um das Volk Gottes kümmert, bekommt Trost. Er macht das erbetene Mitgefühl sichtbar. Der Trost nimmt Gestalt an in dem, was Gott in Bezug auf seine Wege zu tun gedenkt. Der Trost Gottes wird mit dem Trost eines Kindes durch seine Mutter verglichen (vgl. Jes 66,13). Angst und Unruhe sind weg, es gibt Geborgenheit.

Das gilt auch für uns, persönlich und kollektiv. Leid bewirkt, dass Gott in die Umstände kommt. Er gibt sich uns dann als „der Vater der Erbarmungen und Gott allen Trostes“ (2Kor 1,3) zu erkennen. Gott gibt Trost durch die Heilige Schrift und durch die Ermunterung der Schriften haben wir Hoffnung (Röm 15,4). Die Schrift zeugt von dem Herrn Jesus (Joh 5,39), Er ist ihr Inhalt. Gott tröstet auch durch den Heiligen Geist (Apg 9,31). Er ist der Sachwalter oder Tröster. Gottes Geist schöpft in besonderer Weise aus der Heiligen Schrift, um zu trösten.

Gott will uns auch gebrauchen, um andere zu trösten (2Kor 1,4; 2Kor 7,13). Wahrer Trost ist das Reden zum Herzen (Rt 2,13).

Der HERR setzt sich für seine Stadt ein

Der Prophet muss verkünden und ausrufen, was der HERR zu ihm gesagt hat. Es ist nicht nur für den Propheten selbst, sondern das ganze Volk soll es hören und dadurch ermutigt werden.

Jerusalem ist der Ort, an dem Gott wohnt und thront, das Zentrum seiner Regierung. Er wird diese Stadt nicht für immer preisgeben. Zion ist der Name Jerusalems im Hinblick auf die Segnungen, die die Stadt im Friedensreich erhalten wird. Zion bedeutet „sonnig“, denn dort wird „die Sonne der Gerechtigkeit aufgehen mit Heilung in ihren Flügeln“ (Mal 3,20). Zion, das ist der Berg Zion, wird zusammen mit Jerusalem als Standort des Tempels genannt. Damit ist festgelegt und bestätigt, dass nur Jerusalem als Hauptstadt des Reiches des Menschensohnes in Frage kommt.

Gottes Zorn über die Völker

Gott ist sehr zornig über die Völker, die Er als Zuchtrute für sein Volk benutzt hat. Er hat „großen Zorn“, weil sie sich nicht gemäßigt haben, sondern so vermessen und dreist waren, Israel vernichten zu wollen (Jes 47,6; Jer 50,11-18; Jer 51,24; Hes 25,3; 8; 12; 15; Hes 26,2; Obad 1,10-14). Sie waren sich nicht bewusst, dass sie nur eine Zuchtrute in Gottes Hand waren, sondern wollten die von Gott gegebene Gelegenheit ausnutzen, um sein Volk anzugreifen (Jes 10,5; 7). Hier wird auch deutlich, dass trotz eines gewissen Weltfriedens, der trotz mancher Kriege in diesem Moment noch besteht, Gott immer noch zornig auf die Nationen ist und deshalb kann dieser Friede nur ein zeitlich begrenzter Friede sein.

Dass Gott „nur ein wenig zornig war“, bezieht sich auf die Dauer des Zorns (Jes 54,8), Gottes Zorn ist nur für kurze Zeit. In Sach 1,2 geht es um die Intensität seines Zorns.

Der HERR wendet sich Jerusalem wieder zu

Der HERR wendet sich mit Erbarmen seinem Volk wieder zu, von dem Er sich zuerst wegen ihrer Sünden zurückziehen musste (Hos 5,15). Er gedenkt in seinem „Zorn ... des Erbarmens“ (Hab 3,2). So wie Er zuerst mit Gericht nach Jerusalem kam, so kommt Er jetzt mit Erbarmen.

Es gibt keine größere Ermutigung, als sich an einer Arbeit zu beteiligen, die für Gottes von großem Interesse ist und seinem Ziel dient. So wird hier der Wiederaufbau des Tempels dargestellt. Es ist ein Vorrecht, daran mitwirken zu dürfen. Zuerst wird das Haus gebaut, dann Jerusalem. Gottes Wohnstätte kommt zuerst.

Wem „die Mess-Schnur“ gehört, der bestimmt, was gemessen wird (Sach 2,5; Hiob 38,5; Hes 41,3; Hes 45,6). Die Mess-Schnur weist auf Gottes Interesse hin, den richtigen Zustand der Stadt zu beobachten und sie nach seinem eigenen weisen Plan zur richtigen Zeit zu segnen. Die Mess-Schnur ist hier ein Symbol der Wiederherstellung (vgl. Sach 2,5; Jer 31,38-40), während sie früher ein Symbol des Gerichts war (2Kön 21,13; Jes 34,11).

Überfließen, Trost und Erwählung

Sacharja muss noch mehr predigen auf Befehl „des HERRN der Heerscharen“. Er muss ausrufen, dass nicht nur wieder aufgebaut wird, sondern auch, dass seine Städte noch von Gutem überfließen sollen. Nicht nur Jerusalem, sondern auch die anderen Städte werden wiederhergestellt werden. Gott ist ein Gott der Fülle und er wird die Städte von Gutem überfließen lassen (vgl. Spr 5,16).

Die Erfüllung dieses Verses liegt in einer Zukunft, die auch heute noch auf ihre Erfüllung wartet. Niemals hat das Volk eine Zeit solchen Wohlstandes gekannt. Der Segen, den Gott für sein Volk vorbereitet hat, wird noch kommen.

Das persische Reich wird aus damaliger Sicht noch einige Zeit bestehen bleiben. Dann kommen das griechische und danach das römische Reich. Wie wird sein Volk unter ihnen noch zu leiden haben. Im Jahr 70 n. Chr. wurde Jerusalem von den Nationen verwüstet. Aber wir sehen in unseren Tagen, dass Gott damit beschäftigt ist, seine Worte an Sacharja wahr werden zu lassen. Seit 1948 ist Jerusalem wieder in jüdischer Hand.

Wir selbst, als Glieder der Gemeinde Gottes, haben es mit dem Jerusalem, das „droben ist“ zu tun (Gal 4,26). Gott spricht auch darüber gute und tröstliche Worte. Es ist unsere Aufgabe als Gemeinde, auf der Erde die Wahrheit Gottes über die Gemeinde darzustellen und zu verkünden.

Deutsche Versen (2,1-2,2)

Vier Hörner

Nun sieht Sacharja „vier Hörner“. Es geht um die „Hörner“ und um die Zahl „Vier“. Die vier Hörner beziehen sich auf die vier Reiche. Nun ist auch Babel beteiligt, denn es geht um einen Überblick über die ganze Geschichte (vgl. Dan 7,4-7). Alle vier stießen mit ihren Hörnern, d. h. mit ihrer Macht, gegen Israel, um das Volk zu vernichten. Die Bewohner Judas, Israels und Jerusalems als Hauptstadt beider Reiche wurden alle von den Nationen weggeführt und zerstreut.

Gott stellt sich selbst hinter die Geschichte, indem Er von einer Zerstreuung spricht, die durch alle vier Reiche stattgefunden hat. Das schließt aus damaliger Sicht die noch kommenden Reiche ein, denn zu jener Zeit gehörte die Macht den Medern und Persern, dem zweiten Reich.

Deutsche Versen (2,3-2,4)

Vier Schmiede

Das Gesicht der vier Schmiede enthält eine Botschaft des Trostes. Gott sagt, Er hat seine eigenen Werkzeuge, um die vier Hörner zu zerstören, nämlich seine Schmiede. Sie sind seine Werkzeuge.

Wir sehen hier das Bild, dass alle Feinde Israels der Reihe nach vernichtet werden. Das sind die verschiedenen Weltreiche, von denen jedes der Reihe nach zuerst das vorherige Reich erobern und dann vom nächsten erobert werden wird. So hat Babel Assyrien unterworfen und Babel ist von den Medern und Persern erobert worden.

Der Herr Jesus wird dann das letzte Reich erobern (Dan 2,34; 44; 45). Dies ist ein Trost für den Überrest in den Tagen von Sacharja. Gott zeigt, dass Er die Antwort auf jede böse Macht hat, die sein Volk angreift. Dabei versetzt der Herr Jesus den Feinden seines Volkes den endgültigen Schlag. Dann werden alle Weltreiche vernichtet sein.

Wegen der Schwere ihrer Sünden ist Juda von Gott den in den Hörnern dargestellten Weltreichen ausgeliefert worden. Infolgedessen sind sie so niedergedrückt, dass sie nicht in der Lage sind, ihr Haupt zu erheben (Hiob 10,15). Doch dieser Zustand wird ein Ende haben. Gott hat seine Schmiede vorbereitet, die die Hörner niederreißen werden (Ps 75,11). Wer die Stadt anrührt, auch wenn sie in Trümmern liegt, rührt den „Augapfel Gottes“ an. Deshalb wird das Gericht Gottes über die Nationen kommen.

Auch für uns hat Gott seine Werkzeuge. Diese benutzt Er in Erweckungen. Jede Erweckung ist eine Offenbarung der Macht Gottes durch seinen Geist. Dann wird das Böse überwunden. Gleichzeitig führt sie zu einem erneuten Angriff des Teufels. Wir leben schon im Reich Gottes, aber es ist noch ein Reich in verborgener Form. Wir benötigen Werkzeuge, die in Gottes Hand benutzt werden, um sein Volk aufzubauen. Sie wehren sich auch gegen den Feind, der nie aufhört, das anzugreifen, was von Gott ist. Was Er in der Gemeinde aufbaut, wird immer über das triumphieren, was niederreißt.

© 2023 Autor G. de Koning

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