Obadja 1
Obadiah 1 Kingcomments Bibelstudien

Einleitung

Obadja ist der vierte in der Reihe der zwölf kleinen Propheten, deren Bücher am Ende des Alten Testaments stehen. Sein Buch ist das kleinste, das wir in der Bibel haben. Man muss die Reihenfolge der kleinen Propheten auswendig kennen, um dieses Buch ohne allzu große Mühe zu finden.

Aber wir hätten eine Menge vermisst, wenn wir seine Botschaft nicht in der Bibel hätten. Obadjas Botschaft ist genauso kraftvoll und wertvoll wie die der anderen Propheten. Einzigartig ist, dass er seine Botschaft nicht an das Volk Gottes richtet, sondern an ein Volk, das dem Volk Gottes äußerst feindlich gesinnt ist. Es ist dabei bemerkenswert, dass dieses feindliche Volk ein Brudervolk ist. Das gibt Obadjas Botschaft eine besondere Bedeutung.

Die vorherigen Propheten – Hosea, Joel und Amos – sprachen zu Juda und zu Israel. Obadja spricht zu Edom. Er ist empört über die Arroganz und Schadenfreude Edoms gegenüber Israel. Kein Feind hat das Recht, Gottes Volk zu demütigen, zu verachten oder zu plündern. Wenn das geschieht, zeigt der HERR, was Ihm sein Volk bedeutet, und dass niemand ungestraft seinen „Augapfel“ (Sach 2,8) anrühren kann.

Hören wir uns die Botschaft dieses Mannes Gottes an. Wir werden entdecken, dass auch seine Botschaft vieles enthält, was für uns von Bedeutung ist.

„Denn das Gericht [wird] ohne Barmherzigkeit [sein] gegen den, der keine Barmherzigkeit geübt hat“ (Jak 2,13a). Diesen Vers aus dem Brief des Jakobus könnte man gut als Überschrift über das Buch Obadja setzen. Er vermittelt kraftvoll den Inhalt des Buches. Wir fragen uns vielleicht, ob der empörte prophetische Ton Obadjas mit der neutestamentlichen Botschaft der Vergebung vereinbar ist. Aber ebenso könnten wir uns fragen, ob wir nicht selbst in dem gefangen sind, was jemand einmal „eine Art von zuckerüberzogenem Christentum“ genannt hat.

Kennen wir sie noch, die Empörung über Dinge, die einfach nicht sein sollten, Dinge, über die Gott zornig ist? Obadja ist aufgebracht über die Arroganz und Schadenfreude Edoms gegenüber Israel, immerhin ist es ein Brudervolk. Aber Edom ist in einem anderen Sinn als Moab und Ammon ein Brudervolk. Moab und Ammon sind Nachkommen von Lot, dem Sohn eines Bruders von Abraham. Sie sind auch ein anderes Brudervolk als die Ismaeliten, weil letztere von Abraham abstammen, aber nicht über Sarah. Edom ist ein Sohn von Isaak, dem verheißenen Sohn des Wohlgefallens des HERRN. Näher an Israel dran zu sein ist nicht möglich. Jedoch stellt sich heraus: Je enger die Bindung, desto tiefer die Kluft. Je weiter wir in unserer Betrachtung dieses Buch fortschreiten, desto deutlicher wird die Richtigkeit von Obadjas Haltung gegenüber Edom.

Obadja, wo er prophezeite und worüber

Obadja bedeutet „Knecht des HERRN“. Im Alten Testament hören mehrere Personen auf diesen Namen (1Kön 18,3-16; 1Chr 12,9; 2Chr 17,7). Zu ihnen gehört dieser Prophet, von dem wir in der Bibel ein Buch – in diesem Fall besser: eine Botschaft – haben. Er kann mit keinem anderen Obadja identifiziert werden. Das einzige Mal, dass wir seinem Namen begegnen, ist in diesem Buch der Bibel. Um mehr über ihn zu erfahren, müssen wir uns den Inhalt seiner Botschaft anschauen.

Wenn wir diese Botschaft lesen, entpuppt sich der Ort des Geschehens als die Stadt Jerusalem und ihre unmittelbare Umgebung, das Bergland von Juda. Zion, der heilige Berg Gottes (Obad 1,16; 17; 21), ist der Mittelpunkt. Die Prophezeiung des Obadja hat jedoch nicht Jerusalem oder Juda zum Thema, sondern Edom. Edom wird gesagt, dass es für das, was es den Kindern Judas angetan hat, nachdem Jerusalem eingenommen worden ist, bestraft werden wird.

Wann hat Obadja geweissagt

Obadja ist einer der ersten der kleinen Propheten. Es wird angenommen, dass er während der Herrschaft von Joram (848-841 v. Chr.) prophezeite. Einige historische biblische Daten unterstützen diese Annahme. Zur Zeit Jorams fallen die Philister und die Araber in Juda ein und plündern Jerusalem (2Chr 21,16; 17; Joel 3,3-5; Amos 1,6). Unter Joram befreiten sich die Edomiter von der Herrschaft durch Juda (2Kön 8,20-22). Ein weiterer Hinweis findet sich in dem Vergleich mit dem, was Jeremia in seiner Prophezeiung über Edom sagt (Jer 49,7-22). Das stimmt weitgehend mit dem überein, was Obadja sagt.

Obwohl die „Kleinen Propheten“ nicht streng chronologisch geordnet sind, gibt der Platz, den Obadja einnimmt, auch einen Hinweis darauf, dass er zu den älteren Propheten gehört. Die „Kleinen Propheten“ lassen sich in Hauptgruppen so einteilen, dass die Propheten, die vor der Wegführung geweissagt haben, zuerst genannt werden, während die drei Propheten, die die Zwölferreihe abschließen, nach der Rückkehr aus der Wegführung geweissagt haben.

Edom, das ist Esau

Um die Prophezeiung besser zu verstehen, ist es hilfreich, sich den Ursprung von Edom anzusehen. Esau wurde im Zusammenhang mit dem Verkauf seines Erstgeburtsrechts Edom genannt (1Mo 25,30). Bei dieser Gelegenheit offenbart Esau sein wahres Wesen. Durch die Tat zeigt er seine Verachtung für die Gabe Gottes. Er bevorzugt die sofortige Befriedigung eines körperlichen Bedürfnisses. Er wird verworfen, weil er damit die Gabe Gottes abgelehnt hat (Heb 12,16; 17).

Esau persönlich wurde nie verflucht. Er hat sogar einen Segen von Isaak erhalten (Heb 11,20), obwohl der Name Gottes darin nicht vorkommt (1Mo 27,39; 40). Hätte er seinem jüngeren Bruder Jakob gedient, wie Gott es bei seiner Geburt bestimmt hatte (1Mo 25,23b), hätte es auch für ihn einen Segen gegeben.

Erst nach einer langen Geschichte der Offenbarung des Hasses und der Feindschaft gegen seinen Bruder sagt Gott, dass Er Esau hasst (Mal 1,3). Dieser Hass Gottes bezieht sich nicht auf Esau persönlich, sondern auf Esau in seiner Nachkommenschaft. Dreimal heißt es in der Liste der Nachkommen Esaus, dass Esau Edom ist (1Mo 36,1; 19; 43). Edom ist der Name der Nachkommenschaft von Esau als ein eigenständiges Volk.

Edoms Hass gegen Israel

Die erste Feindseligkeit Edoms zeigt sich in 4. Mose 20. Die Israeliten sind auf dem Weg in das verheißene Land und müssen durch das Land Edom ziehen. Die Bitte darum wird von Edom mit viel Machtdemonstration abgelehnt (4Mo 20,14-21). Trotz aller Zuvorkommenheit von Mose und dem Volk zeigt Edom weiterhin seine Feindschaft. Sie hören auf nichts anderes als auf die bösen und stolzen Einflüsterungen ihres eigenen Herzens. Diese Grundhaltung der Feindschaft haben sie immer gehegt und gepflegt.

Später unterwirft David sie durch Joab (2Sam 8,14). Unter Joram werden sie abtrünnig (2Kön 8,20-22). Während Juda und Israel mehr und mehr verfallen, wird Edom immer arroganter und freut sich über das Unglück, das Gottes Volk trifft (Ps 137,7). In Psalm 83 sehen wir, wie Edom Teil des letzten Bündnisses gegen Jerusalem ist, mit der Absicht, den Namen Israels von der Erde zu tilgen (Ps 83,5-9). Auch Hesekiel 35 spricht von diesem immerwährenden Hass gegen Edom und zeigt, dass er von Anfang an öffentlich war (Hes 35,1-6).

Einige der Nachkommen Esaus

Edoms Hass gegen Gottes Volk ist in seinen Nachkommen stark ausgeprägt. Amalek zum Beispiel ist ein Enkel von Esau (1Mo 36,12). Die Nachkommen von Amalek sind die ersten, die Israel nach dem Auszug aus Ägypten angreifen (2Mo 17,8). Der HERR sagt von ihnen, dass Er „das Gedächtnis Amaleks ganz und gar unter dem Himmel austilgen werde“ (2Mo 17,14). Er wird dies durch sein eigenes Volk tun (5Mo 25,17-19).

Es gibt noch einige Edomiter, die aus der Geschichte Israels bekannt sind. Da ist Haman, der Agagiter (Est 3,1-10; Est 8,3; 5; Est 9,24), der nur von einer Sache beseelt ist, nämlich der Ausrottung des jüdischen Volkes. Der Name Agag ist der Titel der Könige von Amalek(vgl. 4Mo 24,7; 1Sam 15,8). Wir hören auch von „Doeg, dem Edomiter“, der 85 Priester des HERRN ermordet und die Priesterstadt Nob ausrottet (1Sam 22,17-19). Der Hass der Edomiter auf das Volk Gottes und ihre Mordlust kennzeichnen auch die Familie des Herodes. Herodes der Große ist ein Edomiter. Er ist berüchtigt für seinen Kindermord in Bethlehem. Sein Sohn Herodes Antipas ließ Johannes den Täufer enthaupten. Ein anderer Sohn, Herodes Agrippa I., tötet Jakobus und wollte auch Petrus töten.

Gott setzt sich für sein Volk ein

Die vorangegangenen Propheten, Hosea, Joel und Amos, haben zu Juda und Israel gesprochen. Sie haben dem Volk ihre Untreue gegenüber Gott und die Strafen, die Gott deshalb zu geben hatte, vor Augen geführt. Obadja spricht weder Juda noch Israel an. Er spricht zwar über Juda, sagt aber nichts zu deren Nachteil. Wenn Gott durch Obadja zu seinem eigenen Volk gesprochen hätte, dann hätte Er es auf die gleiche Weise tun müssen wie die anderen Propheten. Aber Er spricht zu Edom. Deshalb übergeht Er an dieser Stelle das Versagen seines eigenen Volkes und spricht von seinen Ratschlüssen in Bezug auf Edom.

Es ist wie mit dem Reden Gottes durch Bileam (4. Mose 23 und 24). Während Mose in mehreren Reden zu Israel sagt, dass sie Rebellen sind, lässt Gott Bileam in Gegenwart Balaks sagen: „Er erblickt keine Ungerechtigkeit in Jakob und sieht kein Unrecht in Israel; der HERR, sein Gott, ist mit ihm, und Jubelrufe wie um einen König sind in seiner Mitte“ (4Mo 23,21). Wenn Gott sich gegen sein Volk stellt, handelt Er mit ihnen nach seinen gerechten Forderungen. Er erinnert sie an ihre Abweichung und züchtigt sie für ihre Sünden. Aber gegenüber dem Feind tritt Gott immer für sein Volk ein (Ps 105,12-15).

Kein Feind hat das Recht, Gottes Volk zu demütigen, zu verachten oder zu plündern. Wenn das geschieht, zeigt Gott, was Ihm sein Volk bedeutet, und dass niemand ungestraft seinen „Augapfel“ antasten kann (Sach 2,12). Es ist wie mit einem ungehorsamen Kind. Die Eltern werden das Kind für sein Verhalten bestrafen. Aber wenn jemand anderes ihrem Kind schaden will, werden sie sich für es einsetzen.

Gott bezeugt seine Liebe

Es ist, als ob Gott durch die Haltung des Feindes herausgefordert wird, ein Zeugnis darüber abzulegen, was sein Volk für Ihn bedeutet. Jeder Angriff des Feindes bringt hervor, was in Gottes Herzen für die Seinen ist. Wenn Gott sein Herz über die Seinen öffnet und ihren Wert für Ihn vor denen widerspiegelt, die Ihm und seinem Volk feindlich gesinnt sind, hören wir die schönsten und erhabensten Dinge.

Es ist wunderbar und schön, genau das am Kreuz zu sehen. Das ist der Ort, an dem die Feindschaft des Menschen am hässlichsten zu Tage getreten ist. Zugleich wird gerade dort in herrlicher Weise offenbart, das Gott Licht und Liebe ist, gerade gegenüber dem Menschen, der Gott selbst in seinem geliebten Sohn verwirft. Der „Erste“ der Sünder, Paulus (1Tim 1,15), kann auf dieser Grundlage zu jemandem werden, dem Gott seine herrlichsten Geheimnisse anvertraut (Eph 3,2-11). Diese Gnade und Barmherzigkeit Gottes ist anbetungswürdig!

Edom, ein Symbol des Hasses

In dem Hass Edoms kommt ein weiteres allgemeines Prinzip zum Ausdruck. In Edom sehen wir den Hass und die Feindschaft des Fleisches gegenüber Gott (Röm 8,7; 8) und dem, was Gott gehört. Edom ist das Symbol des Hasses auf das, was Gott erwählt hat. Solange Edom nicht mit dem Volk Gottes konfrontiert wird, wird dieser Hass nicht offenbar. Aber sobald es diese Konfrontation gibt, kommt das, was im Innern schlummert, mit aller Heftigkeit zum Vorschein.

Das wird auch bei der Verkündigung des Evangeliums offenbar. Menschen, die scheinbar ordentliche Erdenbürger sind, äußern sich plötzlich in beißendem Spott oder höhnischem Ärger, wenn man ihnen eine Broschüre mit der Botschaft des Evangeliums anbietet. Niemand kennt sich selbst, bis er mit dem, was von Gott ist, in Berührung kommt. Das ist der wahre und entscheidende Test für das Herz. Christus ist das vollkommene Kriterium und der vollkommene Standard, weil nur Er die vollkommene Offenbarung Gottes ist.

Einteilung des Buches

Obadjas Prophezeiung kann im Einzelnen wie folgt unterteilt werden:

I Die Botschaft des HERRN (Obadja 1,1)

II Die Erniedrigung Edoms (Obadja 1,2–9)
a. Edoms Charakter (Obadja 1,2–4)
1. Edoms zukünftige Erniedrigung (Obadja 1,2)
2. Edoms gegenwärtiger Stolz (Obadja 1,3.4)
b. Edoms Unglück (Obadja 1,5–9)
1. Edoms Plünderung (Obadja 1,5.6)
2. Edom in der Falle (Obadja 1,7)
3. Gottes Initiative (Obadja 1,8.9)

III. Die Anklage gegen Edom (Obadja 1,10–14)
a. Der Grund für die Anklage (Obadja 1,10)
b. Die Erklärung der Anklage (Obadja 1,11–14)
1. Die Anklage wird beschrieben (Obadja 1,11)
2. Die Anklageschrift wird wiederholt und ergänzt (Obadja 1,12–14)

IV. Der Tag des HERRN (Obadja 1,15–21)
a. Das Gericht über Edom (Obadja 1,15–18)
b. Die Besetzung von Edom und anderen Gebieten (Obadja 1,19–20)
c. Das Königtum des HERRN (Obadja 1,21)

Man kann auch eine dreiteilige globale Einteilung vornehmen:
I Der Untergang Edoms und seine Zerstörung (Obadja 1,1–9), mit
1. dem Rat des HERRN, Edom durch feindliche Völker klein zu machen und ihn von seiner sicheren Höhe der Felsenburgen zu stürzen (Obadja 1,1–4); und
2. einem Bild in leuchtenden Farben, wie Edom von den Feinden völlig ausgeplündert und von seinen Verbündeten und Freunden verlassen und betrogen wird und machtlos untergeht (Obadja 1,5–9).
II Die Ursache für seinen Untergang (Obadja 1,10–14).
III Die Ausübung der Gerechtigkeit über die Nationen und Edom, und die Errichtung des Königreichs in Israel sowie dessen Wiederherstellung und Sieg (Obadja 1,15–21).

Das Gesicht Obadjas

Was Obadja in dieser Prophezeiung mitteilt, hat er gesehen. Darauf deutet das Wort „Gesicht“ hin. Wie er die Gesichte wahrgenommen hat, ist nicht deutlich. Es kann sein, dass er etwas in seinem Inneren „gesehen“ hat durch etwas, was Gott ihm gezeigt hat. Es ist auch möglich, dass er eine äußere Erscheinung wahrgenommen hat, durch die ihm gesagt wurde, was er weitergeben soll. In jedem Fall hat Obadja Dinge gesehen, die real sind. Er gibt nicht nur eine Vermutung weiter verbunden mit der Möglichkeit , dass er sich getäuscht hat.

In einem weiteren Sinn gilt für alle Offenbarungen, die Propheten erhalten, dass es Dinge sind, die Gott selbst ihnen zeigt. Gott lässt seine Propheten teilhaben an seinen Plänen und Wegen mit seinem Volk, indem Er ihnen zeigt, wie Er wirkt (1Mo 18,17; Ps 103,7). Die Propheten geben ihre „Gesichte“ an das Volk Gottes weiter mit der Absicht, dass das Volk sein Leben danach ausrichtet.

In vielen Lebensbereichen verhalten sich Menschen tatsächlich ähnlich, wenn sie versuchen, sich vorzustellen, was passieren wird. Die Absicht dabei ist, dass sie ihre Vorgehensweise entsprechend anpassen. Für Menschen besteht bei einer solchen Arbeitsweise aber immer die Möglichkeit einer Fehleinschätzung. Sollten dabei die Entwürfe tatsächlich in etwa den Erwartungen entsprechen, dann gibt es aber immer noch Details, die nicht eintreffen oder die in den Überlegungen nicht berücksichtigt wurden.

Solche Vermutungen und Fehleinschätzungen sind bei Gott völlig ausgeschlossen. Er verkündet das Ende von Anfang an (Jes 46,10). Er gibt nicht nur eine vollkommene Darstellung des Anfangs und des Endes, sondern auch von dem Weg, der vom Anfang zum Ende führt.

Was Obadja gesehen hat, ist ein Wort von „dem Herrn, HERRN“ über Edom. Es sind nicht Menschen, die hier ihre Meinung sagen, sondern der ewige Gott spricht. Er ist „der Herr“, Adonai, das ist der Gebieter, und „HERR“, Jahwe, das ist der Gott des Bundes mit seinem Volk, der sich an diesen Bund hält. Wenn Er spricht, tun wir gut daran, aufmerksam zuzuhören. Es ist ein Wort dieses Herrn, HERRN, über oder zu Edom. Dieses Wort beginnt in Obad 1,2, aber zuerst gibt es noch einen Zwischensatz vorab.

Das Wort „wir“ bezieht sich auf den Propheten, der sich hier mit anderen Propheten oder mit dem ganzen Volk eins macht. Der Prophet und die anderen haben „eine Kunde“, eine Botschaft, gehört. Es ist eine Kunde, die von „einem Boten … unter die Nationen gesandt“ wurde. Der Inhalt der Botschaft gleicht der Ankündigung einer Verschwörung. Es findet eine Abmachung unter den Nationen statt, um gemeinsam gegen Edom zu kämpfen.

In dem „Boten … unter den Nationen“ könnte man vielleicht etwas von diplomatischen Besuchen in verschiedenen Ländern erkennen. Wir können auch an die Rolle der Medien denken, die die Berichterstattung liefern. Doch Obadja und seine Leute geben nicht an, dass sie diese Berichterstattung von den „Medien“ gehört haben, sondern dass sie es „von dem HERRN gehört“ haben.

Das ist eine wichtige Lektion für unsere Beurteilung der Botschaften, die wir in den Nachrichten hören. Wenn wir die Ereignisse auf der Weltbühne beobachten, sind wir dann auch offen für die Stimme Gottes, die darin zu hören ist? Schauen wir in der Bibel nach, um zu sehen, entlang welcher Linie Gott seine Pläne erfüllt? Oder hören wir nur auf die politischen Führer und beurteilen ihre Pläne im Licht der Macht, die sie unserer Meinung nach haben?

Wir sind gut beraten und weise, wenn wir weltliche Nachrichten anhand des Wortes Gottes prüfen. Dann werden wir uns nicht vom Schein der Ereignisse täuschen lassen, sondern die Stimme des Herrn in ihnen erkennen. Wir werden feststellen, dass Diplomaten und Medien, ohne sich dessen bewusst zu sein, von Gott benutzt werden, um seinen Plan auszuführen.

Ein Wort wie dieses in Obadja dient als Trost für Gottes Volk. Gott gibt seinem Volk zu verstehen, dass Er sich um seine Sache kümmert. Er zeigt, dass es Ihm nicht gleichgültig ist, wie sein Volk behandelt wird.

Klein gemacht und erniedrigt

In Obad 1,1 wendet sich Gott zunächst mit einem Wort über Edom an sein eigenes Volk, um ihm Mut zu machen. Aber nach diesem kurzen Wort der Ermutigung für sein Volk, redet der HERR ab Obad 1,2 kraftvoll gegen Edom. Ohne Vorwarnung wird bereits zu Beginn seiner Rede das Gericht über Edom festgestellt. In den folgenden Versen drückt Er die Grundlage für dieses Vorhaben aus.

Ohne Verteidigung muss Edom das Gericht hören und ertragen. Es gibt keine Möglichkeit, Einspruch einzulegen. Das wird nicht möglich sein, weil Gott das höchste Gericht ist. Edom wird es auch nicht tun, weil es nichts gegen die Anklage vorbringen kann. Ein Verfahrensfehler ist ausgeschlossen.

Es wird geredet, als ob es bereits geschehen wäre. Es macht für Gott keinen Unterschied, ob etwas in der Zukunft oder in der Vergangenheit liegt. Für Ihn ist es immer Gegenwart. Die Zeit ist für Ihn nur ein Element, das ihm zur Verfügung steht. Er ist nicht an Zeit gebunden. Alles, was der HERR zu tun beabsichtigt, alles, was Er sagt, das wird genauso geschehen.

Das Schicksal, das Edom hier erleiden muss, ist das besondere Schicksal all derer, die mit dem ihnen zugewiesenen Teil nicht zufrieden sind und all derer, die sich nach großen Dingen trachten (Jer 45,5). Dann verachtet zu werden ist dann besonders peinlich.

Der HERR führt sein Gericht aus durch die Nationen, die er gerufen hat, zuerst die Assyrer, dann die Babylonier. Aber Er lässt es aber nicht dabei bewenden. Nach diesem Gericht über Edom durch die Nationen gibt es zudem ein Gericht, das Er selbst ausführt (Jes 34,5; 6; Jes 63,1-6; Hes 35,15; Hes 36,5). Aber auch Israel selbst wird als ein Werkzeug in Gottes Hand berufen, um das Gericht über Edom auszuführen (Obad 1,18).

Übermut

Was Edom ausstrahlt, ist: „Ich bin stark und weise.“ Edom war bekannt für seine Weisen. Die Intelligenz dieser Region war in Edom (Obad 1,8). Man kann es heute noch in der Felsenstadt Petra sehen, eine ganze Stadt, die in den Felsen gehauen ist. Aber Obadja spürt, was dahintersteckt. Er spürt den tiefen Wunsch Edoms, sich völlig unverwundbar zu machen: „Niemand kann mehr mit mir konkurrieren; ich sitze hier in meinem Elfenbeinturm, und bin sicher.“

Übermut ist immer irreführend. Wer übermütig ist, rechnet damit, dass er mit allem fertig wird und niemand über ihn steht. In seinem Übermut denkt Edom, dass er sicher ist. In seinem Übermut blickt er verächtlich auf seine Feinde herab (vgl. Ps 10,5b; 6). Wer auf andere herabschaut, der schaut nicht nach oben, wo Gott wohnt. Bei Edom herrscht ein völliger Mangel an Wissen über Gott und damit auch über sich selbst.

Edom denkt, er sei unantastbar. Immerhin wohnt er in fast unzugänglichen Felsenhäusern. Seine hochmütige Frage „Wer wird mich zur Erde hinabstürzen?“ zeugt von seinem arroganten Selbstbewusstsein (vgl. Jes 14,13; 1Mo 11,4). Er spricht seine Frage nicht laut aus, sondern in seinem Herzen. Er rechnet nicht mit Gott, der dem Hochmütigen widersteht, aber dem Demütigen Gnade schenkt (Spr 3,34; Jak 4,6; 1Pet 5,5).

Diejenigen, die hoch von sich selbst denken, glauben, dass andere auch hoch von ihnen denken. Es sind Menschen, die „sich an sich selbst messen und sich mit sich selbst vergleichen“ (2Kor 10,12). Sie machen sich selbst zum Zentrum ihres Denkens und zum Vergleichsmaßstab, an dem sie andere messen.

Edom prahlt mit seiner Macht und seinem Ansehen und vergisst, dass er sein Erstgeburtsrecht und das damit verbundene Ansehen für ein Linsengericht verschleudert hat. Er hat absolut kein Interesse an den Dingen Gottes. Was nützt ein Erstgeburtsrecht, wenn man es erst bekommt, wenn der Vater stirbt (5Mo 21,15-17)? Darauf muss noch gewartet werden. Du lebst jetzt, und jetzt willst du es genießen. Die Zukunft ist weit weg.

Die Schrift gibt seine Haltung treffend wieder mit den Worten seines Vorfahren Esau: „Und Jakob gab Esau Brot und ein Gericht Linsen; und er aß und trank und stand auf und ging davon. So verachtete Esau das Erstgeburtsrecht“ (1Mo 25,34). Wir können es vor uns sehen: der Mann des Feldes, der Jagd, des harten Lebens, der nur einen vollen Magen haben will. Um seinen Magen zu füllen, tauscht er fahrlässig einen Segen Gottes für die Zukunft gegen eine sofortige Befriedigung seiner Wünsche ein. Als diese Befriedigung erfüllt ist, steht er auf, um das nächste Abenteuer zu beginnen. Er ist Herr über sein eigenes Leben.

Esau und Edom sind klare Beispiele für viele, die sich nicht um den Segen Gottes kümmern. Das Einzige, was sie interessiert, ist ein erfolgreiches Familienleben, ein erfolgreiches Studium, eine hohe Funktion im Geschäftsleben und vieles mehr. Solange es zu ihrem Prestige beiträgt, ihr Ego befriedigt und ihr Status gefestigt wird, solange fragen sie nicht nach dem Segen Gottes.

Wir sollten nicht denken, dass ein solches Verhalten nur in der Welt zu finden ist. Auch inmitten von Christen gibt es Situationen, in denen Segnungen von Gott gegen direkte Bedürfnisbefriedigung eingetauscht werden. Der Prediger beispielsweise, der nach Ansehen durch Menschen strebt, wird unweigerlich den Menschen das sagen, was sie hören wollen, und folglich „respektiert“ werden. Aber er verpasst den göttlichen Segen, nämlich die Anerkennung Gottes, jetzt und in der Zukunft.

Es gibt kein Entkommen vor Gott

Im vorigen Vers hören wir Edom prahlen: „Wer wird mich …?“ Auf diese hochmütige, herausfordernde Frage kommt plötzlich die Antwort des HERRN, die er nicht ahnt: „Ich würde dich... “ Edom wähnt sich in Sicherheit, völlig unantastbar, unerreichbar für jede Macht, die er sich vorstellen kann. Doch er rechnet nicht mit dem HERRN.

In Edom sehen wir die Kurzsichtigkeit aller Menschen, bei denen kein Gedanke an Gott vorhanden ist. Solche Menschen berechnen ihre Chancen nur im Lichte dessen, was sie durch ihren Verstand an möglichen Gefahren wahrnehmen. Aber ihre Wahrscheinlichkeitsüberlegungen zerschellen an dem Willen Gottes, den sie in ihren Überlegungen ausgeklammert haben. Es ist jedoch unmöglich, dem heiligen und über alles erhabenen Gott zu entkommen.

Edom mag sich vor den Menschen sicher fühlen, aber Gott weiß, wo er zu finden ist. Ob er sich am höchsten Ort der Erde oder am höchsten Ort des Universums befindet, beides ist kein Problem für Gott. Je höher Edom aufsteigen würde, desto tiefer wäre sein Fall. Nirgendwo in der ganzen Schöpfung ist ein Ort zu finden, der außerhalb der Reichweite Gottes liegt, den Er nicht erreichen könnte, auch nicht bei den Sternen des Himmels. Alles ist in seiner Reichweite und Ihm zugänglich. Es ist die Weisheit des Menschen und seine Rettung, wenn er dies vor Gott anerkennt. David ist so ein Mensch (Ps 139,7-12; vgl. Amos 9,2; Jes 14,12-20).

Diebe, Räuber und Winzer

Um die totale Ausplünderung Edoms zu verdeutlichen, werden zwei Fälle dargestellt, bei denen noch etwas übrig bleibt. Wenn Edom geplündert wird, bleibt nichts mehr übrig. Der erste Fall betrifft Diebstahl und Raub. „Diebe“ sind Menschen, die heimlich das Eigentum anderer stehlen. „Räuber bei Nacht“ tun dasselbe, aber mit Gewalt. Solche Menschen nehmen sich, was sie gebrauchen können. Die anderen Sachen lassen sie zurück.

Unter Kriminellen kommt es auch vor, dass es eine Art Ehrenkodex gibt. Sie sehen keinen Sinn darin, Menschen zu verletzen, und manchmal werden sie eine bestimmte Grenze nicht überschreiten. Wo diese Grenze liegt, wird natürlich von ihrem eigenen verdorbenen Gewissen bestimmt. Wie dem auch sei, das Verhalten dieser bösen Menschen wird Edom als Vorbild hingestellt, denn bei Edom gibt es überhaupt keine Grenze für ihre verdorbenen Handlungen. Was immer sie stehlen können, nehmen sie mit, ob sie es gebrauchen können oder nicht. Bei ihnen gibt es nicht den geringsten Respekt vor dem Besitz des anderen. Deshalb werden sie selbst völlig und unbarmherzig ausgerottet werden.

Der zweite Fall betrifft ehrenwerte Menschen wie „Winzer“. Sie lassen eine Nachlese übrig. Gottesfürchtige Menschen tun dies bewusst, weil Gott es befohlen hat (3Mo 19,10; 5Mo 24,21). Gottlose Menschen tun dies unbewusst, weil es Trauben gibt, die sie einfach nicht sehen, und die erst bei einer genauen Nachlese entdeckt werden. Aber solche Nachlässigkeit kommt nicht vor, wenn die Zeit für die Ausrottung Edoms gekommen ist. Diejenigen, die es berauben, werden nichts von Edom übrig lassen.

Verborgene Schätze aufgespürt

Die Feinde Edoms suchen in allen verborgenen Winkeln nach etwas, das noch genommen werden kann; nichts wird übersehen (Jer 49,10). Alles, worauf Edom irgendeinen Wert legt, wird aufgespürt. Petra, die Hauptstadt Edoms, ist ein großer Umschlagplatz für syrisch-arabische Waren, in der viele Schätze aufgestapelt und versteckt sind. Die Feinde suchen nach diesen verborgenen Schätzen wegen ihres Wertes. Sie suchen sie auch, weil mit dem Verlust dieser Reichtümer der Wohlstand und die Macht Edoms vernichtet sein werden.

Viele Menschen setzen ihr Vertrauen auf ihre Schätze und ihr Vermögen. Dadurch fühlen sie sich sicher und unabhängig. Gleichzeitig ist da die Angst, alles zu verlieren, und das zu Recht. Denn gerade ihre Schätze ziehen Räuber an, statt sie abzuschrecken. Reichtum bietet keine Sicherheit, sondern Unsicherheit.

Paulus sagt zu Timotheus, dass er die Reichen warnen soll, nicht „auf [die] Ungewissheit [des] Reichtums Hoffnung zu setzen, sondern auf Gott“ (1Tim 6,17; Spr 23,4; 5). Wer auf der Erde Schätze sammelt, ist in großer Gefahr, von Dieben ausgeraubt zu werden, egal wie gut sie versteckt sind. Das ist bei den Schätzen im Himmel nicht der Fall. Sie können nicht geraubt werden (Mt 6,19-21).

Edom wird betrogen

Edom sucht nicht nur Schutz in seinen Felsen und Schätzen, sondern sucht auch Unterstützung bei seinen Bundesgenossen. Doch auch darin wird er betrogen werden. Ihre Bundesgenossen, zu denen sie ihre Boten schicken, um sie um Hilfe zu bitten, werden diese Boten zurück an die Grenze schicken, weil sie nicht in Edoms Verstrickungen verwickelt werden wollen. Sogar ihre Freunde und Nutznießer haben sie im Stich gelassen und betrogen. Nichts und niemand ist mehr da, auf den sie vertrauen können. Sie sind ganz auf sich allein gestellt.

Der Satz „es ist kein Verstand in ihm“ deutet darauf hin, dass Edom nichts von dem Übel weiß, das ihm aus Richtungen angetan wird, von denen er es nicht erwartet hat. Seine berühmten Weisen haben in ihrer vielgerühmten Weisheit die Arglist und Macht der sogenannten Freunde nicht erwartet. Er wird alle seine Berechnungen und Erwartungen scheitern sehen, blind für die Fallstricke, die aufgestellt werden durch solche, die von ihm abhängig waren.

Durch die Untreue von Bundesgenossen, Freunden und Nutznießern erhält Edom die gerechte Vergeltung für die Behandlung seines Bruders Jakob, die weiter unten besprochen wird. Aufgrund des Unglücks, in das Edom gestürzt wird, werden sie ihre gewohnte Einsicht verlieren und nicht mehr wissen, wie und was sie tun sollen. Sie werden völlig vom Weg zur Befreiung abgekommen sein.

Das ist das Schicksal all derer, die sich auf ihre eigene Weisheit verlassen. Sie bilden sich ein, allwissend zu sein, haben aber keine Kenntnis des menschlichen Herzens und der Handlungen Gottes.

Die Weisen werden vertilgt

Die Worte „spricht der HERR“ deuten auf den Beginn eines nächsten Abschnitts hin, der die Obad 1,8; 9 umfasst. In Obad 1,4 bilden diese Worte den Abschluss des Teils der Obad 1,2-4. In den Obad 1,8; 9 spricht Gott von der Zerstörung Edoms, die als Bedrohung über diesem Volk schwebt. Er selbst nimmt diese Zerstörung in die Hand. Der Zeitpunkt, an dem Er das Gericht halten wird, ist „an jenem Tag“. Wie so oft in der Sprache der Propheten bedeutet dies die Zeit, in der Gott öffentlich in diese Welt eintreten wird, um alle seine Prophezeiungen zu erfüllen. Für die Bösen bedeutet es Gericht; für sein unterdrücktes Volk bedeutet es Befreiung und Rettung.

Die Edomiter, und besonders der Stamm der Temaniter (Amos 1,12; Hab 3,3), sind für ihre Weisen bekannt (Jer 49,7; Hiob 2,11; Hiob 4,1). Aber diese Weisheit wird ihnen keine Rettung bringen. Im vorigen Vers heißt es bereits, dass ihre Weisheit sie gegenüber ihren Bundesgenossen und Freunden im Stich lässt. Hier werden die Weisen selbst von Edom durch den HERRN vernichtet.

Schritt für Schritt werden die Edomiter jeder Ressource beraubt, die sie zu haben glauben. Nachdem sie sich vergeblich auf ihre Felsen, Reichtümer und Bundesgenossen verlassen haben, verlieren sie nun auch noch ihre Weisen und damit ihre Einsicht und ihren Verstand.

Die Helden werden ausgerottet

Die Ausrottung Edoms steht kurz vor der Vollendung. Nachdem Edom die Weisheit genommen wird, wird es seiner Stärke beraubt. Wenn ihnen Weisheit und ihr Verstand genommen werden, fällt auch der Mut der tapferen Krieger weg. Vor Angst erstarrt, werden sie nicht in der Lage sein, ihr Volk zu verteidigen. Sie werden nicht in der Lage sein, Widerstand zu leisten, wenn das Volk ermordet und ausgetilgt wird.

Die mächtigsten Helden nützen nichts, wenn Gott nicht für uns ist. Wenn Er für uns ist, kann uns nichts schaden; wenn Er gegen uns ist, kann uns nichts helfen.

Gewalt gegen einen Bruder

Dieser Vers ist eine kurze Erläuterung der Anklagen, die in den folgenden Versen aufgeführt sind. Die Anklage wird zusammengefasst als „Gewalttätigkeit gegen deinen Bruder Jakob“ (vgl. Ps 50,20; Joel 4,19). Das Besondere an der Sünde, derer sich Edom schuldig gemacht hat und für die es alle oben genannten Gerichte erhalten wird, ist, dass es eine gegen seinen Bruder gerichtete Sünde ist. Gewaltsames Unrecht ist umso verwerflicher, wenn es an einem Bruder begangen wird.

Die brüderliche Beziehung wird noch deutlicher durch die Verwendung des Namens „Jakob“, Esaus Zwillingsbruder. Das Bewusstsein, dass die Israeliten ihre Brüder sind, hätte die Edomiter ermutigen müssen, ihren Brüdern in ihrer Not zu helfen. Stattdessen haben sie nicht nur Schadenfreude gezeigt, sondern versucht, das Leid zu vergrößern, indem sie die Feinde Israels unterstützten.

Einer von ihnen

Edom hielt sich fern, als Juda von seinen Feinden besiegt wurde. Sie standen dabei und sahen zu, ohne eine helfende Hand anzubieten. Es blieb nicht dabei. Nachdem Juda von den Feinden erobert wurde, schloss sich Edom den Feinden an. Er schloss sich den Feinden an, um Juda noch weiter zu zerstören.

Sie haben nicht nur zugesehen, wie Lose für Gefangene und erbeutete Güter geworfen wurden (Joel 4,3). Sie haben sich darüber gefreut und ihre Zustimmung ausgedrückt. Ihre Haltung war: Gut gemacht, das ist es, was Juda verdient hat. Für diese Haltung gegenüber Juda und besonders gegenüber Jerusalem wird der HERR Edom richten (Hes 35,11; Jes 34,8; Jes 63,4).

In Prozessen nach dem Zweiten Weltkrieg (1939-1945) wurden Personen des Hitler–Regimes verurteilt, wenn nachgewiesen werden konnte, dass sie von Kriegsverbrechen wussten, aber nichts dagegen unternahmen. Die Tatsache, dass sie diese Verbrechen nicht selbst begangen hatten, führte nicht zu einer Strafminderung. Auch nach niederländischem Recht macht man sich strafbar, wenn man zuschaut und tatenlos zusieht, wie vor den eigenen Augen Dinge geschehen, die nicht akzeptabel sind. Wer nicht nach seinen Möglichkeiten gegen das Böse vorgeht, macht sich eins mit dem Bösen.

Als Christen sind wir nicht dazu aufgerufen, alles Böse in der Welt zu bekämpfen. Aber wenn Gottes Volk belagert und verfolgt wird, dürfen wir nicht untätig danebenstehen. Das Mindeste, was wir tun können, ist zu beten und mit den Verfolgten mitzufühlen: „Gedenkt der Gefangenen, als Mitgefangene; derer, die Ungemach leiden, als solche, die auch selbst im Leib sind“ (Heb 13,3). Wo immer wir die Möglichkeit haben, werden wir tatsächlich helfen, entweder mit Geld und Gütern oder indem wir den Verfolgten eine Unterkunft bieten.

Das ist etwas anderes, als sich an den Verfolgten zu bereichern und sie zu vertreiben. Gott wird jeden Menschen mit seiner Zurückhaltung konfrontieren, wo eindeutig Partei hätte ergriffen werden müssen. Er wird zeigen, dass diese Zurückhaltung eine tatsächliche Vereinigung mit dem Bösen bedeutete. Es wird keine Entschuldigungen geben. Es wird kein Argument gegen seine Aussage geben.

Schadenfreude, Freude, aufgesperrtes Maul

Die Obad 1,12-14 bilden ein bemerkenswertes Ganzes. In ihnen finden wir eine Reihe von acht negativen Aussagen, die Edom über das Elend, das über Juda gekommen ist, gemacht hat. Jeder dieser negativen Ausdrücke entspricht einer Beschreibung des „Tages“ von Judas Missgeschick. Jedes Mal, wenn von „dem Tag“ die Rede ist, wird ein Zeitraum angegeben, in dem Juda die Züchtigung Gottes durch den Feind erfährt.

Edom hat sich nicht nur ferngehalten, als er hätte zu Hilfe kommen müssen. Außerdem hat er sich über das Unglück, das Juda heimgesucht hat, schadenfroh gefreut. Sie standen in großer Zahl da, rieben sich genüsslich die Hände und kicherten über das, was geschah. Sie sagten gewissermaßen: „So gefällt uns das!“ Der Anblick war eine Lust für ihre Augen. Der Untergang von Juda machte sie fröhlich.

Bevor wir die Haltung von Edom verurteilen – und sie ist zu verurteilen! – wollen wir uns selbst ehrlich prüfen und uns fragen: Habe ich nicht manchmal eine innere Genugtuung, wenn jemand anderes, mit dem ich eine Meinungsverschiedenheit habe, in Schwierigkeiten ist?

Bei Edom blieb es nicht bei der Schadenfreude. Sie drückten es auch hörbar aus, indem sie das Maul aufsperrten, anstatt Worte des Trostes zu sprechen. Der Geist von Edom ist in unserer Zeit fast täglich zu beobachten. Die Selbstmordattentate in Israel werden von den Palästinensern beklatscht. Ein Mann, dessen Sohn sich in die Luft gesprengt hat, sagte, er bedauere, dass sein Sohn nicht in der Lage gewesen sei, eine Atombombe zu benutzen. Tod und Zerstörung unter dem Volk Israel anzurichten, bewirkt bei allen Feinden dieses Volkes große Freude und Prahlerei.

(Ich sage das im Rahmen der Prophezeiung Obadjas und nicht als Rechtfertigung der Haltung Israels. Eine solche Rechtfertigung gibt es nicht, denn sie wollen immer noch eigenwillig ihre Rechte behalten, ohne Bekehrung zu Gott und Glauben an den Herrn Jesus, dem wahren Messias.)

Weil alle Feindschaft gegen Juda letztendlich Gott und seinen Gesalbten betrifft (Ps 2,1; 2), wird Er Edom richten (Hes 35,12-15).

Plünderung

Obwohl sie nicht bei der Eroberung Jerusalems halfen, erschienen sie am Tor von Gottes Volk, das Gott hier treffend „mein Volk“ nennt. Herausfordernd nahmen sie dort ihre Plätze ein, als ob sie das Sagen hätten. Sie blickten mit Hochmut und unverhohlener Schadenfreude auf das Missgeschick herab, das ihren „Bruder“ Juda getroffen hatte. Sie hatten zwar nicht bei der Eroberung Jerusalems mitgeholfen, aber sie halfen bei der Plünderung der Stadt und waren begierig darauf, an der Beute teilzuhaben. Edom griff nach den Besitztümern Israels. Sie nahmen, was Gott ihrem gottlosen Vorfahren ausdrücklich verweigert hatte, weil Er es Jakob gegeben hatte.

Durch diese Plünderung nahmen sie aktiv an dem Verbrechen teil. Neben einer Vermehrung ihres Besitzes trugen sie auch zu einer Vermehrung des Leidens von Juda bei. Dieses Leiden zu sehen, gab ihnen auch innere Befriedigung. Juda litt Schmerz wegen des Mangels an eigenen Besitztümern. Der Schmerz durch Edoms Belustigung kam noch dazu. Auf diese Weise stieß Edom jemanden, der schon im Elend war, noch tiefer hinein und fand sein Vergnügen daran.

Vertilgung und Auslieferung

Es blieb nicht bei Schadenfreude, Prahlerei und Plünderung. Edom wählte einen taktischen Punkt, um Juda weiteres Missgeschick zuzufügen. Sie waren von einem unstillbaren Hass beseelt. Neben ihren Besitztümern musste das Volk selbst unter ihnen leiden. Mord und Auslieferung an den Feind waren eine willkommene Ergänzung zu dem bereits zugefügten Leid (Hes 35,5).

Es ist tragisch zu sehen, wie diejenigen, die geflohen waren und sich auf der Flucht befanden, von einem Brudervolk erwartet wurden, um getötet und ausgeraubt zu werden. Edom beteiligte sich an dem Unglück, das über Juda hereinbrach, indem es als spöttischer Zuschauer auftrat und als einer, der sich mit dem Feind verbündet.

Der Tag des HERRN

Nach den Gerichten, die über Edom kommen sollen, spricht Obadja vom „Tag des HERRN“. Ohne das Thema Edom zu verlassen, wird der Tag des HERRN über alle anderen Nationen angekündigt, die, wie Edom, Israel feindlich angesehen und behandelt haben.

Der Tag des HERRN ist kein Tag von 24 Stunden, sondern umfasst die Zeitspanne, in der der HERR sich erheben und in die Angelegenheiten der Welt eingreifen wird, um dann endgültig sein Reich aufzurichten. Sein Aufstehen wird der Wendepunkt in der Geschichte der Welt sein, an dem nicht mehr der Mensch entscheidet, sondern Er. Jetzt scheint es noch so, als habe der Mensch auf der Erde alles zu sagen. Aber wenn der Tag des HERRN kommt, wird Er die Kontrolle über die Welt in einer Weise übernehmen, die für jeden sichtbar ist.

Der HERR erscheint, er wird offenbar. „Tag“ weist auf das Licht, auf das Offenbarwerden hin. Das bedeutet, dass es sich nicht mehr um Gerichte im Verborgenen oder um Handlungen in der Vorsehung handelt, wie es in der Zeit, in der wir leben, geschieht. Mit diesem „Tag“ sind die göttlichen Gerichte verbunden, die von Christus als Jahwe, dem Gott Israels, vollzogen werden, wenn Er in Herrlichkeit erscheint.

Der Tag des HERRN bedeutet das Gericht für Babel (Jes 13,9), für Ägypten (Jer 46,10), für Israel und Assyrien (Joel 1,15; Joel 2,1; 11; Joel 3,4; Joel 4,14; Amos 5,18; 20; Zeph 1,7) und für Edom (Obad 1,15). Edom wird an jenem Tag vergolten werden, wie es selbst getan hat. Die Rollen sind dann völlig vertauscht (2Thes 1,6; 7).

Gottes Vergeltung

Die Edomiter hatten auf Gottes heiligem Berg getrunken. Sie hatten es sich durch seine Segnungen gut gehen lassen an dem Ort, an dem Er verehrt werden will. Jetzt werden sie zusammen mit „allen Nationen“ aus dem Kelch von Gottes Zorn trinken müssen (Jer 25,15-19; Klgl 4,21; 22; Ps 60,3; Hiob 21,20; Off 14,10). Sie werden unaufhörlich Gottes Zorn empfangen und erfahren, bis sie schließlich aufhören, als Nationen zu existieren, niemand wird mehr an sie denken.

Was Gott über Edom sagt, gilt für alle Nationen, die Juda gegenüber feindlich eingestellt waren. Edom repräsentiert diese Nationen. Edom und die Nationen insgesamt werden aus dem Kelch des Zornes Gottes trinken, wenn sie in die gleichen bedrückenden Umstände kommen, wie Israel es war.

Der Berg Zion für Israel

Das Wort „aber“, mit dem dieser Vers beginnt, weist auf den Gegensatz zwischen den vorherigen Versen hin und dem, was nun folgt. Nach dem Gericht über Edom und die Nationen, die in derselben Gesinnung wie Edom handelten, folgt in der Prophezeiung nun die Ankündigung des Reiches Gottes. Die Aufrichtung des Reiches Gottes ist mit der Erhöhung Israels als Haupt der Nationen verbunden (5Mo 28,13). Der Ausrottung der Nationen steht die Rettung gegenüber, die dem Volk Gottes zuteilwird.

Das Zentrum dieser Rettung, dieser Erlösung, ist „der Berg Zion“. Das ist der Berg, auf dem Gott inmitten seines Volkes wohnen und von dem aus Er herrschen wird (Joel 4,17a). Dieser Vers enthält die gnädige Verheißung an Israel, dass es wiederhergestellt werden wird.

Jedem, der Gottes Gericht als gerecht anerkennt, d. h. seine Schuld bekennt und Buße tut, zeigt Gott einen Ort, an dem man dem Gericht entgehen kann. Dieser Ort ist Zion. Alle, die dort sind, sind das wahre Volk des HERRN. Für sie ist der Berg Zion ein Heiligtum, ein Berg, auf dem Gott wohnt, zusammen mit denen, die ihre Sünden bekannt haben. Gott sieht sie als gereinigt an, denn Er rechnet ihnen seine Gerechtigkeit aufgrund des Werkes seines Sohnes zu, der für die Sünden eines jeden, der sie bekennt, gestorben ist. Nur dadurch können sie in Gottes heiliger Gegenwart sein.

Gottes Heiligtum bedeutet auch Schutz vor jeder Bedrohung durch den Feind. Wer dort ist, ist unantastbar, denn wer kann sich schon gegen Gott stellen? Es gibt nicht nur Schutz, es gibt noch mehr. Nachdem der Feind gerichtet worden ist, wird das Volk, das zum Berg Gottes Zuflucht genommen hat, seinen Besitz wiedererhalten.

Wie das alles funktionieren wird, steht in den Obad 1,18-20. Juda und Israel werden die Besitztümer der Nationen in Besitz nehmen, Edom zerstören und ihre Grenzen in alle Richtungen erweitern. Die Israeliten, die unter den Nationen verstreut sind, werden in ihr erweitertes Erbteil zurückkehren. Obad 1,21 beschreibt das Endergebnis: das Gericht über Edom und die Herrschaft in den Händen des HERRN.

In einem geistlichen Sinn steht der Berg Zion dem Berg Sinai gegenüber (Heb 12,18-22). Sinai ist der Berg des Gesetzes, mit dem das Gericht verbunden ist. Zion ist der Berg der Gnade, mit dem der Segen verbunden ist, was aus allen Schriftstellen ersichtlich ist, wo von diesem Berg gesprochen wird, auch hier in Obadja.

Obadja spricht von einem buchstäblichen Berg, mit dem irdischer Segen verbunden ist. Israel, die zwölf Stämme, werden diesen Segen erhalten, wenn Christus als König über die Erde herrschen wird. Aber für uns, die Christen, ist es ein geistlicher Berg und der damit verbundene himmlische Segen. Wir sollten den Text „ihr seid gekommen zum Berg Zion“ (Heb 12,22) in diesem Sinn auslegen. Wir sind mit einem himmlischen Christus verbunden. Dadurch sind wir vom Gesetz und dem ganzen religiösen System, das damit verbunden ist, getrennt.

Der Hebräerbrief ist ein einziges großes Plädoyer für das Loslassen des irdischen Gottesdienstes, weil Er, der das Zentrum dieses Gottesdienstes war, nämlich Christus, verworfen worden ist. Er ist jetzt im Himmel. Geistlich gesprochen bedeutet der Berg Zion nicht Besitz auf Erden, sondern Besitz im Himmel für jeden, der mit Christus verbunden ist. Für den Christen ist das Kommen auf den Berg Zion mit der Inbesitznahme von geistlichen Segnungen verbunden.

Gott hat den Seinen „alles zum Leben und zur Gottseligkeit geschenkt“ (2Pet 1,3). Er hat uns „gesegnet … mit jeder geistlichen Segnung in den himmlischen [Örtern] in Christus“ (Eph 1,3). Wir besitzen in Christus „alle Schätze der Weisheit und der Erkenntnis“ (Kol 2,3). Christen besitzen unermesslich viel.

Leider nehmen viele diese Schätze nicht in Besitz, sie zeigen überhaupt kein Interesse daran. Sie können viele gute Kommentare auf ihrem Smartphone abrufen, aber sie lesen sie nicht. Sie haben Brüder und Schwestern im Glauben, aber sie genießen nicht die Gemeinschaft mit ihnen. Sie sind vertieft in die Dinge der Welt, in ihren Beruf, in ihr Hobby. Aber es gibt eine Gelegenheit, das, was wir empfangen haben, wirklich in Besitz zu nehmen, auf den Berg Zion zu kommen, das heißt, in Gottes Gegenwart zu kommen und an seiner Heiligkeit teilzuhaben.

Die Häuser von Jakob, Josef und Esau

„Das Haus Joseph“ steht für die zehn Stämme. „Das Haus Jakob“ scheint sich daher besonders auf Juda zu beziehen. Obadja verwendet den Namen Jakob anstelle von Juda, weil eigentlich nur Juda seit der Teilung des Reiches das Volk Gottes repräsentiert. In der Zukunft werden beide Reiche wieder zu einem Reich vereinigt sein (Jer 31,31; Hes 37,16).

Die Erwähnung der beiden „Häuser“ weist darauf hin, dass die Zerstörung des Hauses Esau durch ganz Israel stattfinden wird (vgl. Jes 11,13; 14). Sie sind ein Feuer, um zu zerstören, was nicht Gott gehört (vgl. Sach 12,6). Sie handeln nicht aus persönlicher Rache, sondern um den Auftrag Gottes auszuführen, „denn der HERR hat geredet“. Auch der Herr Jesus ist wie ein Feuer, um sein Volk zu reinigen (Mal 3,2; Jer 5,14; 2Thes 2,8).

Wiederherstellung findet ihren Weg

Nachdem sie ihre Feinde verzehrt haben, wird Gottes Volk sein Land in Besitz nehmen und sein Gebiet in alle Richtungen ausdehnen. Aus diesem Vers geht hervor, dass in der herrlichen Endzeit die Grenze erheblich nach Osten, in die Berge Esaus, sowie nach Westen, in das Land der Philister, verschoben werden wird. Die in den Obad 1,19; 20 genannten Orte umfassen den Osten und Westen, den Norden und Süden. In diesen Versen ist mehrmals von „in Besitz nehmen“ die Rede. Das hängt mit dem zusammen, was in Obad 1,17 angekündigt wurde, dass das Haus Jakob „ihre Besitzungen [wieder] in Besitz nehmen“ wird.

„Die vom Süden“ bedeutet die Bevölkerung des Südens, d. h. des Südens von Kanaan. Sie werden zuerst erwähnt, weil sie die Berge des soeben gerichteten Esaus in Besitz nehmen werden. „Die von der Niederung“ ist die Bevölkerung des Hügellandes, das zwischen den Bergen von Juda und der Ebene der Philister liegt.

Aber es gibt nicht nur eine Wiederherstellung für Juda. Die zehn Stämme werden auch das Gebiet wieder in Besitz nehmen, das ihnen von den Assyrern genommen wurde. Benjamin wird Gilead in Besitz nehmen, das auf der anderen Seite des Jordan liegt, außerhalb des Landes.

Die Weggeführten bekommen ihren Besitz wieder

Auch alle, die aus den zehn und den zwei Stämmen verbannt oder in ferne Länder verkauft wurden (Joel 4,6), werden ihren Besitz wiedererlangen. Gott vergisst sie nicht. Ob die rechtmäßigen Besitzer im Land sind oder außerhalb, Obadja spricht davon, dass am „Tag des HERRN“ (Obad 1,15) ganz Israel sein Land zurückbekommen wird.

Das Hauptthema der Obad 1,19; 20 ist, dass Israel gemäß der Verheißung, die Abraham gegeben wurde, sich in großer Zahl ausbreiten wird in alle vier Himmelsrichtungen (1Mo 15,18-21; vgl. 1Mo 28,14). Die Gebiete, die Obadja erwähnt, finden sich in dem Auftrag, den Israel per Gesetz erhalten hat, um diese Gebiete in Besitz zu nehmen (5Mo 1,7; 8).

Das Reich wird dem HERRN gehören

Hier sind wir wieder zurück in Zion, dem Zentrum des wiederhergestellten Israels. Der Name „Retter“ bezieht sich auf die Bedrängnis, aus der diese Retter Israel befreit haben (vgl. Ri 2,16; Ri 3,9; 15; Neh 9,27). Die Retter sind die Stammeshäupter von Juda (Sach 12,6-8). Die Art und Weise, wie die Befreiung zustande kommt, wird in Obad 1,18 beschrieben.

Diese Retter werden besonders die Berge Esaus beherrschen. Esau steht hier wieder stellvertretend für alle heidnischen Nationen, sodass hier die Herrschaft Israels über die ganze Welt dargestellt wird. Der HERR wird dann sein messianisches Königtum antreten und ein allgemeines Königtum ausüben (Ps 2,6-9). Den Weg dazu hat er durch „die Retter“ ebnen lassen (vgl. 1Chr 11,10).

Der letzte Teil dieses Verses von Obadja und das Ende seiner Prophezeiung ist der Höhepunkt (vgl. Jes 24,23). Der HERR ist in der Tat der „König von alters her“ (Ps 74,12). Er ist in Wahrheit „der lebendige Gott und ein ewiger König“ (Jer 10,10), „ein großer König über die ganze Erde“ (Ps 47,2; 7). Die öffentliche Anerkennung dessen liegt noch in der Zukunft. Aber der Tag wird kommen, an dem sich jedes Knie vor Ihm beugen wird. Unter den Völkern der Erde wird dann gesagt werden: „Der HERR regiert!“ (Ps 96,10).

Dieser Siegesruf ist vom Himmel übernommen, wo laute Stimmen zu hören sind, die sagen: „Das Reich der Welt unseres Herrn und seines Christus ist gekommen, und er wird herrschen von Ewigkeit zu Ewigkeit“ (Off 11,15). Das Gebet: „Dein Reich komme; dein Wille geschehe, wie im Himmel, so auch auf [der] Erde“ (Mt 6,10) ist dann erhört worden.

© 2023 Autor G. de Koning

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