Jeremia 2
Jeremiah 2 Kingcomments Bibelstudien

Einleitung

In diesem Kapitel sehen wir Jeremia in seinem öffentlichen Dienst. Im vorigen Kapitel hat er im Verborgenen mit Gott zu tun. Jetzt ist er bereit, dem Volk offen gegenüberzutreten. Seine erste – aufgezeichnete – Rede zu seinem Volk ist sicherlich eine sehr bemerkenswerte Rede für jemanden, der gesagt hat: „Ich weiß nicht zu reden, denn ich bin jung“ (Jer 1,6). Es ist schwierig, einen Abschnitt in der Schrift zu finden, der diese Rede an aufrichtiger Anteilnahme und gleichzeitig an Feinheit und Beredsamkeit übertrifft.

Seine erste Botschaft an das Volk ist, dass die Übertretung des Bundes mit dem HERRN gleichbedeutend mit Ehebruch ist. Wir sehen in diesem Vergleich, wie tief es den HERRN kränkt, wenn man Ihn verlässt und vergisst. Wir vernehmen gleichzeitig seine Barmherzigkeit und sein Mitgefühl für eine schuldige Nation, gemischt mit ernsten Warnungen vor dem schrecklichen Tag, der kommen wird, wenn sie nicht von ganzem Herzen zu Ihm zurückkehren. Alles zusammen macht es zu einer Rede, die selbst die Steine in Bewegung setzen würde. Aber leider lesen wir von keiner Reaktion des verhärteten und unwilligen Volkes.

Das Gedenken des HERRN

Das Wort des HERRN ergeht an Jeremia (Jer 2,1). Er erhält den Auftrag, nach Jerusalem zu gehen und den Einwohnern zu predigen (Jer 2,2). Was er sagen soll, soll deutlich und nicht mit gedämpfter Stimme gerufen werden, damit alle hören, was er sagt. Er soll mit den eindringlichen Worten „so spricht der HERR“ beginnen. Die Worte, die er predigt, kommen von Ihm; sie sind nicht seine eigenen Worte. Es ist nicht nur wichtig zu wissen, dass man gesandt wird, sondern auch zu wissen, was gesagt werden soll. Gott bestimmt sowohl den Auftrag als auch den Inhalt der Botschaft.

Der HERR beginnt nicht mit Vorwürfen. Er beginnt damit, dass Er sein Volk daran erinnert, dass sie Ihn am Anfang ihrer Existenz als Volk geliebt haben. Sie haben das bewiesen, indem sie Ihm in der Wüste nach ihrer Befreiung aus Ägypten gefolgt sind. Der HERR nennt diese Zeitspanne, in der sie Ihm nachfolgen, „die Liebe deines Brautstandes“. Es sind Tage, in denen alles noch so neu und frisch ist (vgl. Hos 11,1; Hes 16,8a). Sie folgen Ihm auf dem Weg in das verheißene Land. Es erinnert auch an Rebekka, die dem Knecht Abrahams durch die Wüste auf dem Weg zu Isaak, ihrem Bräutigam, folgt (1Mo 24,61).

Der HERR ignoriert hier die Untreue, die sie auch während ihrer Reise durch die Wüste zeigten. Es ist damit wie mit den Worten des Herrn Jesus an seine Jünger, wenn Er zu ihnen sagt: „Ihr aber seid es, die mit mir ausgeharrt haben in meinen Versuchungen“ (Lk 22,28). Er sagt das, obwohl sie ihr Versagen zeigten und Er sie mehrmals zurechtweisen musste.

Es ist ein „unbesätes Land“. Das bezeichnet die Dürre des Landes, das keine Frucht zum Leben beiträgt. In der geistlichen Anwendung sehen wir, dass für einen, der zur Umkehr gekommen ist, die Welt wie eine Wüste geworden ist, in der es keine geistliche Nahrung für den Glauben gibt. Für das Volk bedeutet es, dass sie völlig vom HERRN abhängig sind und alles von Ihm erhalten werden. Sie müssen weder säen noch warten, bis die Saat aufgeht. Er sorgt jeden Tag für ihre Nahrung, denn er lässt jeden Tag Manna vom Himmel ins Lager regnen (2Mo 16,15-21).

So denkt der HERR an sie und stellt es ihnen vor Augen. Er kann auf diese Weise auf sein Volk blicken, weil Er sie zu einem „heiligen“ Volk gemacht hat, das heißt, Er hat sie von den anderen Völkern abgesondert, um sein Eigentum zu sein (Jer 2,3). Dies wurde besonders durch den Dienst in der Stiftshütte inmitten ihres Lagers zum Ausdruck gebracht. Jeremia erinnert das Volk hier gleichsam daran, dass sie im Geist angefangen haben, während sie dabei sind, im Fleisch zu vollenden (Gal 3,3).

Dieses Volk ist „der Erstling seines Ertrags“, was bedeutet, dass sie sein besonderes Eigentum über den anderen Nationen sind, die für Ihn als Schöpfer natürlich auch alle sein Eigentum sind. Doch sie sind das erste Volk, das den wahren Gott anbetet (vgl. 2Mo 19,5; 6a). Sie sind „die Vornehmen der ersten der Nationen“ (Amos 6,1b). Im Friedensreich wird Er auch mit allen anderen Nationen – und zwar durch Israel – in Verbindung stehen, die Ihn alle ebenfalls anbeten werden.

Mit Israel hat Er eine besondere Beziehung. Wenn andere Nationen sich an seinem Volk bereichern wollen, setzt Er sich für sein Volk ein und bringt Unglück über diese Völker. Das sehen wir z. B., wenn Josua die Amalekiter besiegt, während Mose auf dem Berg Fürbitte tut (2Mo 17,8-16). Die Erstlinge sind der besondere Anteil für den HERRN; andere dürfen nicht davon essen. Diejenigen, die das tun, werden schuldig und es kommt Unglück über sie.

Wir, die Gläubigen der Gemeinde, werden „eine gewisse Erstlingsfrucht seiner Geschöpfe“ genannt (Jak 1,18). Das liegt daran, dass wir bereits an dem neuen Leben teilhaben, das alle, die an der neuen Schöpfung des Himmels und der Erde teilhaben, besitzen werden (Jes 65,17a), nämlich das Friedensreich.

Die Erinnerung an ihre Vergangenheit, wo sie in dieser frühen Liebesbeziehung mit dem HERRN stehen und Er sich auf beeindruckende Weise um sie gekümmert hat, ist der Ausgangspunkt. Das sollte Jerusalems Herz weich und empfänglich für die kommenden Ermahnungen und Drohungen machen (vgl. Jud 1,5). Der Herr muss uns auch immer wieder an unsere erste Liebe erinnern, weil unsere Liebe zu Ihm regelmäßig abflaut oder sogar verschwindet (2Kor 11,2; 3; Off 2,4; 5).

Israels Undankbarkeit

Jeremia spricht das Wort des HERRN zum „Haus Jakob und allen Familien des Hauses Israel“ (Jer 2,4). Damit wird das ganze Volk angesprochen. Außerdem sehen wir in dieser Anrede, dass auch die Familien angesprochen werden. Die Familien sind die Grundlage der gesamten Existenz des Volkes und bestimmen den geistlichen Zustand des Volkes als Ganzes.

Die Anklage beginnt mit Fragen, die das Gewissen aufwecken sollen. Die Erinnerung an die Geschichte, an das, was ihre Väter getan haben, sollte zu ihnen sprechen (Jer 2,5). Sie sind nicht besser als ihre Väter, sondern genau wie sie. Das müssen sie erkennen. Es ist ergreifend, lesen zu müssen, dass der HERR ihnen die Frage stellt, welches Unrecht ihre Väter an Ihm gefunden haben. Die erstaunte Antwort könnte sein, dass dies ganz und gar nicht der Fall ist.

Aber dann macht der HERR deutlich, dass ihre ganze Haltung zeigt, dass sie Ihn der Untreue beschuldigen. Sonst hätten sie Ihn doch nicht fern von sich gehalten. Das deutet darauf hin, dass sie Ihm misstrauen. Sonst wären sie, statt Ihm zu folgen, doch nicht den Götzen nachgelaufen, was sie übrigens diesen Nichtigkeiten gleich gemacht hat. Was sie anbeten, besteht für den HERRN nicht (vgl. 1Kor 8,4b). Wie töricht ist es, etwas zu erwarten von dem, was nichts ist.

In Jer 2,5 steht, was das Volk getan hat. In Jer 2,6 steht, was sie nicht getan haben. Sie haben nicht daran gedacht, was der HERR bei ihrer Befreiung aus der Sklaverei in Ägypten und ihrer Bewahrung während der Wüstenwanderung getan hat. Er führte sie aus Ägypten heraus „mit ausgestrecktem Arm und durch große, furchtbare Taten“ (5Mo 4,34) und führte sie mit sanfter Hand durch die Wüste. Dass sie dies alles vergessen haben, zeugt von der größtmöglichen Undankbarkeit. Es ist ein schuldhaftes Vergessen.

Über die Schrecken der Wüste wird eindrücklich berichtet. Die Wüste, durch die sie gegangen sind, ist ein Land der Steppen und Gruben, der Dürre und des Todesschattens, ein äußerst einsamer, unbewohnbarer Ort. Es gibt keinen begehbaren Weg und keinen Ort der Ruhe. Das Einzige, wozu die Wüste dienen kann, ist als Begräbnisplatz.

Diese Darstellung der Umstände geschieht, um dem Volk deutlich zu machen, dass sie es aus eigener Kraft niemals geschafft hätten. Nur durch die treue Fürsorge und Führung des HERRN haben sie das verheißene Land erreicht, in dem sie nun wohnen. Auch wir müssen uns der Unwirtlichkeit der Welt bewusst sein und dass dort die Sünde und der Tod regiert. Das wird uns helfen, uns ganz der Fürsorge und Führung des Herrn anzuvertrauen, um sicher hindurchzukommen.

Nach der Wüstenwanderung brachte Er sie, wie Er es verheißen hatte, in sein Land. Jeremia spricht von einem „Land der Baumgärten“, voll von Früchten und „Ertrag“ zum Essen (Jer 2,7; 5Mo 8,7; 9). Der Kontrast zu dem Gebiet, das er im vorherigen Vers beschreibt, ist enorm. Aber anstatt den HERRN für die außergewöhnliche Fruchtbarkeit nach so viel Unfruchtbarkeit dankbar zu sein, haben sie sein Land verunreinigt und sein Eigentum zu einem Gräuel, d. h. zu etwas Abscheulichem gemacht. Sie haben dies getan, indem sie den Götzendienst einführten.

Die vier Klassen, die in Jer 2,8 erwähnt werden – Priester, die, die das Gesetz handhaben, Hirten und Propheten – hätten wie Säulen im Volk sein sollen, die Gottes Gebote lehren und lehren, wie sie zu halten sind. Doch sie führten das Volk vom HERRN weg:
1. „Die Priester sprachen nicht: „Wo ist der HERR?““ Diejenigen, die dazu berufen sind, in seiner Gegenwart mit Opfern im Namen des Volkes zu sein, fragen überhaupt nicht nach Ihm. Der Vorwurf an die Priester ist, dass sie diese Frage nicht stellen. Sie zu stellen, hätte das Volk zu dem Ort geführt, den der HERR erwählt hatte, um seinen Namen dort wohnen zu lassen.
2. „Die das Gesetz handhabten [die Leviten], kannten mich nicht.“ Diejenigen, die dem Volk das Gesetz auslegen sollten (5Mo 33,10a; Mal 2,7), kennen den nicht, der im Mittelpunkt des Gesetzes steht.
3. „Die Hirten“, die im Auftrag des HERRN für die Herde sorgen sollen, eignen sich diese Herde an und „fielen von“ dem HERRN „ab“ (vgl. Hes 34,1-6).
4. „Die Propheten“, die im Namen des HERRN das Volk Gottes zur Rückkehr zu Ihm aufrufen sollten, „weissagten durch den Baal“.

Die abschließende Bemerkung in Jer 2,8 drückt das Ergebnis aus. Sie folgten nicht dem HERRN, sondern „sind denen nachgegangen, die nichts nützen“. Die Führer, die Verführer sind, führten das Volk auf den Weg des Götzendienstes. Götzen geben keinerlei Segen, keinen vorübergehenden und noch viel weniger geistlichen Segen. Was für eine schockierende und beschämende Situation unter den Leitern des Volkes Gottes und was für eine entsetzliche Abweichung vom HERRN haben sie unter dem Volk angerichtet!

Israels Götzendienst

Der HERR wird sie vor Gericht bringen und sie für ihr Verhalten des beispiellosen Abfalls zur Rechenschaft ziehen (Jer 2,9). Das gilt nicht nur für die Generation, an die Jeremia das Wort richtet, sondern sogar für ihre Nachkommen. Gottes Maßstäbe ändern sich nicht und bleiben für jede Generation die gleichen. In seiner Beurteilung des Bösen ist Er absolut gerecht.

Was ihren Götzendienst angeht, so können sie von den Heidenvölkern lernen (Jer 2,10). Sie sollen sich die Mühe machen, zu den Inseln der Kittäer, das ist Zypern, im Westen hinüberzugehen, um zu sehen; und sie sollen hingehen und nach Kedar, einen arabischen Wüstenstamm im Osten, senden, um sich zu informieren. Das Volk wird sozusagen verpflichtet, von Westen nach Osten zu schauen, also überall hin.

Sie sollen genau darauf achten, wie diese Nationen mit ihren Götzen umgehen. Dabei werden sie feststellen, dass diese Nationen ihre Götter nicht gegen andere Götter austauschen, sondern ihnen treu bleiben, obwohl sie natürlich nicht mehr sind als Götter aus Holz und Stein (Jer 2,11). Götzendiener sind oft dem Nutzlosen mehr zugetan als Gottes Volk der Wahrheit. Gottes Volk gibt die Wahrheit auf, Götzendiener halten an der Lüge fest. Das gilt auch für unsere Zeit.

Vor diesem Hintergrund müssen sie nun ihr eigenes Verhalten betrachten. Wie kommt es denn, dass sie nicht allein nur ihrer „Herrlichkeit“ untreu werden, sondern Ihn austauschen gegen etwas, was keine Götter sind (Ps 106,20). Sie ersetzen die Herrlichkeit des unvergänglichen Gottes durch Bilder aus der Schöpfung (Röm 1,23). Es ist schrecklich, wenn eine Frau Ehebruch begeht, aber sie tut es im Allgemeinen mit einem Mann, Israel aber begeht Ehebruch mit vielen, vielen Götzen. Dass das Volk Ehebruch begeht, ist schlimm genug, doch sie begehen darüber hinaus Ehebruch mit vielen und abscheulichen Götzen.

Sie tauschten den lebendigen Gott gegen schreckliche Götzen aus. Das Austauschen oder Ersetzen von Göttern ist etwas, das nicht einmal in der heidnischen Welt vorkommt. Wenn Gottes Volk sündigt, dann meist in einem schlimmeren Ausmaß, als wenn Menschen der Welt es tun (vgl. 1Kor 5,1). Das Volk Gottes tauscht seine Herrlichkeit, die der HERR selbst ist, gegen das aus, was nichts nützt, nämlich die Götzen.

Wie töricht kann das Volk Gottes sein! Jeremia ruft im Namen des HERRN den Himmel – hier können wir an die Engel denken – auf, sich darüber zu entsetzen, zu erschaudern und zu erstarren (Jer 2,12). Auf der Erde wird der HERR von seinem Volk nicht beachtet. Der Himmel sieht die Treulosigkeit und kann sie nicht ungerührt betrachten (5Mo 32,1; Jes 1,2).

Der HERR hält Juda ihre zweifache Sünde vor, „zweifach Böses“ (Jer 2,13). Sie haben
1. Ihn, die Quelle des lebendigen Wassers, verlassen, d. h., sie haben die Wahrheit verworfen und
2. sie haben sich Zisternen ausgehauen „geborstene Zisternen, die kein Wasser halten“, d. h., sie haben die Lüge angenommen.

Der HERR nennt sich selbst „die Quelle des lebendigen Wassers“, die Quelle des Lebens (vgl. Ps 36,10a). Wer die Quelle des lebendigen Wassers, den Herrn Jesus selbst, verlässt (Joh 4,10-14; Joh 7,37-39), beginnt, seine eigenen Quellen anzuzapfen. Wer eigene Quellen anzapft, um den wahren Sinn des Lebens zu erfahren, wird vor Durst umkommen. Nur der HERR kann den Durst seines Volkes stillen. „Gebrochene Zisternen“, Zisternen, die kein Wasser halten, Quellen, die den Durst nicht stillen, sind Ägypten und Assyrien (Jer 2,18). Als Anwendung für uns können wir z. B. an Wissenschaft, Philosophie und das Streben nach Besitz und Macht denken. Alles, was von diesen erwartet wird, versickert.

Sünde bringt unweigerlich ihre eigene Strafe mit sich. Durch zwei kraftvolle Fragen betont der HERR die Folgen ihres Ungehorsams (Jer 2,14). Israel war ursprünglich weder Knecht noch Beute (Jer 2,3), ist aber durch seine Untreue zu Knecht und Beute geworden. Der HERR nennt Israel „meinen Sohn, meinen erstgeborenen“ (2Mo 4,22). Sie sind nicht dazu bestimmt, in Sklaverei zu dienen, sondern in Freiheit zu herrschen. Israel aber hat sich vom HERRN abgewandt und seine Beziehung zu Ihm als Sohn verleugnet. Er wurde ein Götzendiener und ein Sklave seiner Begierden. „Jeder, der Sünde tut, ist der Sünde Knecht“ (Joh 8,34). Wegen der Sünde haben Feinde die Herrschaft über sie übernommen, und sie sind zu Knechten geworden (Neh 9,36).

Israel ist eine Beute von jungen Löwen geworden (Jer 2,15). Die Früchte des Landes sind wegen ihres Götzendienstes zur Beute der anderen Völker geworden. Mit den jungen Löwen sind Assyrien und Ägypten gemeint, die Werkzeuge des Gerichts Gottes, und das, während Israel bei ihnen Zuflucht genommen hat. Ägypten hat das Volk seiner Ehre beraubt (Jer 2,16). Das haben sie sich selbst zuzuschreiben, denn sie haben sich von dem HERRN entfernt, der sie auf den rechten Weg führen will (Jer 2,17).

Mit großem Mut weist Jeremia auf die Ursache des bevorstehenden Gerichts hin. Die Verantwortung dafür liegt ganz bei dem Volk. Sie werden mit den Früchten ihrer bösen Wege leben müssen. Das Böse ist nicht nur etwas, das sich gegen Gott richtet, sondern auch gegen den Menschen selbst.

In den Tagen von Jeremia gibt es zwei große politische Hauptströmungen. Es gibt eine ägyptisch gesinnte Partei und eine assyrisch gesinnte Partei. Aber welche Hilfe können die gottlosen Nationen Juda anbieten? Jeremia weist auf ihr wankelmütiges Verhalten hin. Das Volk sucht einmal Unterstützung von Assyrien und ein anderes Mal von Ägypten, je nachdem, wie es die Situation nach ihrer Einschätzung erfordert (Jer 2,18; vgl. Hos 7,11; Jes 30,1; 2; Jes 31,1; Hes 23,3; 5). Das sind die Zisternen, die sie selbst ausgehauen haben, die gebrochenen Zisternen, die kein Wasser halten (Jer 2,13). Diese Zisternen haben ihnen nichts gebracht, was auch nur im Entferntesten an Erfrischung erinnert. Haben sie denn nichts gelernt von dem Sinnlosen und Betrügerischen dieses Handelns?

Den HERRN zu verlassen ist ein Übel, das sich selbst bestraft (Jer 2,19), weil die Sünde schließlich elendig macht und nicht die Freude gibt, die sie anfangs zu geben schien. Wir sehen das bei dem verlorenen Sohn (Lk 15,11-19). Bekehrung kommt, wenn man zu begreifen beginnt, „dass es schlimm und bitter ist“, Gott, den HERRN, zu verlassen, und dass man so gehandelt hat, weil man den HERRN nicht gefürchtet hat, den HERRN der Heerscharen. Sünde ist schlimm in sich selbst und bitter in ihren Auswirkungen. Welche Torheit und große Sünde ist es doch, Ihn zu verlassen und sich gegen Ihn zu wenden.

Israels Unmoral

Der HERR erinnert sein Volk daran, dass Er das Joch der Sklaverei zerbrochen hat, unter dem sie in Ägypten gestöhnt haben (Jer 2,20). Er hat auch ihre Fesseln zerrissen, mit denen sie gefangen gehalten wurden. Auf diese Weise hat Er sie frei gemacht. Allerdings nicht, um sie nun ihren eigenen Weg gehen zu lassen, sondern damit sie Ihm als sein Volk dienen. Das Volk aber will dem HERRN nicht dienen und das sagen sie auch. Sie ziehen es vor, den Götzen anzuhangen und sich als Hure preiszugeben.

Sie sind nicht nur zum Ehebruch gekommen, sondern der Hurerei verfallen; sie verhalten sich wie eine Hure. Sie haben das Joch der Ehe mit dem HERRN zerbrochen, weil es ihnen zu schwer ist; sie sehen es als Sklaverei an. So sehen auch viele Menschen heute die Ehe. Sie wollen frei sein und sich verbinden, mit wem sie wollen. Zu dieser Freiheit passt nicht, dass sie sich den Satzungen Gottes unterwerfen. Sie weigern sich, das zu tun, genauso wie Israel sich hier weigert.

Der HERR hat sie als Edelrebe gepflanzt (Jer 2,21). Er war zuversichtlich, dass sie „lauter echtes Gewächs“ sind, d. h. ein Same, der reichlich Frucht bringen würde, mit der sie sein Herz erfreuen würden. Diese Erwartung ist gerechtfertigt, denn Er hat sie sehr gut versorgt (vgl. Jes 5,1-7).

Aber es ist ganz anders gekommen. Sie haben sich ins Gegenteil verwandelt. Sie sind zu „entarteten Ranken eines fremden Weinstocks“ geworden (vgl. 5Mo 32,32). Das heißt, sie sind jetzt darauf aus, anderen Freude zu bereiten, statt dem HERRN. Er drückt es als staunende Frage aus, wie das überhaupt möglich ist. Wie ist das bei uns? Wollen wir dem Herzen Gottes eine Freude machen oder sind wir auch darauf aus, uns selbst oder anderen zu gefallen?

Sie haben sich so tief verdorben, dass es unmöglich ist, ihre Ungerechtigkeit selbst ungeschehen zu machen (Jer 2,22). Egal, was sie zu tun versuchen, um Gott zu gefallen, es ist vergeblich. Alle möglichen Reinigungsmittel, die sie einsetzen würden, um ihre Ungerechtigkeiten abzuwaschen, bewirken vor Ihm keine Reinigung. Sie dienen nur dazu, das Äußere zu reinigen, während das Innere, in dem die Sünde wohnt, schmutzig bleibt.

Er sucht die Wahrheit im Innersten und nicht einen schönen Schein nach außen. Sich nur um das Äußere zu kümmern, entfernt nicht den „Schmutz“ ihrer „Ungerechtigkeit“ vor seinem Angesicht. Nur durch Buße und Bekehrung kann Gott ihre Sünden abwaschen und ihnen vergeben, sodass Er sie nicht mehr sieht (1Joh 1,9). Wenn sie nicht umkehren, wird Er den „Schmutz“ ihrer „Ungerechtigkeit“ vor seinem Angesicht durch Gericht wegreinigen müssen.

Wir können „Natron“ und „Laugensalz“ vergleichen mit allen Arten von Umerziehungsprogrammen und dem Lehren sozialer Fähigkeiten, um Menschen zu verändern. Aber nichts, was der Mensch sich ausdenkt, um ihn zu einem „sozial verantwortlichen“ Verhalten zu bringen, kann den Menschen innerlich verändern. Nur das Blut Christi und das Wort Gottes reinigen von Sünden.

Das Volk besteht darauf, dass sie sich nicht verunreinigt haben (Jer 2,23; vgl. Spr 30,20). Die brutale, glasharte Verleugnung ist verblüffend! Welche Liebe und Geduld sehen wir beim HERRN, dass Er mit solchen Menschen noch etwas zu tun haben will. Er weist sie auf ihre Wege hin, „sieh deinen Weg im Tal“, der unbestreitbar zeigt, dass sie sich ganz sicher verunreinigt haben. Zum Beispiel opferten sie ihre Kinder dem Moloch im Tal Hinnom (Jer 7,31). Ihre eigenen Wege verurteilen sie. Dann ertönt der Ruf des HERRN: „Erkenne, was du getan hast!“ Mit Erkenntnis beginnt der Weg zum Segen.

Der HERR vergleicht sie wenig schmeichelhaft aber treffend, mit einer ruhelos „kreuz und quer umherlaufenden flinke Kamelin“. Sie sind wie eine ungezähmte „Wildeselin“ (Jer 2,24), die in wilder Freiheit lebt (vgl. 1Mo 16,12). Indem sie ihrem Drang zur Paarung folgt, kann sie nicht aufgehalten werden, wenn sie in der Nähe eines Esels ist. „In ihrem Monat“ bezieht sich auf die fruchtbare Zeit der Eselin. Wir können hier an das Wort „wenn die Begierde empfangen hat, gebiert sie [die] Sünde“ denken, die zum Tod führt (Jak 1,15).

So sind sie unaufhaltsam in ihrem Verlangen nach Hurerei. Wer eine Hure sucht, braucht sich dafür nicht anzustrengen, denn er wird im Volk Gottes leicht finden, was er sucht (vgl. Spr 7,6-23). Es geht hier um den Drang des Volkes, sein Heil und seinen Schutz zu suchen bei den Nationen um sie herum und bei den Göttern dieser Nationen. Diese Nationen sind darauf erpicht, dieses Volk zu verführen. Das kann nur zum Tod des Volkes Gottes führen.

Das Volk ist schnell dabei, Hurerei zu begehen, so wie ein Mann schneller gehen kann, wenn er seine Schuhe auszieht (Jer 2,25). Sie haben die Schuhe von ihren Füßen genommen in ihrem Durst nach Hurerei. Jeder Versuch, das Verhalten des Volkes zu bremsen und zu verhindern, ja, jede Warnung ist vergeblich. Das Volk will diesen Weg gehen. Es gibt eine tiefe Sehnsucht nach den Fremden. Es ist völlig der Hurerei verfallen.

Die Götzen Israels sollen sie erlösen

Es wird die Zeit kommen, in der das Volk wegen des Verhaltens seiner politischen und geistlichen Führer beschämt dastehen wird (Jer 2,26). Es wird mit einem Dieb verglichen, der erwischt wird. Jemand, der irgendwo einbricht und dann erwischt wird, ist zutiefst beschämt. Genauso wird das Haus Israel beschämt sein, wenn sie mit ihrem abstoßenden Verhalten konfrontiert werden. Es ist keine Scham für ihr schamloses Verhalten, sondern weil sie entdeckt worden sind.

Sie vertrauen auf Holz und Stein als ihre Erzeuger und Versorger (Jer 2,27). Lebloser Materie lebensspendende und lebenserhaltende Eigenschaften zuzuschreiben, geht noch einen Schritt weiter als der Götzendienst selbst. Letzteres stellt etwas Geschaffenes über den Schöpfer. Diesen toten Götzen aber den Ursprung der Menschen zuzuschreiben, ist eine beispiellose Verachtung des HERRN. Damit kehren sie Ihm den Rücken zu als Symbol für die stolze Hartnäckigkeit, mit der sie Ihn beiseiteschieben und den Götzen dienen.

Wenn aber Zeiten der Not kommen, schreien sie zum HERRN, wenn Er sich nur erheben und sie erlösen würde. Aber dann wird Er sie auf ihre eigenen Götter verweisen (Jer 2,28; vgl. Ri 10,14). Die sollen sie erlösen. Sie haben so ein gutes Verhältnis zu ihnen und sie kümmern sich doch so gut um sie, nicht wahr? Und es sind auch nicht wenige. Sie sind im ganzen Land zu finden. Das Land ist voll von ihnen. Diese unzähligen Götter müssen doch in der Lage sein, ihnen zu helfen.

Israels Torheit

Das Volk dreht die Dinge um, damit Gott die Verantwortung zugeschrieben werden kann (Jer 2,29). Als ob Er etwas nicht gut gemacht hätte! Schließlich sind es aber sie selbst, die sich Ihm gegenüber aufgelehnt haben. Deshalb hat Er sie gezüchtigt (Jer 2,30). Aber es ist vergeblich. Sie haben sogar die Propheten, die Er gesandt hatte, mit dem Schwert getötet (1Kön 19,10; vgl. Mt 23,37a; Apg 7,52). Sie haben gegen sie gewütet wie ein Löwe. So haben sie Verderben über sich selbst gebracht. Die Propheten, die ein so großer Segen Gottes für das Volk sind, wurden von ihnen behandelt, als wären sie eine große Plage.

Der HERR bittet sein Volk, noch einmal gut auf Ihn zu hören (Jer 2,31), denn Er hat ihnen etwas zu sagen, das unwiderlegbar ist. Er spricht zu der Generation, die zu dieser Zeit lebt. Er fragt, ob Er manchmal eine Wüste für sie gewesen ist oder vielleicht ein Land der tiefen Finsternis. Gibt es bei Ihm keine Erfrischung und Versorgung für ihre Bedürfnisse? Gibt es denn bei Ihm keine Erquickung und Versorgung in ihren Nöten? Das können sie nicht leugnen. Aber die Haltung des Volkes zeigt überhaupt nicht, dass sie es auch anerkennen.

Unmissverständlich erklären sie frech, dass sie nicht mehr zu Ihm umkehren werden. Sie wollen ungebunden und frei sein. Sich Ihm zu unterwerfen, ist für sie ein verwerflicher Gedanke. Sie weigern sich, sich Ihm zu unterwerfen. Das ist es, womit der HERR ihnen, die Er hier „mein Volk“ nennt, konfrontiert. Er darf so viel anderes von ihnen erwarten, gerade weil sie sein Volk sind.

Anstatt eine Wüste ohne Leben und ein Land ohne Licht zu sein, ist Er ihre Zierde gewesen, und sie sind für Ihn eine Jungfrau und eine Braut gewesen (Jer 2,32). Aber sie haben in völligem Gegensatz dazu gehandelt und Ihn vergessen, und das schon so lange. Er sieht diese Zeit nicht als einen bestimmten Zeitraum an, sondern zählt in Tagen. Jeder Tag, den sie Ihn vergessen, zählt für Ihn. Er kann die Tage nicht mehr zählen, so schwer ist es für Ihn, dass sein Volk Ihn einfach Tag für Tag ignoriert. Das geht sogar noch weiter als die Weigerung, zu Ihm zu kommen, im vorherigen Vers. Wir hören den großen Kummer Gottes, der von dem Volk abgewiesen wird, das Er so sehr liebt und für das Er so viel getan hat.

Dass sie Gott vergessen haben, liegt nicht daran, dass sie den Weg nicht kennen, um zu Ihm zu gelangen. Es ist, weil sie diesen Weg nicht gehen wollen, und das wiederum ist, weil sie einen Weg der Unzucht gehen. Diesen Weg wollen sie gehen und wie gut kennen sie diesen Weg (Jer 2,33)! Sie kennen diesen bösen Weg so gut, dass sie ihn mit größter Leichtigkeit auch anderen Menschen lehren, die in der Sünde leben.

Auf dem Tiefpunkt ihrer Abweichung sind sie auch zu Mördern geworden. Auf ihrem Weg der Unzucht gehen sie buchstäblich über Leichen. An ihren Händen klebt das Blut armer unschuldiger Seelen (Jer 2,34), die sie aus dem Weg geräumt haben, weil sie sich ihnen in den Weg gestellt haben. Es gibt keinen Grund dafür, wie z. B. das Töten eines Einbrechers (2Mo 22,2). Was sie tun, ist nichts weniger als Abfall und Götzendienst (Fußnote bei „wegen aller jener [Dinge]“: D. h. wegen deines Abfalls und deines Götzendienstes).

Wer Hurerei begeht, zeigt einen totalen Mangel an Respekt für das Leben. Hurerei und Mord gehören zusammen. David ist zuerst ein Hurer und wird dann auch zum Mörder (2Sam 11,2-5; 14-17). Das gilt auch heute. Im Gefolge einer völlig entgleisten Sexualmoral folgen Abtreibung und Euthanasie.

Das Volk, an das Jeremia das Wort richtet, spielt den absolut Unschuldigen. Es tut so, als ob sie nichts Falsches getan hätte (Jer 2,35). Es glaubt, dass der HERR keinen Grund hat, über es zornig zu werden. Auch heute in der Christenheit wird die Sünde schön geredet (Röm 1,32). Es gibt kein Bewusstsein mehr dafür, was vor Gott richtig ist. Gottes Wort wird so sehr verdreht, dass die abscheulichsten Sünden mit einer Berufung auf das Wort Gottes begangen werden können. Aber der HERR kann und wird das nicht akzeptieren. Er wird mit ihnen eine Rechtssache führen und sie von ihrer Schuld überzeugen, erst recht weil sie sagen, sie seien unschuldig. Diese Selbstrechtfertigung ist in den Augen Gottes abscheulich.

Immer wieder ziehen sie aus, um woanders Rettung zu suchen (Jer 2,36). Zuerst ist es Assyrien (2Kön 15,19), jetzt ist es wieder Ägypten. Aber sie werden mit Ägypten genauso beschämt herauskommen wie zuvor mit Assyrien (2Chr 28,20). Dieses Hin und Her, diese ständige Veränderung ihres Weges, dieses ständige Wählen einer neuen Taktik, um sich gegen das Böse abzusichern oder um sich Vorteile unabhängig vom HERRN zu sichern, ist nutzlos. Sie werden als Gefangene weggeführt werden und keinen Wohlstand haben, denn der HERR zerbricht alles, worauf sie sich stützen (Jer 2,37). Mit den Händen auf dem Haupt, das heißt in großer Schande, werden sie weggehen (vgl. 2Sam 13,19).

© 2023 Autor G. de Koning

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