Hiob 1
Job 1 Kingcomments Bibelstudien

Einleitung

Die Autoren des Kommentars zum Buch Hiob sind zutiefst beeindruckt von diesem Buch. Das darin beschriebene intensive Leiden Hiobs und sein Ringen mit Gott darüber haben uns tief berührt. Wir haben uns bei den Unterhaltungen, die Hiob und seine Freunde darüber führten, als Anwesende gefühlt.

Wir sind Zeuge von Gesprächen im Himmel zwischen Gott und Satan über Hiob geworden, von denen Hiob nichts wusste. Wir haben aufmerksam den gutgemeinten Aussagen von Hiobs Freunden über Gott und Hiobs Reaktion darauf zugehört. In seiner Reaktion spricht Hiob nicht nur über, sondern auch zu Gott. Einige Aussagen von Hiob haben wir mit angehaltenem Atem zugehört. Wie kann er es wagen, das zu sagen? Es dämmerte uns, dass dies Aussagen eines Mannes sind, der von einem beispiellosen und aussichtslosen Leiden bis zum Äußersten gequält wurde, und dass er keine Erklärung für dieses Leiden finden kann. Der Einzige, der ihm das sagen kann, ist der, der es über ihn gebracht hat. Deshalb stürmt er auf Gott los.

Beeindruckend ist das Schweigen Gottes während all der Fragen, die Hiob zum Himmel schleudert. Gott lässt sich nicht provozieren und gleichzeitig gibt Er Hiob den Raum, alle seine Fragen zu stellen und seinen tiefen Zweifeln an Gottes Gerechtigkeit Luft zu machen. All diese Fragen und Zweifel zeigen, dass er Gott nicht loslässt, sondern sich an Ihn festklammert.

Als die Gespräche zwischen Hiob und seinen Freunden ins Stocken geraten sind, meldet sich ein vierter Freund. Auch er richtet das Wort an Hiob, aber er tut dies in einem anderen Ton als die drei anderen. Elihu, der vierte Freund, tritt als Vermittler zwischen Hiob und Gott auf. Elihus Beitrag ist die Vorbereitung für das Reden Gottes zu Hiob. Hiob reagiert nicht auf das, was Elihu sagt.

Das Erscheinen Gottes an Hiob hat auch einen tiefen Eindruck auf uns gemacht. Gott präsentiert vor dem Auge Hiobs einige seiner Schöpfungswerke. Er zeigt auch, wie Er alles lenkt und dass Er Hiob darüber keine Rechenschaft schuldet. Schließlich ist er Gott! Gott legt keine Rechenschaft über seine Regierung ab. Hiob erhält keine Antwort auf die Frage nach dem Sinn des Leidens. Wir auch nicht. Wenn Dinge in unserem Leben passieren, die wir nicht begreifen, möchte Er uns lehren, darauf zu vertrauen, dass Er die vollständige Kontrolle über alles hat und die Kontrolle über unser Leben nicht verloren hat.

Hiob ist sich der Größe Gottes und seiner eigenen Kleinheit zutiefst bewusst geworden. Dieses Bewusstsein hat sich auch bei uns eingestellt. Wir hoffen, dass dies kein vorübergehendes Bewusstsein sein wird. Es ist unser Gebet, dass auch der Leser den gleichen Eindruck erhält.

Ger de Koning / Tony Jonathan
Middelburg / Arnheim, März 2016 / Übersetzung Februar 2022

Das Buch Hiob ist Teil der „heiligen Schriften“ (2Tim 3,15). Daher ist es ein göttliches Buch. Sie „ist von Gott eingegeben und nützlich zur Lehre, zur Überführung, zur Zurechtweisung, zur Unterweisung in der Gerechtigkeit, damit der Mensch Gottes vollkommen sei, zu jedem guten Werk völlig geschickt“ (2Tim 3,16; 17).

Das Buch Hiob gehört zum Alten Testament. Das ist etwas Besonderes, denn während das Alte Testament einen deutlich jüdischen Charakter hat, hat dieses Buch ausnahmsweise nicht diesen Charakter. Wir können dies mit dem Jakobusbrief im Neuen Testament vergleichen, einem Brief, der ausnahmsweise im Neuen Testament einen deutlich jüdischen Charakter hat.

Dass dieses Buch keinen jüdischen Charakter trägt, ist verständlich, wenn man bedenkt, dass es sich um das wahrscheinlich älteste geschriebene Buch des Alten Testaments handelt. Es gibt klare Hinweise darauf, dass es in der Zeit der Patriarchen geschrieben wurde, Jahre bevor Israel als Volk entstanden ist. Darüber hinaus geht das Thema dieses Buches über das Volk Israel hinaus, denn es behandelt ein Problem, das die ganze Menschheit betrifft, nämlich das Problem des Leidens.

Das Alte Testament lässt sich in drei Teile gliedern, nämlich in das Gesetz, die Propheten und die Schriften (vgl. Lk 24,44). Dies ist bis heute die gängige jüdische Einteilung des Tenach, das ist das Alten Testament. Das Gesetz belehrt uns über Gottes Gedanken. In den Propheten hören wir, wie Gott zu seinem Volk spricht. Die Schriften beschreiben die Erfahrung des gläubigen Menschen in dieser Welt.

Das Buch Hiob gehört zu den Schriften. Während die Psalmen als das charakteristischste Buch der Schriften von den Erfahrungen Christi und der Seinen in dieser Welt sprechen, spricht das Buch Hiob als nicht-jüdisches Buch von den Erfahrungen eines gläubigen Menschen in Bezug auf das Leiden in dieser Welt. Dies kommt bereits im Namen Hiob zum Ausdruck – sowohl der Titel als auch der Namen der Hauptperson des Buches. Dieser Name bedeutet „wo ist (mein) Vater“. Diese Bedeutung passt gut zum Thema des Buches. Hiob fragt sich, wo Gott im Leiden ist.

In diesem Buch geht es um die intensiven und tiefen Erfahrungen des einzelnen Menschen. Darin entdecken wir die absolute Nichtigkeit des Menschen im Feuer des Leidens, inmitten des Raubes seines Besitzes, des Verlustes seiner Liebsten und der feurigen Pfeile der Reaktionen seiner Freunde, die mitten durch seine Seele dringen. Schlussendlich und zutiefst werden wir Zeuge von Hiobs Kampf mit seiner eigenen Gerechtigkeit und seinem Unverständnis für Gottes Weg mit ihm.

Als Hiob diesen Tiefpunkt seines Kampfes erreicht hat, kommt ein „Ausleger“ und führt ihn auf einen höheren Boden, wo er die Stimme Gottes hören kann. In der Begegnung mit Gott selbst lernt er sich selbst, aber vor allem Gott kennen. Das gibt ihm schließlich durch das Leiden hindurch Frieden in seine Seele. Dann kommt erneut der überfließende Segen Gottes und er kann auch als Fürbitter ein Segen für seine Freunde sein.

Das sind Lektionen aus dem Buch Hiob, die auch wir als Gläubige, die im modernen 21. Jahrhundert leben, noch lernen müssen, um, wie oben zitiert, „zu jedem guten Werk völlig geschickt“ zu sein (2Tim 3,17).

Auf der Grundlage der Schrift gibt es keinen Zweifel an der historischen Richtigkeit des Buches Hiob. Sein Name wird zweimal im Alten Testament (Hes 14,14; 20) und einmal im Neuen Testament (Jak 5,11) erwähnt. In Hesekiel 14 wird er vom HERRN zusammen mit Noah und Daniel als jemand vorgestellt, der persönlich ein Gerechter ist. Der Grund ist der Zustand Israels, der so schlecht geworden ist, dass selbst wenn diese drei Männer zu dieser Zeit in Israel gelebt hätten, sie nur ihr eigenes Leben gerettet hätten und nicht Israel als Nation.

Der Jakobusbrief stellt Hiob als ein Beispiel für das Ausharren dar. Dort sehen wir, wie das Ende seiner Geschichte „das Ende [des] Herrn“ ist, was bedeutet, dass der Herr sein Ziel mit ihm erreicht hat. Wir sehen dort auch, dass wir aus seiner Geschichte lernen können, „dass der Herr voll innigen Mitgefühls und barmherzig ist“ (Jak 5,11). Durch all das Leid hindurch hat Hiob den HERRN auf besondere Weise persönlich kennengelernt (Hiob 42,5).

Möglicherweise ist Moses der Autor dieses Buches – so der Talmud; die Schriftrollen vom Toten Meer weisen in die gleiche Richtung – und es wurde vor dem 1. Buch Mose geschrieben. Wenn dem so ist, dann ist Hiob das älteste Buch der Bibel mit dem Thema „Leiden“. Alte Ausleger vermuten, dass Mose dieses Buch in Midian schrieb, wo er einige Zeit als Schafhirte tätig war (2Mo 2,15-25; 2Mo 3,1). Er wird es dann in der Absicht geschrieben haben, sein leidendes Volk in Ägypten in seinen Nöten zu trösten und beizustehen und ihre Augen auf den letztendlichen Segen zu richten, den Gott für sein Volk bereithält, so wie Er letztlich auch Hiob segnet.

Hiob lebt in Uz, einem Gebiet der Edomiter (Klgl 4,21). Die Septuaginta, die griechische Übersetzung des Alten Testaments, identifiziert Hiob mit Jobab, einem König von Edom (1Mo 36,33).

Hiob muss vor Mose gelebt haben. In Psalm 90 spricht Mose über das Alter der Menschen. Dort sagt er, dass dies, wie es auch heute die Regel ist, siebzig bis achtzig Jahre beträgt (Ps 90,10a). Hiob hingegen erreicht ein erzväterliches Alter von über zweihundert Jahren. Wir können dies daran erkennen, dass er vor seinem Leiden zehn erwachsene Kinder hat, während er nach seinem Leiden noch 140 Jahre lebt (Hiob 42,16).

Ein weiteres Indiz ist, dass es sich bei den in diesem Buch erwähnten Opfern um Brandopfer handelt, auch im Fall einer Sünde (Hiob 1,5; Hiob 42,8). Die Unterscheidung bei den Opfern wurde erst durch die Gesetze vom Sinai (3. Mose 1–6) gegeben. Brandopfer finden wir auch immer wieder im ersten Buch Mose. Auch der Name „HERR“ wird relativ wenig erwähnt, während der Name „Gott“ häufig vorkommt.

Hiob gehört zu den heidnischen Völkern, er gehört nicht zu Israel. Doch Gott spricht mit ihm in einer Weise, wie Er es nicht einmal mit einem Abraham tat. Dieses Buch drückt den großen Wert aus, den ein einzelner Mensch für Gott hat, wobei es kein Ansehen der Person bei Gott gibt. Das Buch Hiob beweist, dass dieses Interesse an einem einzelnen Menschen nicht ein nachträglicher Gedanke Gottes ist, als Israel seinen Weg verdorben hatte, sondern dass Gottes Interesse von Anfang an jedem einzelnen Menschen gilt, ohne Unterschied. Es ist daher für den Juden mit dem Buch Hiob in seiner Bibel unmöglich zu sagen, dass jemand aus den Nationen vor Gott nichts zählt.

Das Buch Hiob ist eines der beiden tragischsten Bücher der Bibel. Das andere Buch ist das Buch der Klagelieder. Auch dieses Buch hat das Leiden als Hauptthema. Der Unterschied besteht darin, dass es in den Klageliedern um das Leiden eines ganzen Volkes geht, während es im Buch Hiob um das Leiden einer einzelnen Person geht.

Das Buch Hiob gibt Einsicht in das Rätsel des Leidens, das Gott in seiner Regierung über jemanden bringt, ohne dieses Rätsel selbst zu lösen. Was wir jedoch sehen, worüber wir Einsicht gewinnen, ist „das Ende [des] Herrn“ (Jak 5,11), oder die Absicht, die der Herr damit hat. Es geht um Fragen wie:
1. Warum leiden gottesfürchtige Gläubige?
2. Wenn Gott Liebe ist – und das ist Er! – warum lässt Er es zu, dass die Seinen von Widrigkeiten betroffen sind?
3. Wie ist das Leiden der Gerechten mit der Gerechtigkeit Gottes vereinbar?

Wie wir oben gesehen haben, zeigt uns das Buch das Ringen des nichtigen Menschen mit dem großen Problem des Leidens. Es erlaubt uns auch einen Blick hinter die Kulissen, in den Thronsaal der Herrschaft des großen, souveränen Gottes der Ewigkeit. Er ist am Leiden seiner Geschöpfe im Allgemeinen und jedes einzelnen Menschen im Besonderen involviert. Das Buch wendet sich an alle, die im Leiden sind. Petrus antwortet in seinem ersten Brief auf die Frage nach dem Zweck des Leidens, der darin besteht, „damit die Bewährung eures Glaubens, viel kostbarer als [die des] Goldes, das vergeht, aber durch Feuer erprobt wird, befunden werde zu Lob und Herrlichkeit und Ehre in [der] Offenbarung Jesu Christi“ (1Pet 1,7).

Es ist nicht nötig, eine lange Geschichte über das Wohlergehen von Hiob zu erzählen. Nur wenige Verse sind seinem Wohlstand gewidmet, der als Hintergrund für alles dient, was ihm widerfährt. Im Gegensatz zu den wenigen Worten über seinen Wohlstand hat der Heilige Geist es für gut befunden, uns im Detail über alles zu berichten, was während seiner Prüfungen geschieht. Er hielt dies zum Nutzen aller Kinder Gottes bis zum Ende der Zeit für sinnvoll.

Hiob ist das überragende Beispiel für den Glauben eines Mannes inmitten von überwältigendem Leiden. Wir sehen einen Menschen, der die Lektion des eigenen Nichts-Seins lernt, im heftigen Feuer schwerster Prüfung durch Raub, Verlust und Krankheit, der es auch noch mit der starren Philosophie und den harten Angriffen seiner Freunde aufnehmen muss. Außerdem lernt er seinen eigenen Stolz, seine eigene Rechtschaffenheit und seinen Unglauben kennen. Bis ein „Ausleger“, Elihu, zu Wort kommt, der ihn an den Punkt bringt, an dem er auf Gott hört und die Lektion aller Jahrhunderte lehrt, dass nur Gott allein Gott ist und dass in dieser Erkenntnis sein Segen und der eines jeden Menschen liegt.

Das große Problem, das in diesem Buch angesprochen wird, ist die Regierung Gottes, die nicht direkt wie bei Israel, sondern indirekt, durch Vorsehung, besteht. Eine direkte Regierung bedeutet, dass Gott das Böse eines Menschen direkt bestraft und gute Taten direkt belohnt. Eine indirekte Regierung, eine Regierung in der Vorsehung, bedeutet, dass es scheint, dass man ungestraft Böses tun kann und dass gute Taten unbelohnt bleiben.

Hiobs Freunde – aber auch Hiob selbst – verstehen nichts von der Regierung Gottes. Sie gehen von einer direkten Regierung Gottes aus. Sie behaupten, dass Hiob wohl gesündigt haben muss, sonst würde er nicht so sehr zu leiden haben. Eine oberflächliche Betrachtung des Lebens kann dazu führen, dass man gemäß dem Ausmaß der begangenen Sünden zu leiden hat. Die Reaktion von Hiob ist ebenfalls nicht richtig. Auch er versteht die Regierung Gottes nicht. Er erklärt, dass er unschuldig ist und dass Gott ihn zu Unrecht leiden lässt.

Obwohl Hiob nicht mit seinen Lippen sündigt, offenbaren die Gespräche mit seinen Freunden, was in seinem Herzen ist. Obwohl die Freunde die Regierung Gottes nicht verstehen, sagen sie doch viele wahre Dinge über diese Regierung für andere Fälle. Die Frage, die für Hiob und seine Freunde im Hintergrund aufkommt und die sie zu ihren Aussagen bringt, ist diese: Wie kann Gott sowohl gut als auch souverän sein, wenn man sich das Leiden der Unschuldigen und den Wohlstand der Übeltäter ansieht?

Es war schon immer schwierig zu erklären, warum die Gottlosen „vor dem Wind segeln“ können, während die Gottesfürchtigen so oft von Unterdrückung heimgesucht werden. Diese Schwierigkeit verschwindet, wenn wir uns vor Augen halten, dass wir unter einer indirekten Regierung Gottes leben. Wie bereits gesagt wurde, bestraft Gott in einer direkten Regierung das Böse unmittelbar und belohnt das Gute unmittelbar. In einer indirekten Regierung wird das Böse nicht direkt bestraft, obwohl die Strafe sicher kommt, und das Gute wird nicht direkt belohnt, obwohl die Belohnung sicher kommt.

In Psalm 73 hatte Asaf die gleichen Fragen, bis er „hineinging in die Heiligtümer Gottes“ (Ps 73,17). Ebenso finden Hiobs Fragen ein Ende, als er sagt: „Mit dem Gehör des Ohres hatte ich von dir gehört, aber nun hat mein Auge dich gesehen“ (Hiob 42,5b).

Die Gesprächsrunden und die „Hauptakteure

Es gibt drei Dialoge oder Gesprächsrunden zwischen Hiob und seinen Freunden (Hiob 4–27) und drei Monologe: von Hiob, Elihu und Gott (Hiob 29–41). Die Dialoge und Monologe werden durch eine Rede Hiobs über Weisheit (Hiob 28) getrennt.

Die „Hauptfiguren“ im Buch sind nach Hiob seine drei Freunde und Elihu. Nachdem diese fünf Menschen gesprochen haben, spricht Gott. Er spricht nicht als Jemand, der nach den Versuchen der Freunde und Elihus einen letzten Versuch unternimmt, Hiob zu überzeugen. Er kann mit keinem der Vorredner verglichen werden. Er ist Gott und spricht als Gott. Als Hiob ihm von Angesicht zu Angesicht gegenübersteht, verachtet er sich selbst und zeigt Reue.

Von denen, die ab Hiob 3 zu Wort kommen, können wir einleitend einige Merkmale nennen:

1. Eliphas ist der erste, der auf Hiobs Äußerungen des Elends reagiert. Es gibt gute Gründe für die Annahme, dass Eliphas ein Edomiter ist. Es ist die Rede von einem Eliphas, der der erstgeborene Sohn von Esau ist. Dieser hat einen Sohn namens Teman (1Mo 36,4; 15). Verschiedene Propheten erwähnen Teman als einen Ort oder eine Region in Edom (Jer 49,7; 20; Hes 25,13; Amos 1,12; Obad 1,8; 9).

a. Offenbar ist Eliphas der älteste der drei Freunde, denn er spricht zuerst. Er wird auch am Ende des Buches von Gott als der Wortführer der Drei angesprochen (Hiob 42,7). In seinen Reden zeigt er einen breiteren Geist als die anderen, indem er Hiob als einen gottesfürchtigen Mann akzeptiert, der aber in die Irre gegangen ist. Obwohl er einen Mangel an Mitgefühl zeigt, ist er der Einzige der drei, der doch wenigstens ein gewisses Maß an Mitgefühl und Respekt zeigt.

b. In seinen Reaktionen auf Hiobs Worte scheint es, dass er alles aus seiner persönlichen Erfahrung heraus betrachtet. Wir hören dies in den Worten „so wie ich es gesehen habe“ (Hiob 4,8). Er als der Älteste repräsentiert „die alte Garde“.

2. Bildad ist der zweite. Er wird weiter in keinem anderen Buch des Alten Testaments erwähnt. Er betrachtet Hiobs Ringen über die Gerechtigkeit Gottes als Lästerung. Er nutzt seine Gelehrsamkeit, sein Wissen und die Tradition der alten Weisheiten, um zu beweisen, dass Hiobs Familienmitglieder erhalten haben, was sie verdient haben, und er warnt Hiob vor dem gleichen Schicksal.

Bildad beurteilt die Situation Hiobs von der Tradition und der Autorität des Alters her. Wir hören das in seiner Aufforderung an Hiob: „Denn befrage doch das vorige Geschlecht, und richte deinen Sinn auf das, was ihre Väter erforscht haben“ (Hiob 8,8). Er repräsentiert das mittlere Alter.

3. Zophar, der dritte, ist der sarkastischste der Freunde. Seine Botschaft ist, dass Hiob sich bekehren muss, sonst wird er einen grässlichen Tod sterben, wie ihn Übeltäter verdient haben.

Zophar betrachtet Hiob aus dem Blickwinkel von Gesetz und Religion. Er sagt zu Hiob: „Wenn Frevel in deiner Hand ist, so entferne ihn, und lass Unrecht nicht in deinen Zelten wohnen –, ja, dann wirst du dein Angesicht erheben ohne Makel und wirst unerschütterlich sein und dich nicht fürchten“ (Hiob 11,14; 15). Er ist von seinem eigenen scharfen Urteil überzeugt, „so ist es und nicht anders“ (Hiob 11; 20).

4. Hiob, in seinen Versuchen, sich wegen der Verdächtigungen und negativen Urteile seiner Freunde zu verteidigen, beschuldigt Gott indirekt der Ungerechtigkeit (Hiob 10,7; 8).

5. Elihu ist jünger als die drei Freunde und hält sich deshalb aus der Diskussion heraus und wartet, bis sie alle ausgeredet haben (Hiob 32,4-6). Er ist ein Typus von Christus als dem Mittler. Er spricht für Gott (Hiob 33,4; 5).

6. Als alle Redner schweigen, ergreift Gott das Wort. Er zeigt Hiob seine göttliche Weisheit und seine Macht in der Natur. Demgegenüber sieht Hiob, wie völlig unbedeutend er ist.

Einteilung des Buches Hiob

I. Einleitung (Hiob 1–2)
--A. Hiobs Wohlstand (Hiob 1,1-5)
--B. Hiobs Prüfung (Hiob 1,6Hiob 2,13)
----1. Satans Anklage gegen Hiob (Hiob 1,6-12)
----2. Hiob bleibt standhaft trotz dem Verlust von Familie und Besitz (Hiob 1,13-22)
----3. Satans weitere Anschuldigungen (Hiob 2,1-6)
----4. Hiob bleibt standhaft in seinem persönlichen Leiden (Hiob 2,7-10)
----5. Die Ankunft von Hiobs Freunden (Hiob 2,11-13)
II. Die Dialoge (Zwiegespräche) oder die Streitgespräche (Hiob 3–27)
--A. Hiobs Eröffnungsklage (Hiob 3)
--B. Die erste Gesprächsrunde (Hiob 4–14)
----1. Eliphas (Hiob 4.5)
----2. Hiobs Antwort (Hiob 6.7)
----3. Bildad (Hiob 8)
----4. Hiobs Antwort (Hiob 9.10)
----5. Zophar (Hiob 11)
----6. Hiobs Antwort (Hiob 12–14)
--C. Die zweite Gesprächsrunde (Hiob 15–21)
----1. Eliphas ( Hiob 15)
----2. Hiobs Antwort (Hiob 16.17)
----3. Bildad (Hiob 18)
----4. Hiobs Antwort (Hiob 19)
----5. Zophar (Hiob 20)
----6. Hiobs Antwort (Hiob 21)
--D. Die dritte Gesprächsrunde (Hiob 22–26)
----1. Eliphas (Hiob 22)
----2. Hiobs Antwort (Hiob 23.24)
----3. Bildad (Hiob 25)
----4. Hiobs Antwort (Hiob 26)
--E. Hiobs Abschlussrede an seine Freunde (Hiob 27)
III. Zwischenkapitel über Weisheit (Hiob 28)
IV. Die Monologe (Hiob 29–41)
--A. Hiobs abschließende Reden (Hiob 29–31)
----1. Hiobs frühere Ehre und Segen (Hiob 29)
----2. Hiobs aktuelle Unehre und Leiden (Hiob 30)
----3. Hiobs letzte Erklärung der Unschuld (Hiob 31)
--B. Elihus Ansprachen (Hiob 32–37)
----1. Einleitung (Hiob 32,1-5)
----2. Erste Ansprache: Teil 1 (Hiob 32,6-22)
----3. Erste Ansprache: Teil 2 (Hiob 33)
----4. Zweite Ansprache (Hiob 34)
----5. Dritte Ansprache (Hiob 35)
----6. Vierte Ansprache (Hiob 36.37)
--C. Gott spricht zu Hiob (Hiob 38,1Hiob 41,25)
----1. Die erste Rede Gottes (Hiob 38,1Hiob 40,2)
----2. Hiob demütigt sich (Hiob 40,3-5)
----3. Die zweite Rede Gottes (Hiob 40,6Hiob 41,25)
V. Hiob bereut (Hiob 42,1-6)
VI. Der Abschluss (Hiob 42,7-17)
--A. Gott spricht Recht (Hiob 42,7-9)
--B. Wiederherstellung des Wohlstands von Hiob (Hiob 42,10-17)

Zusammengefasst ist das Buch folgendermaßen aufgebaut:

1. Hiob 1 und 2
Die historische Einführung, die Hiobs Frömmigkeit und Wohlstand enthält und sein Leiden durch Satan, der seinen Besitz, seine Familie und seine Gesundheit zerstört.

2. Hiob 3–31
Der Streit zwischen Hiob und seinen drei Freunden. Er offenbart die Sinnlosigkeit des menschlichen Denkens in Bezug auf
a. das Erklären der Wege Gottes in den Katastrophen, die über einen Menschen kommen;
b die tief verwurzelte Selbstgerechtigkeit des menschlichen Herzens.

3. Hiob 32–37
Das Zeugnis von Elihu über Gottes Eigenschaften der Heiligkeit und Barmherzigkeit.

4. Hiob 38–42,6
Das Zeugnis von Gott selbst aus der Schöpfung, durch das Hiob geprüft wird und was ihn in den Staub bringt.

5. Hiob 42,7-17
„Das Ende des Herrn“ (Jak 5,11), d. h. das Ergebnis von Gottes Wegen mit Hiob, der ihn wiederherstellt und ihm einen größeren Segen gibt, als er verloren hat.


Einleitung

Sowohl die Einleitung des Buches (Hiob 1.2) als auch der Schluss des Buches (Hiob 42,7-17) haben den Charakter einer Erzählung, während die Gespräche dazwischen poetisch sind. Das Rätsel des Leidens wird manchmal mit einer Stickerei verglichen. Die Erzählung zeigt uns die Oberseite der Stickerei, wie das Leiden vom Himmel aus, von Gott, gesehen wird. Die Gespräche in Gedichtform zeigen uns die Unterseite, die irdische Seite des Leidens, die Versuche der Menschen, die Regierung Gottes in Bezug auf das Leiden zu verstehen.

Die Gottesfurcht und der Wohlstand Hiobs

In diesen Versen erfahren wir etwas über die Heimat, den Namen, den hohen Stand, die Familie, den Besitz und das Ansehen der Hauptperson des Buches. Der Heilige Geist tut dies, um zu zeigen, was ihm alles genommen wird. Wir sehen, von welch großer Höhe er hinuntergeworfen wird und wie enorm groß die Schmerzen sind, die ein solcher Sturz verursacht.

Das Buch beginnt mit den Worten „es war ein Mann“ (Hiob 1,1). Unter den vielen Menschen, die in der Zeit leben, in der sich die Ereignisse des Buches abspielen, gibt es einen Mann, auf den das Scheinwerferlicht gerichtet wird. Dieser Mann lebt „im Land Uz“ und wird „Hiob“ genannt. So wie Gott weiß, wo dieser Mann wohnt und wie er heißt, so weiß er das von jedem Menschen – siehe zum Beispiel Saulus (Apg 9,11) und Simon Petrus (Apg 10,5; 6). Niemand kann sich in der Menge vor Gott verstecken. Für Ihn gibt es auch keine namenlose Masse, sondern Er kümmert sich um jeden Menschen persönlich, Er hat Aufmerksamkeit für jeden Menschen persönlich.

Möglicherweise ist Hiob, wie bereits in der Einleitung angedeutet, ein König von Edom (Jobab, 1Mo 36,33). Falls ja, ist sein Titel hier nicht aufgeführt. Es geht nicht um seine Stellung in der Gesellschaft, sondern um seinen Platz als Mensch in der Schöpfung, gegenüber seinem Schöpfer, gegenüber Gott.

Über Hiob gibt es mehr zu sagen, als dass er ein Mann ist, der in Uz lebt und Hiob genannt wird. Dies sind äußere Merkmale. Es gibt auch Merkmale dieses Mannes, die deutlich machen, dass er mit Gott in Verbindung steht und so lebt, dass er Gottes Herz erfreut (Apg 10,34b; 35). Dies sind innere Merkmale. Diese Eigenschaften sind auch in seinem Leben sichtbar, aber sie stammen aus seinem Inneren, seinem Herzen. Die Tugenden, die über ihn berichtet werden, stammen nicht aus seinem eigenen Mund, sondern sind das Zeugnis des Heiligen Geistes. Gott wiederholt dieses Zeugnis – und bestätigt es damit – gegenüber Satan (Hiob 1,8).

1. Er ist in erster Linie „vollkommen“, d. h. innerlich vollkommen, aufrichtig. Hiob steht gerecht vor Gott. Das bleibt so inmitten des Leidens, durch die Anklagen der drei Freunde und das Schweigen Gottes hindurch.

2. In direktem Zusammenhang damit wird von ihm gesagt, dass er „rechtschaffen“ ist. Dies bezieht sich auf sein Zeugnis gegenüber seiner Umgebung. Er ist kein Heuchler, kein Schauspieler. „Rechtschaffen“ bedeutet so viel wie „aufrichtige Wege gehen“. „Gottesfürchtig“ ist innerlich. „Das Böse meidend“ ist die Auswirkung davon. Hiob hat einen ausgeglichenen Charakter.

[Dies spiegelt sich in den Zahlen in Hiob 1,2 wider: seine sieben Söhne und seine drei Töchter. Die Zahl Sieben ist die Zahl der Vollkommenheit und die Zahl Drei hat mit Offenbarung und Zeugnis zu tun. Vergleiche auch die siebentausend Schafe und dreitausend Kamele in Hiob 1,3].

3. Die innere Seite (vollkommen) und die äußere Seite (rechtschaffen) finden sich auch in den beiden folgenden Merkmalen wieder. Das dritte Merkmal, „gottesfürchtig“, ist innerlich. Sein inneres Wesen ist auf Gott ausgerichtet. In seinem Herzen herrscht Ehrfurcht vor Ihm. Im weiteren Verlauf des Buches sagt er: „Die Furcht des HERRN ist Weisheit“ (Hiob 28,28a).

4. Das vierte Merkmal, „das Böse meidend“, ist äußerlich und weist auf eine Lebenseinstellung hin, die eine Folge seiner Gottesfurcht ist. Auch das bestätigt Hiob, wenn er sagt: „Und vom Bösen weichen ist Verstand“ (Hiob 28,28b).

All dies bedeutet jedoch nicht, dass er ohne Sünde ist (Pred 7,20). Dies wird im Lauf des Buches deutlich.

Nachdem uns erzählt wurde, in welcher Beziehung Hiob zu Gott stand, werden Hiobs Segnungen in seiner Familie erwähnt (Hiob 1,2). Er hat sieben Söhne und drei Töchter. Hiob betrachtet seine Kinder als Geschenke von Gott (Hiob 1,21).

Nach seiner Beziehung zu Gott und dem Segen in seiner Familie wird sein Reichtum aufgeführt (Hiob 1,3). Dies geschieht in Begriffen, die auch den Reichtum der Patriarchen beschreiben (1. Mose 12.13). Gott hat den Segen für Abraham, Isaak und Jakob vorgesehen, aber Er kann in seiner Gnade noch weiter gehen und auch andere segnen, obwohl sie keinen Anteil an dem Bund haben, den Er mit den Patriarchen geschlossen hat. Gottes Gnade kann nicht eingeschränkt werden, sie ist nicht begrenzt.

Wir sehen bei Hiob, dass Gottesfurcht und Wohlstand Hand in Hand gehen. Das ist keine Selbstverständlichkeit. Menschen, denen es gut geht, sind oft Menschen, die Gott loslassen. Das ist bei Hiob nicht der Fall.

Hiob und seine Kinder

Neben der Tatsache, dass Hiob mit vielen Kindern gesegnet ist, ist er auch mit einer guten Bindung der Kinder untereinander gesegnet. Kinder sind ein Segen. Es ist ein zusätzlicher Segen, wenn sich die Kinder auch untereinander gut verstehen. Wenn die Kinder aus dem Haus sind, ist es in manchen Familien üblich, z. B. jedes Jahr einen Familientag zu veranstalten. Es ist ein großes Privileg, wenn dann alle Kinder kommen und sich gerne wiedersehen.

Die Söhne Hiobs veranstalten regelmäßig und abwechselnd ein Mahl, zu dem auch die Schwestern eingeladen werden (Hiob 1,4). Es gibt keine Anhaltspunkte dafür, dass es sich bei solchen Mahlzeiten um Schwelgereien und Trinkgelage handelt. Es ist unwahrscheinlich, dass unerlaubte Dinge passieren. Hiob hat seine Kinder zur Selbständigkeit erzogen und ihnen beigebracht, gute Entscheidungen zu treffen. Es scheint auch, dass Hiob dabei nicht anwesend ist. Das macht ihn nicht eifersüchtig oder verbittert. Es ist gut, dass Eltern ihren Kindern ermöglichen, sich zu treffen, ohne dass sie immer dabei sind.

Obwohl Hiob nicht zu den Mahlzeiten eingeladen war, verbot er sie nicht, sondern erlaubte sie. Das bedeutet nicht, dass er sie für zu gut hält, um falsche Dinge zu tun oder falsche Entscheidungen zu treffen. Dies wird deutlich, „wenn die Tage des Gastmahls vorüber waren“ (Hiob 1,5). Dann ruft er sie zu sich und heiligt sie. Zu diesem Zweck steht er früh am Morgen auf und bringt sie alle unter die Kraft des Brandopfers, das er für jeden von ihnen bringt. Er tut dies, weil er es für möglich hält, dass seine Kinder „sich in ihrem Herzen von Gott losgesagt“ haben. Dies ist keine einmalige Aktion seinerseits, sondern er tut dies „allezeit“.

Wir sehen in Hiob den besorgten Vater. Er erkennt, dass Segen und Sättigung die Gefahr sind, dass sich seine Kinder in ihrem Herzen von Gott „lossagen“ oder Ihn verleugnen (Spr 30,9a). Sich von Gott zu lossagen, bedeutet, dass sie sich von Ihm lösen und sich von Ihm und seiner Autorität zurückziehen. Leicht können Wohlstand und Feiern uns vergessen lassen, dass wir von Gott abhängig sind. Das sind auch Gegebenheiten, in denen man manchmal zu Aussagen oder Handlungen neigt, zu denen man unter normalen Umständen nicht kommt.

Obwohl Hiob bei den von seinen Kindern organisierten Mahlzeiten nicht anwesend ist, ist er eng in sie eingebunden. Er ist im Geiste bei ihnen und lebt gedanklich bei ihnen. Er tut dies nicht als stolzer Vater, sondern als ein Vater, der die geistlichen Gefahren kennt, denen seine Kinder ausgesetzt sind, besonders bei Familientreffen. Dort lässt man sich am leichtesten gehen. Die Tatsache, dass er seine Kinder kennt und die geistlichen Gefahren erkennt, zeigt, dass er auch sich selbst kennt. Er ist ein Vater, der erkennt, dass seine Kinder die gleiche sündige Natur haben, die er selbst hat.

Vater Hiob handelt, wie die Erzväter, wie ein Priester in seiner Familie. Er steht „er stand frühmorgens auf“, was bedeutet, dass er sich mit der der Darbringung des Opfers beeilt. Er sorgt dafür, dass die Kinder dabei sind. Alles deutet darauf hin, dass seine Kinder keinerlei Einwände erheben. Sie kommen und Hiob heiligt sie. Das bedeutet, dass er seine Kinder aufs Neue dem HERRN weiht. Das bedeutet auch, dass er sich nach ihrem Verhalten während der Festmähler erkundigt. Wenn sie etwas getan oder gesagt haben, was nicht richtig ist, können sie es bekennen. Auf diese Weise sind sie wieder heilig, d. h. in Übereinstimmung mit Gott. Dann bringt er für jeden von ihnen ein Brandopfer, was aus neutestamentlicher Sicht bedeutet, dass er sie auf das Fundament des Opfers Christi stellt.

Hiob kennt seine Kinder und hält sie nicht für zu gut, um zu sündigen. Dabei schaut er nicht nur auf das äußere Verhalten. Er schaut tiefer. Vielleicht haben sie sich immer gut benommen, aber in ihrem Herzen ist eine Abweichung von Gott entstanden. Deshalb will er sie heiligen und für sie das Opfer darbringen. Hiob ist der besorgte Vater, der sich aktiv für das geistliche Wohl seiner Kinder einsetzt. Er ist durchdrungen von dem, was Salomo später als Spruch niederschrieb, dass aus dem „Herzen … die Ausgänge des Lebens sind“ (Spr 4,23).

Schauen wir auch so auf unsere Kinder (wenn wir welche haben), und liegt uns die Gesinnung ihrer Herzen auch so am Herzen? Ist das für uns wichtiger als ihre Schulergebnisse oder andere Leistungen? Bestimmt das auch unseren Umgang mit Gott und mit ihnen?

Hiob erkennt, dass seine Kinder vor Gott nur dann wohlgefällig sind, wenn er sie Ihm in der Annehmlichkeit des Opfers vorstellt. Wir wissen, dass Gott in diesem Opfer auf das Werk seines Sohnes am Kreuz von Golgatha vorausschaut. Hiob appelliert gewissermaßen für seine Kinder an dieses Opfer. Dass sie seine Kinder sind, die Kinder des gottesfürchtigen und besonders gesegneten Hiob, hat für ihn keine Bedeutung. Im Gegenteil, weil sie seine Kinder sind, sind sie Sünder und Gottes Gericht ruht auf ihnen (Hiob 14,3; 4). Wir sollten uns dessen auch in Bezug auf unsere Kinder bewusst sein.

Der HERR weist den Satan auf Hiob hin

Von der Erde in den Hiob 1,1-5 geht es nun in den Himmel (Hiob 1,6; vgl. 1Kön 22,19; Jes 6,1). In Hiob 1 und 2 finden wir mehrmals einen Szenenwechsel. Mal sind wir auf der Erde, mal sind wir im Himmel. Weil uns ein Blick in den Himmel vergönnt wird – das heißt, in den Teil des Himmels, zu dem der Satan noch Zugang hat –, erfahren wir, dass das Leiden Hiobs – und der Gläubigen im Allgemeinen – mit einem Kampf in den himmlischen Örtern zusammenhängt. Wir werden Teilhaber eines Gesprächs im Himmel zwischen dem HERRN und Satan über Hiob, in dem der HERR dem Satan erlaubt, Hiob zu prüfen. Hiob selbst weiß von diesem ganzen Gespräch nichts.

Wir Christen wissen aus dem Neuen Testament, dass wir seit der Himmelfahrt des Herrn Jesus einen geöffneten Himmel haben (siehe zum Beispiel den Hebräerbrief). Dieses Gespräch gibt uns Licht über Ereignisse auf der Erde, die uns sonst ein Geheimnis bleiben würden. Es macht uns deutlich, was der Hintergrund für alles ist, was auf der Erde geschieht, ob es nun das Leben eines Menschen betrifft oder ob es um Völker geht. Was auf der Erde geschieht, wird vom Himmel aus bestimmt. Im Himmel wird beschlossen, was auf der Erde geschieht. Die Freunde Hiobs und Hiob selbst irren, weil sie das Herz Gottes nicht kennen. Sie versuchen die Geschehnisse auf der Erde zu erklären, ohne Kenntnis über ihren himmlischen Ursprung zu haben.

„Eines Tages, da kamen die Söhne Gottes, um sich vor den HERRN zu stellen.“ Der Satan ist in ihrer Mitte. Wir sehen hier, dass der Satan Zugang zum Thronsaal Gottes hat. Satan ist „der Fürst der Gewalt der Luft“ (Eph 2,2), über die gefallenen Engel. Wenn er im Thronsaal ist, ist er immer da als „der Verkläger unserer Brüder“ (Off 12,10; Sach 3,1). Die Engel werden hier „Söhne Gottes“ genannt (so die Septuaginta, Hiob 38,7; 1Mo 6,1; 2), denn Gott ist „der Vater der Geister“ (Heb 12,9), was bedeutet, dass Er sie geschaffen hat, sie sind aus Ihm hervorgegangen. Diese Engel kommen, „um sich vor den HERRN zu stellen“. Sie kommen, weil sie von Ihm aufgefordert wurden, Ihm Rechenschaft über ihr Tun abzulegen. Sie sind als Untergebene da (vgl. 1Kön 22,19-22; Dan 7,9-14; Ps 89,8). Die Diener müssen stehen (1Kön 22,19), eine Haltung, die anzeigt, dass sie bereit stehen um zu dienen.

Es geht weiter um den HERRN und den Satan. Die Engel sind Kulisse. Sie stehen dabei und müssen zuhören. Der HERR beginnt zu sprechen, nicht der Satan. Wen Er zu sich ruft, muss respektvoll warten, bis Er das Wort ergreift. Der HERR fragt den Satan, woher er kommt (Hiob 1,7). Es ist klar, dass es sich nicht um eine Diskussion zwischen gleichberechtigten Personen handelt. Der Satan muss antworten, einfach weil der HERR ihn etwas fragt. Er ist Ihm völlig unterworfen, so wie das ganze Universum Ihm unterworfen ist und Ihm gehorchen muss. Und wie die Menschen können sie Ihn nicht vollständig sehen, denn niemand kann Gott jemals sehen (1Tim 6,16). Sogar die Seraphim bedecken ihr Gesicht, wenn sie den Namen des dreimal heiligen Gottes ausrufen (Jes 6,2; 3).

Der Satan hasst Gott, muss aber trotzdem tun, was Gott sagt, und antworten. Gott kennt die Antwort zwar, aber Er möchte dass wir sie auch kennen. Mit der Frage „Woher kommst du?“ fordert Gott Satan auf, Rechenschaft über sein Tun abzulegen. Die Antwort zeigt, dass Satan ein ruheloser Wanderer ist, was auch bedeutet, dass er nicht allgegenwärtig ist, was Gott hingegen sehr wohl ist. Sein Umherirren auf der Erde bedeutet nichts Gutes. Er wandert auf der Erde herum, um zu sehen, wem er Böses antun kann. Der Gläubige darf wissen, dass die Augen des HERRN auch über die Erde ziehen, dann aber, um ihn zu stärken (2Chr 16,9; Sach 4,10).

Der Satan wird hier ausnahmsweise sprechend erwähnt. Das kommt in der Bibel nicht sehr oft vor, obwohl wir viel über ihn lesen. Dreimal lesen wir, dass er etwas sagt: hier in Hiob zum HERRN, in 1. Mose 3 zu Eva im Paradies (1Mo 3,1-5) und in Matthäus 4 und in der Parallelstelle in Lukas 4 zu dem Herrn Jesus in der Wüste (Mt 4,1-3; 5; 9; Lk 4,1-3; 6; 9-11).

Indem wir den Satan im Paradies zu Eva und in der Wüste zu dem Herrn Jesus reden hören, sehen wir, dass es sich um außerordentlich wichtige Situationen handelt. Bei Eva war er erfolgreich, wodurch die Sünde in die Welt kam. Bei dem Herrn Jesus hatte er keinen Erfolg, wodurch das Werk der Erlösung vollbracht werden konnte. Vor diesem Hintergrund wird deutlich, welche enormen Interessen auf dem Spiel stehen, wenn er auch in der Geschichte von Hiob als Redender vorgestellt wird. Wird es ihm gelingen, Hiob dazu zu bringen, sich von Gott zu loszusagen, d. h. Ihn zu verfluchen, oder nicht?

Nicht Satan, sondern der HERR lenkt dann die Aufmerksamkeit Satans auf Hiob: „Hast du Acht gehabt auf meinen Knecht Hiob?“ (Hiob 1,8). Die Initiative für alles, was Hiob widerfährt, kommt von Gott und nicht vom Satan. Gott weiß, was sein Diener Hiob braucht. Wenn Er Satan fragt, ob er Acht auf Hiob gehabt hat, dann deshalb, weil Er selbst auf Hiob Acht gegeben hat. Und sein Zeugnis ist noch größer als das, was in Hiob 1,1 geschrieben steht. Gott sagt hier von Hiob: „Seinesgleichen ist kein Mann auf der Erde.“ Dies geschieht nicht, um Hiob zu loben, sondern ist das Ergebnis seiner Verbindung mit Gott. Sicherlich muss gerade das Hiob zu einem besonderen Ziel des Satans gemacht haben.

Satan kann nichts gegen das Zeugnis Gottes über Hiob vorbringen. Gott gibt dieses Zeugnis für einen bestimmten Zweck. Zu diesem Zweck will Er auch Satan benutzen. Der Satan – der zwar sehr listig ist, aber nichts von den Absichten Gottes weiß – ist nur ein Instrument, um die Absichten der Gnade Gottes zu erfüllen. Gott hält alles unter seiner Kontrolle, nichts entgleitet seiner Hand. Alles läuft nach seinem Plan. Das kann uns ein Trost sein in allen Situationen, in denen wir uns als Spielball des Bösen fühlen. Am Anfang steht Gott, nicht der Böse. Er bestimmt auch das Ende und nicht der Böse. Zwischen dem Anfang und dem Ende liegt ein Weg, der ebenfalls von Gott und nicht vom Bösen bestimmt wird.

Hiob ist ein Diener des HERRN. Er gehört nicht zum Bundesvolk Gottes, sondern er hat seinen eigenen, einzigartigen „Bund“, seine eigene Beziehung, mit dem HERRN und der HERR mit ihm. Zweimal nennt der HERR Hiob „mein Knecht“ (Hiob 1,8; Hiob 2,3). Und am Ende des Buches nennt Er ihn immer noch so (Hiob 42,7; 8). Was immer auch zwischen dem Anfang und dem Ende geschieht, Hiob kommt am Ende als ein treuer Knecht zum Vorschein.

Der Satan fordert den HERRN heraus

Der Satan muss antworten. Er tut dies mit der ganzen unverbesserlichen Verkommenheit seiner bösen Natur. Er hasst nicht nur Gott, sondern alle, die nach dem Willen Gottes leben. Er kann es nicht ertragen, wenn jemand von Gott gelobt wird, weil er selbst gelobt werden möchte. Wir sehen das bei Saul in seinem Verhalten gegenüber David. Saul ist auch eifersüchtig auf die Ehre, die David vom Volk erhält, während er selbst nicht so viel Ehre bekommt (1Sam 18,6-9).

Der Satan kann Hiobs Frömmigkeit nicht leugnen. Was er jedoch tun kann, ist, als „der Verkläger unserer Brüder“ (Off 12,10) zu unterstellen, dass Hiobs Frömmigkeit nicht echt, sondern vorgetäuscht ist. Mit seiner Frage „Ist es umsonst, dass Hiob Gott fürchtet?“ (Hiob 1,9), drückt er die Behauptung aus, dass Hiob gute Gründe hat, Gott zu fürchten. Hiob fürchtet Gott, nicht aufgrund dessen, wer Gott ist, sondern nur wegen der Vorteile, die sich daraus ergeben (Hiob 1,10). „Guck doch mal“, sagt er zu Gott, „was Du Hiob alles gegeben hast: Schutz für seine Familie und alles, was er hat; Gedeihen in allem, was er tut; sein Gebiet vergrößert sich ständig. Es ist doch ganz logisch, dass er dich fürchtet.“

Dann kommt der Satan mit einem Vorschlag (Hiob 1,11), der ebenfalls sein durch und durch verdorbenes Wesen und seine schlaue Hinterlist zeigt (2Kor 11,3; 14; Eph 6,11). Er fordert Gott heraus, seine Hand gegen Hiob auszustrecken und ihm alles wegzunehmen, womit Er ihn gesegnet hat. Es ist bemerkenswert, dass der Satan Gott nicht fragt, ob Gott ihm erlauben will, alles von Hiob zu nehmen. Auch der Satan weiß, dass alles in Gottes Hand liegt. Gott muss seine Hand gegen Hiob wenden, um ihm alles wegzunehmen. Hiob sagt später zu Recht: „Der HERR hat gegeben, und der HERR hat genommen“ (Hiob 1,21b).

Der Satan sagt sozusagen: „Nimm all diese Vorteile einfach mal weg, dann werden wir schon sehen, was dabei herauskommt!“ Er unterstellt, dass Hiob sich von Gott lossagt und Ihn direkt ins Gesicht verflucht, wenn er alles verliert. Der Satan unterstellt, dass Hiobs Hingabe das Resultat von Gottes Segen ist. Dies zeigt, dass er nicht allwissend ist, was Gott allerdings ist. Der Satan stellt sowohl die Aufrichtigkeit Hiobs als auch die Gerechtigkeit Gottes, die Er zeigt, indem Er ihn segnet, in Frage.

Wir sehen dies in den Hauptfiguren des Buches widergespiegelt:
1. Die Freunde Hiobs stellen seine Aufrichtigkeit in Frage. Sie sind sich sicher, dass er im Geheimen gesündigt hat, es aber nicht zugeben will.
2. Hiob kann, weil er unschuldig leidet, nicht verstehen, wie Gott ihn so leiden lassen kann. Er zweifelt daher an der Gerechtigkeit Gottes.

Die große Frage im Buch Hiob ist, ob Hiob Gott verfluchen wird oder nicht. Der Satan will all das Leid in unserem Leben benutzen, um uns von Gott zu trennen, während Gott das Leid benutzen will, damit wir Ihn und uns selbst besser kennen lernen. Der Satan will, dass es uns durch Leid schlechter geht, während Gott will, dass es uns dadurch besser geht. Wenn Hiob sich von Gott lossagen würde, – so denkt der Satan – dann wäre nicht Hiob der Verlierer, sondern Gott. Doch Gott sieht in Hiob, was Satan nicht sieht: Ausharren.

Gott erlaubt dem Satan, Hiob heimzusuchen (Hiob 1,12). Er gibt alles was Hiob hat in die Hand des Satans, was zeigt, dass Satan nicht allmächtig ist, Gott hingegen schon. Es ist bemerkenswert, dass der Satan in Hiob 1,11 davon spricht, dass Gott seine Hand gegen Hiob ausstreckt, und dass Gott nun dem Satan erlaubt, seine Hand gegen Hiob auszustrecken. Dies zeigt, dass die Hand Gottes über der Hand des Satans steht. Wir nehmen also das Leid nicht aus „zweiter Hand“ an, nämlich von Satan, sondern aus „erster Hand“, nämlich von Gott.

Gleichzeitig bestimmt Gott die Grenze für die Handlungen des Satans. Er sagt auch, dass er seine Hand nicht gegen Hiob selbst ausstrecken darf. Der Satan wird diese Grenze daher auch nicht um einen Millimeter überschreiten. Ohne Gott, den Vater, fällt kein Sperling auf die Erde, und selbst die Haare auf unserem Haupt sind alle gezählt (Mt 10,29-31).

Der Satan geht „vom Angesicht des HERRN weg“, wie es von Kain heißt (1Mo 4,16), zufrieden mit dem, was er tun kann und was er schnell tun wird (vgl. Lk 22,31; 32). Wir sehen hier, dass im Himmel Entscheidungen getroffen werden, deren Folgen im Geschehen auf der Erde sichtbar werden.

Hiob verliert seinen Besitz und seine Kinder

Aus dem Himmel kehren wir wieder auf die Erde zurück. Es kommt der Tag (Hiob 1,13), an dem Hiobs Leben von Katastrophen heimgesucht wird. Es ist ein „böser Tag“ (Eph 6,13), ein Tag, der in seinem Inhalt anschließt an den Tag, an dem die Söhne Gottes vor dem HERRN erschienen sind (Hiob 1,6). Satan hat es eilig, sein böses Werk auszuführen, aber er weiß auch, den richtigen Moment abzuwarten. Bei den Katastrophen, die in Hiobs Leben auftreten, hören oder sehen wir nichts von Satan selbst, und doch sind die Katastrophen sein Werk.

Der Tag, der anbricht, an dem Satan seine bösen Absichten ausführen wird, wurde von ihm sorgfältig ausgewählt. Es ist ein Tag, an dem Hiobs Kinder wieder einmal alle zusammen sind, um zu essen und zu trinken (vgl. Hiob 1,4). Hiob wird sich wieder reich gesegnet gefühlt haben, sie so beisammen zu wissen und sich auch die geistlichen Gefahren einer solchen Zusammenkunft realisiert haben (vgl. Hiob 1,5). Das führt wie immer dazu, dass er Fürbitte für seine Kinder tut. Er freut sich darauf, sie wieder zu heiligen und für jeden von ihnen ein Brandopfer zu bringen, wenn sie ihr Mahl beendet haben.

Hiob wird in seinen gottesfürchtigen Überlegungen in der Gegenwart Gottes grausam gestört durch einen Boten, der ihm eine Schreckensbotschaft überbringt (Hiob 1,14). Der Bote berichtet ihm von einem Unglück, das über ihn gekommen ist. Er erzählt von den Rindern, die pflügen – was uns sagt, dass es Herbst ist – und den Eseln, die friedlich neben ihnen grasen und nicht umherirren. Die Knechte haben sich um sie gekümmert. Alles spricht von Sorgfalt und Verantwortung für die Arbeiten.

Es gibt keine Unachtsamkeit oder Nachlässigkeit, doch in diese Szene der Ruhe und des Friedens dringt eine raue Räuberbande von Sabäern ein. Sie plündern Vieh und Esel und töten die Knechte (Hiob 1,15). Es zeigt, dass unsere Vorsicht und Wachsamkeit nicht verhindern kann, dass uns Katastrophen treffen (vgl. Ps 127,1). Das kann durchaus auch dann passieren, wenn wir verantwortungsvoll mit unserem Besitz umgehen.

Diese erste Katastrophe trifft Hiob in einem der Beweise seines Wohlstands (Hiob 1,3). Es sind die Mittel, mit denen er Wohlstand erlangt hat (Spr 14,4). Nur einer derjenigen, die treu über diese Mittel wachen, bleibt verschont. Das liegt nicht daran, dass er „Glück“ hatte, dass das Unglück ihn nicht getroffen hat. Er wird verschont, damit er als ein Augenzeuge Hiob detailliert berichten kann, was er gesehen hat. Dieser Diener erfuhr es nicht vom Hörensagen.

Während der Zeuge seinen Bericht über die Katastrophe noch nicht beendet hat, trifft ein zweiter Bote ein (Hiob 1,16). Die Geschwindigkeit, mit der Satan handelt, zeigt seinen bösen Wunsch, Hiob zu überwältigen und ihn mit Kummer zu überladen. Hiob hat keine Chance, den Schock über die Katastrophe, die ihn getroffen hat, zu verarbeiten und sich davon zu erholen. Katastrophen werden immer schwerer zu ertragen, je schneller sie aufeinander folgen.

Der Knecht, der kommt, um Hiob von der zweiten Katastrophe zu berichten, ist auch der Einzige, der ihr nur knapp entkommen ist, und auch mit der Absicht, Hiob als Augenzeuge davon zu berichten. Diese zweite Katastrophe wird nicht durch eine Räuberbande verursacht, wie die erste, sondern durch „Feuer Gottes … vom Himmel“.

Der entflohene Knecht spricht von „Feuer Gottes vom Himmel“. Er weiß genauso wenig wie Hiob, dass der Satan dahinter steckt. Satan ist der Herrscher über die Macht der Luft und hat von Gott die Erlaubnis erhalten, dieses Feuer gegen Hiob einzusetzen. Das Feuer hat Hiobs Schafe getroffen und damit einen weiteren Beleg für seinen Wohlstand vernichtet (Hiob 1,3), ebenso wie die Knechte, die sich um sie kümmerten, bis auf diesen einen.

Die Vertilgung der Schafe trifft Hiob in seiner Quelle für Kleidung und Nahrung. Das Feuer Gottes spricht von seinem Gericht. Es erinnert an das, was mit Sodom und Gomorra geschieht (1Mo 19,24) und mit den Männern von König Ahasja, die Elia gefangen nehmen müssen (2Kön 1,9-12).

Der entkommene Knecht hat seinen Bericht von den Schrecken die das Feuer Gottes verursacht hat noch nicht beendet, da kommt ein anderer Bote herbeigeeilt (Hiob 1,17). Er fällt seinem Vorgänger ins Wort, um Hiob über eine weitere Katastrophe zu informieren, die ihn heimgesucht hat. Bei dieser Katastrophe, der dritten, spielt der Mensch wieder eine Rolle. Dieses Mal sind es Chaldäer. Sie haben die 3000 Kamele, die Hiob besitzt, geraubt (Hiob 1,3) und die Knechte mit dem Schwert getötet. Um diese riesige Menge an Kamelen zu rauben, hatten sich die Chaldäer in drei Gruppen aufgeteilt. Mit diesem Verlust wird Hiob in seinem Handelswohlstand getroffen. Wieder wird einer der Diener verschont, um Hiob berichten zu können.

Hiob bekommt auch jetzt keine Gelegenheit, über das Geschehene nachzudenken, denn ohne eine Pause, noch während der dritte Bote berichtet, meldet sich ein vierter Bote. Auch dieser beginnt sofort zu erzählen, was passiert ist. Er erzählt Hiob von seinen Söhnen und Töchtern, die „im Haus ihres erstgeborenen Bruders“, aßen und tranken, und wie plötzlich ein heftiger Sturmwind von Osten heraufkam – „von jenseits der Wüste her“ –, der von allen Seiten an das Haus stieß und es zum Einsturz brachte, was den Tod aller seiner Kinder zur Folge hatte (Hiob 1,18; 19).

Die vierte und letzte Katastrophe ist, wie die zweite, wieder eine Naturkatastrophe, die von Satan verursacht wird. Wieder sehen wir, dass der Oberste über die Macht der Luft – obwohl unter der Erlaubnis Gottes – natürliche Elemente gegen einen der Diener Gottes einsetzt. Wir sehen dies auch im Fall des Sturms auf dem See, der vom Herrn Jesus gescholten wird (Mk 4,39). Der Herr schilt diesen Sturm, weil er von Satan entfesselt wurde mit der Absicht, Ihn und die Seinen zu zerstören. Der Herr schilt keine Taten Gottes.

Diese letzte Katastrophe ist auch die schlimmste. Alle Kinder Hiobs kommen um. Der Einzige, der entkommen ist, ist ein Diener, um Hiob die Unheilsbotschaft zu überbringen. Hiob betete immer für seine Kinder, sie hatten auch ein gutes Verhältnis zueinander, und doch sterben sie alle – „die jungen Leute“ – einen vorzeitigen Tod, plötzlich und gleichzeitig.

Es ist hart, dass Bildad in seiner ersten Rede andeutet, dass ihr Tod die Folge von begangenen Sünden ist (Hiob 8,4). Dieses harte Urteil beweist, dass er wenig Gefühl hat. Wer hat schon jemals, wie Hiob, zehn Kinder an ein und demselben Tag begraben und stand an den Gräbern seiner zehn Kinder? Ein für uns unergründliches Leid muss sein Herz geplagt haben.

Die Nachrichten von den Katastrophen erreichen Hiob in einer nie dagewesenen Schlagzahl. Das Elend türmt sich in kürzester Zeit zu beispiellosen Höhen auf. Die Katastrophen folgen nicht nur pausenlos aufeinander, sondern sie greifen ineinander, denn der eine hat noch nicht ausgesprochen da beginnt der andere bereits zu erzählen. Während Hiob dem letzten Teil des Berichts über eine Katastrophe zuhört, dringt eine andere Katastrophe in den noch laufenden Bericht ein. Die Katastrophen verstärken sich gegenseitig. Die Last ist unerträglich.

Hiobs Reaktion auf seinen Verlust

Hiobs Reaktion zeigt seine tiefe Trauer und seinen intensiven Kummer, aber auch seine Hingabe (Hiob 1,20). Er erhebt sich, um sein äußeres Gewand zu zerreißen und sein Haupt zu scheren als Zeichen seiner Trauer und seines Kummers (vgl. 1Mo 37,34; Jes 7,6; Esra 9,3; 5). Dann fällt er zu Boden, nicht um zu verzweifeln, sondern um sich in Anbetung vor dem HERRN niederzuwerfen. Von einem Moment auf den anderen ist Hiob von Glück und Wohlstand in Kummer und Armut gestürzt. Aber er kippt nicht von der Liebe zu Gott in die Verfluchung Gottes um.

Die Reaktion eines Menschen auf ein Unglück, das ihn trifft, offenbart, welcher Geist oder welche Gesinnung in ihm ist (Hiob 1,21). Hiob vergaß nicht, Gott zu ehren, als er in Wohlstand lebte. Jetzt, wo er im Elend ist, prägt ihn diese Gesinnung weiterhin. Hiob erkennt an, dass er alles, was er besaß, von Gott erhalten hat. Er erkennt auch das Recht Gottes an, zurückzunehmen, was er gegeben hat (vgl. Spr 5,14; 1Tim 6,7).

Hiob sagt nicht: „Der HERR hat gegeben, die Sabäer haben genommen“, oder: „Der HERR hat mich reich gemacht und der Teufel hat mich arm gemacht.“ Wir neigen dazu, bei den äußeren Ursachen unserer Schwierigkeiten stehen zu bleiben. Hiob tut das nicht. Er schaut weder auf die Sabäer noch auf den Sturm. Er erkennt, dass die Hand Gottes dies alles regiert – nur erkennt er noch nicht, dass es eine liebevolle Hand ist.

Die Art und Weise, wie Hiob diesen Verlust akzeptiert, bringt Satan ins Unrecht. Hiobs Reaktion macht deutlich, dass seine Frömmigkeit nicht selbstsüchtig war. Seine Frömmigkeit bleibt bestehen, auch jetzt, wo ihm alles genommen wurde, und er gibt sein Vertrauen auf Gott nicht auf. Satan wollte einen Keil zwischen Hiob und Gott treiben. Die Folge ist, dass Hiob näher zu Gott getrieben wird. Anstatt sich von Gott loszusagen, preist Hiob Ihn.

Das Böse aus der Hand des Herrn anzunehmen ist etwas anderes als zu sagen, dass der Herr das Böse verursacht hat. Was Hiob sagt, gibt keinen Grund für die Annahme, dass Gott der Urheber des Bösen, sein Ursprung ist, was suggeriert, dass das Böse von Ihm kommt. In Ihm ist „keine Finsternis“ (1Joh 1,5) und er verführt niemanden zum Bösen (Jak 1,13). Es bedeutet aber doch, dass der HERR in seiner unergründlichen Weisheit es erlaubt hat, weil es in seinen Plan passt.

Die Aussage von Hiob „der HERR hat gegeben, und der HERR hat genommen, der Name des HERRN sei gepriesen!“, ist seit jeher ein Trostwort für viele Gläubige geworden, die liebe Angehörige entbehren mussten. Es bedarf jedoch der Gnade, es im Glauben nachzusprechen. Es darf nicht zu einer inhaltsleeren Worthülse werden, zu einem Wort, das man rein rational oder aus dumpfer Resignation nachspricht.

Dass Gott den Menschen mit der Möglichkeit zu sündigen geschaffen hat, bedeutet nicht, dass Er das Prinzip der Sünde von sich aus in den Menschen gelegt hat. Wenn es heißt, dass er Unglück schafft (Jes 45,7), hat das mit der Bestrafung der Sünde zu tun. In diesem Zusammenhang ist es auch gut, ein Wort aus Amos zu zitieren: „Oder geschieht ein Unglück in der Stadt, und der HERR hätte es nicht bewirkt?“ (Amos 3,6b). Es ist immer, und besonders hier, notwendig, den Zusammenhang mit den umgebenden Versen zu sehen. Dann wird klar, dass Gott nicht der Urheber, der Autor der Sünde ist. Das Übel hat hier einen strafenden Charakter. Die Vorstellung, Gott würde Sünde wirken, ist in jeder Hinsicht völlig fehl am Platze.

Der Schlussvers (Hiob 1,22) bezeugt, dass Hiob nicht mit seinen Lippen sündigt. Er ist nicht sündlos, wie er selbst auch sehr wohl weiß (Hiob 9,20), aber er begeht nicht die Sünde, Gott Ungereimtes zuzuschreiben. Wenn wir Dinge nicht in Einklang bringen können, bedeutet das nicht, dass sie unvereinbar sind. Hiob versteht Gottes Handeln nicht, aber er zieht Gott auch nicht dafür zur Verantwortung. Später wird er dies aber tun.

© 2023 Autor G. de Koning

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