Johannes 3
John 3 Kingcomments Bibelstudien

Nikodemus besucht den Herrn Jesus

Am Schluss des vorigen Kapitels haben wir gelesen, dass der Herr Jesus wusste, was im Menschen ist, und dass Er sich ihnen deshalb nicht anvertraute. Jetzt kommt ein Mensch zu Ihm. Es ist nicht irgendein Mensch. Es ist ein Mensch aus den Pharisäern. Sein Name wird genannt: Nikodemus, und auch seine Funktion: Er ist ein Oberster der Juden. Er ist also ein sehr religiöser Mensch, der bei seinem Volk in hohem Ansehen steht. Der Herr nennt ihn den „Lehrer Israels“ (Joh 3,10).

Nikodemus hat, genau wie seine Kollegen, die Zeichen gesehen, die der Herr getan hatte. Bei ihm hat das jedoch ein Verlangen nach dem Herrn Jesus bewirkt, wodurch er innerlich näher zu Gott gekommen ist und Ihn sucht. Er ist solch ein Einzelner in der Menge, der danach verlangt, Christus besser kennenzulernen. Deshalb sucht er Ihn auf, um Ihn persönlich zu treffen.

Als orthodoxer und dazu religiöser, vornehmer Jude hätte Nikodemus zum Tempel gehen müssen, und zwar tagsüber. Doch er geht nicht zum Tempel, sondern kommt zum Herrn, und zwar bei Nacht. Wer in seinem Gewissen angesprochen ist und Interesse an Christus zeigt, so wie Nikodemus, empfindet sofort, dass die Welt gegen ihn sein wird. Deshalb kommt er in der Nacht. Er fürchtet sich vor der Welt, weil er weiß, dass er es mit Gott zu tun hat, und auch, dass die Welt im Widerspruch zu Gott steht.

Nikodemus spricht den Herrn Jesus mit Rabbi an, das heißt Lehrer (Joh 1,38). Das ist der Titel, mit dem Schriftgelehrte von ihren Schülern angeredet wurden. Also erkennt er Ihn als Lehrer an. Er erklärt, dass er und seine Kollegen (er sagt „wir“) wissen, dass Christus als Lehrer von Gott gekommen ist. Die Zeichen, die sie von Ihm gesehen haben, sind nicht zu leugnen. So wie seine Kollegen ist Nikodemus davon überzeugt, dass Er ein besonderer Lehrer ist. Doch von der wahren Kenntnis über Ihn ist er noch weit entfernt. Er spricht über den Herrn als jemanden, von dem gesagt werden kann, dass Gott mit Ihm ist, als gehe es um einen Propheten.

Und doch gründet sich sein Interesse nicht nur auf eine bloße verstandesgemäße Überzeugung. Er hat ein tieferes Interesse, das vom Heiligen Geist gewirkt ist. Er ist sich dessen noch nicht bewusst, doch es treibt ihn zum Herrn. Freilich sieht er Ihn bis dahin nur als Lehrer und er sieht auch, dass Gott mit Ihm ist. Er meint, Ihm damit große Ehre zu erweisen, doch dabei wird er der Person des Herrn Jesus überhaupt nicht gerecht.

Übrigens ist es schön zu sehen, dass Christus für jeden, der aufrichtig sucht – und so jemand ist Nikodemus – jederzeit erreichbar ist, und sei es in der Nacht. Er macht Nikodemus keinen Vorwurf, dass er Ihn zu dieser Zeit aufsucht.

Das Gespräch, das sich zwischen dem Herrn und Nikodemus entwickelt, ist eines der mehr persönlichen Gespräche des Herrn Jesus, von denen Johannes in seinem Evangelium berichtet. Das ist für uns ein wichtiger Hinweis, dass auch wir einen Blick für den Einzelnen haben.

Die neue Geburt

Der Herr geht auf die Ehrbezeugung des Nikodemus und seiner Pharisäerkollegen nicht ein, sondern sagt ihm, was nötig ist, um Ihn wirklich kennenzulernen. Nikodemus benötigt keine Belehrung von dem Herrn als Lehrer, sondern eine völlig neue Natur. Das geht viel weiter, als lediglich im Gewissen überzeugt zu sein. Nikodemus kennt sich selbst noch nicht als völlig verdorben und geistlich tot in Sünden. Er hat es nötig, lebendig gemacht zu werden, und nicht eine neue Erkenntnis, die sein Leben bereichert.

Gott belehrt und verbessert die menschliche Natur nicht. Der Mensch muss im Kern seines Wesens erneuert werden. Ohne diese Erneuerung kann er das Reich Gottes nicht sehen. Das Reich Gottes steht hier vor Nikodemus. Es ist anwesend und sichtbar in dem Sohn des Zimmermanns (vgl. Lk 17,21). Um das sehen und innerlich erkennen zu können, muss jemand von neuem geboren werden, das heißt auf eine völlig neue Weise. Er muss aus einer völlig neuen Quelle neues Leben empfangen.

Die Erklärung, dass eine neue Geburt notwendig ist, leitet der Herr mit einem zweifachen „Wahrlich“ (griech. amen) ein. Dieses zweifache „Wahrlich“ kommt in diesem Evangelium 25-mal vor. Der Herr verdeutlicht damit die absolut feststehende Wahrheit dessen, was Er anschließend sagt, und unterstreicht die Bedeutung noch einmal mit „ich sage euch“.

Das eine wie das andere macht deutlich, wie wichtig das ist, was Er hier sagt. Es ist in der Tat von unermesslicher Bedeutung. Es ist die einzig mögliche Weise, um überhaupt etwas vom Reich Gottes sehen zu können. Wer nicht von neuem geboren ist, sieht nichts davon, auch wenn er in den Schriften noch so gut bewandert ist und eine noch solch hohe religiöse Stellung wie Nikodemus hat.

Fragen zur neuen Geburt

Nikodemus schaut nicht über den natürlichen Verlauf der Dinge hinaus. Das erkennt man an seiner Reaktion auf die Worte des Herrn. Er unterstellt etwas, was praktisch unmöglich ist. Das zeigt, dass er nicht versteht, was der Herr mit einer neuen Geburt aus einer völlig neuen Quelle meint.

Der Grund dafür ist, dass Nikodemus sich selbst noch nicht als Sünder erkannt hat. Sonst hätte er ‒ selbst wenn es möglich wäre, dass jemand zum zweiten Mal aus dem Schoß seiner Mutter geboren würde ‒ verstanden, dass das, was aus dem Fleisch geboren ist, immer noch Fleisch ist. Niemals kann etwas Reines aus etwas Unreinem hervorkommen (Hiob 14,4; Ps 51,7). Der Mensch bliebe immer gleich blind und könnte das Reich Gottes nicht sehen; er wäre also so weit davon entfernt wie eh und je.

Geboren werden aus Wasser und Geist

Wieder leitet der Herr seine Antwort mit den eindrucksvollen Worten „Wahrlich, wahrlich [Amen, Amen], ich sage euch“ ein. Damit unterstreicht Er wieder die Bedeutung der Worte, die Er nun spricht. Er weist darauf hin, dass zwei Dinge erforderlich sind, um von neuem geboren zu werden: Wasser und Geist. Er sagt nicht: „… aus Wasser und aus Geist“, sondern gebraucht nur einmal das Wörtchen „aus“. Dadurch werden Wasser und Geist sehr eng miteinander verbunden. Sie können nicht voneinander getrennt werden, sondern wirken untrennbar zusammen.

Bei „Wasser“ denken manche an das Wasser der Taufe. Aber das kann hier unmöglich gemeint sein. Wenn es hier um das Wasser der Taufe ginge, könnte jemand, der nicht getauft ist, nicht in das Reich Gottes eingehen. Das würde bedeuten, dass der Übeltäter am Kreuz, der sich bekehrte, nicht in das Reich Gottes hätte eingehen können. Doch der Herr hat ihm versichert, dass er mit Ihm im Paradies sein würde (Lk 23,43).

Andererseits würde jemand, wenn er getauft wird, dadurch eine neue Natur bekommen. Das wiederum würde bedeuten, dass nur die, die getauft sind, in das Reich Gottes eingehen, und auch, dass der, der getauft ist, niemals verlorengehen könnte, denn er hätte durch die Taufe ewiges Leben bekommen. Beide Lehren sind natürlich töricht. Zudem ist in Verbindung mit der Wassertaufe nirgends die Rede davon, dass jemand Leben bekommt, sie hat im Gegenteil mit dem Tod zu tun (Röm 6,3; 4).

Was bedeutet das Wasser denn dann? Das Wasser ist ein Bild vom Wort Gottes in seiner reinigenden Kraft (Ps 119,9; Joh 15,3; Eph 5,26). Der Herr Jesus spricht daher hier auch vom Wasser als der reinigenden Kraft des Wortes Gottes, das in der Kraft des Heiligen Geistes zur Anwendung kommt.

Wenn ein ungläubiger Mensch das Wort Gottes liest oder hört, wird das Wort sein ganzes Leben beurteilen. Er wird sich selbst als Sünder sehen. In demselben Augenblick, wo er das erkennt, wirken das Wort und der Geist in ihm neues Leben. Durch dieses neue Leben bekommt er neue Gedanken und neue Ziele. Er empfängt dadurch die Natur des Geistes, die in ihm wirkt. So jemand ist eine neue Schöpfung (2Kor 5,17; Gal 6,15).

In Joh 3,6 stellt der Herr fest, dass Fleisch immer Fleisch bleibt und dass das, was aus dem Geist geboren ist, an der Natur des Geistes teilhat. Jede der beiden Naturen bringt Früchte nach ihrer Art hervor (vgl. 1Mo 1,12). Damit unterstreicht Er das, was Er soeben darüber gesagt, dass jemand aus einer neuen Quelle geboren wird, aus dem Geist Gottes. Das Wasser wird in Joh 3,6 nicht erwähnt, weil es dort um das Kennzeichen des Wirkens des Geistes geht. Das Wort ohne den Geist bewirkt kein neues Leben, denn der Geist ist es, der lebendig macht und das Leben Christi mitteilt.

Es ist wichtig, deutlich zu sehen, dass die beiden Naturen, Fleisch und Geist, völlig voneinander getrennt bleiben. Sie sind in keiner Weise miteinander in Übereinstimmung zu bringen. Es besteht eine fortwährende Feindschaft zwischen ihnen (Gal 5,17). Das „Fleisch“ kann niemals in „Geist“ verwandelt werden.

Der Herr sagt leicht tadelnd zu Nikodemus, dass er sich nicht über das zu wundern brauche, was Er ihm gesagt hat. Er weist auf eine allgemeine Wahrheit hin. Es heißt hier: „Ihr müsst von neuem geboren werden.“ Das ist Mehrzahl. Von „neuem geboren“ zu werden gilt sowohl für ihn persönlich als auch für den Juden und ganz allgemein für alle Menschen.

Nikodemus hätte als „der Lehrer Israels“ (Joh 3,10) aus Hesekiel 36 wissen können (Hes 36,24-36), worüber der Herr sprach. Dort geht es um eine gründliche Reinigung Israels, die das Volk zu Beginn des Friedensreiches erfahren wird. Nikodemus hat die Bedeutung dieses Wortes jedoch nicht erfasst, da er meinte, für ihn gelte das nicht. Dass Heiden gereinigt werden müssen, das kann er verstehen, aber er, als Jude …?

So wie der Wind ist auch der Geist unsichtbar („Wind“ und „Geist“ sind im Griechischen dasselbe Wort). Es bleibt für uns verborgen, woher der Wind kommt und wohin er weht (Hiob 38,24), doch wir können seine Wirkung wahrnehmen (Ps 29,5; Ps 107,25; 1Kön 19,11). So ist es auch mit dem Geist. Wenn jemand durch den Geist und durch das Wort von neuem geboren wird, weiß niemand, wie das genau geschieht. Der Geist kann ebenso wenig wie der Wind von uns kontrolliert oder gelenkt werden.

Wir können aber sehr wohl sein Wirken wahrnehmen. Das wird in jemandem sichtbar, der von neuem geboren ist, denn ab seiner neuen Geburt liebt er den Herrn Jesus, spricht mit Liebe von Ihm und tut seinen Willen. Das gilt für jeden „der aus dem Geist geboren ist“, also nicht nur für die Juden, sondern auch für die Heiden.

Wie kann dies geschehen?

Nikodemus reagiert wieder aus menschlicher Perspektive auf die Unterweisung des Herrn. Er fragt wie dies geschehen kann. Doch durch die Frage wird deutlich, dass die Erkenntnis bei ihm wächst, dass der Herr Jesus ihm die Wahrheit vorstellt. Er empfindet, dass der Herr den wahren Bedürfnissen seiner Seele begegnen kann. Weiter hören wir in diesem Abschnitt nichts mehr aus dem Mund des Nikodemus.

Das Irdische und das Himmlische

Der Herr beantwortet die Frage des Nikodemus zunächst wieder mit einem leichten Vorwurf. Nikodemus hätte doch wissen können, was Er meint, zumindest wenn er die Propheten aufmerksam gelesen hätte. Nikodemus kennt zwar die Propheten, nicht aber die wahre Bedeutung dessen, was sie gesagt haben. Sein Denken war nämlich auf die Herrlichkeit Israels und nicht auf die Herrlichkeit des Messias gerichtet. Als „der Lehrer Israels“ hätte er wissen müssen, was der Herr meint. Sicher wird er Abschnitte aus Jesaja 44 und 55 und die bereits angeführte Stelle in Hesekiel 36 oft genug überdacht haben (Jes 44,3; Jes 55,1; Hes 36,24-32). Weil er aber nicht von neuem geboren war, hat er deren wirkliche Bedeutung nie erfasst.

Nach diesem leichten Vorwurf beendet der Herr das Gespräch nicht, sondern belehrt ihn weiter und geht sogar auf die himmlischen Dinge ein. Zum dritten Mal gebraucht Er das zweifache „Wahrlich“ und fährt wieder fort, um die Wichtigkeit seiner Belehrung zu betonen: „… ich sage dir“. Er macht Nikodemus deutlich, dass die Dinge, über die Er spricht, nicht unbekannt sind. Er ist vollkommen befähigt, über die Dinge zu sprechen, die Er soeben gesagt hat, weil Er gesehen hat, was Er bezeugt. Nur Gott kann sagen, dass Er „weiß“, worüber Er spricht. Bei Ihm ist vollkommenes „Wissen“. Er besitzt die vollkommene Kenntnis des Wesens aller Dinge.

Der Herr Jesus weiß, was im Menschen ist, weil Er den Menschen kennt (Joh 2,25). Er weiß, was in Gott ist, denn Er kennt Gott, da Er selbst Gott ist. Er macht Gott bekannt (Joh 17,23). Der Herr spricht in der „Wir“-Form, weil Er gemeinsam mit dem Heiligen Geist Zeugnis ablegt. Er und der Heilige Geist sind göttliche Personen, die vollkommene Kenntnis aller Dinge haben. So wie der Sohn kennt auch der Heilige Geist vollkommen, was im Menschen ist und was in Gott ist. Damit ist Er vollständig vertraut. Niemand weiß, was in Gott ist, als nur der Geist Gottes (1Kor 2,11).

Will ein Mensch Anteil daran haben und die göttlichen Dinge kennenlernen, muss er zuerst von neuem geboren werden und den Geist Gottes empfangen. Durch die neue Geburt ist er in der Lage, die Dinge Gottes kennenzulernen und zu begreifen. Der natürliche, nicht wiedergeborene Mensch nimmt die Dinge Gottes nicht an, weil sie geistlich beurteilt werden (1Kor 2,14). Er kann die Dinge nicht einmal annehmen, weil er das Leben nicht hat, das dafür notwendig ist.

Der Herr hat über die irdischen Dinge gesprochen, das sind die Dinge, die der Prophet Hesekiel mitgeteilt hat und die nötig sind, um an den irdischen Segnungen im Friedensreich teilhaben zu können. Die neue Geburt ist eine irdische Sache, die nötig ist, um in das irdische Friedensreich eingehen zu können. Schon das begreift Nikodemus nicht, wie soll er dann etwas begreifen, wenn der Herr über himmlische Dinge spricht?

Das Reich Gottes hat nämlich nicht nur irdische Aspekte, sondern auch himmlische (Heb 12,22-24; Eph 1,10; Kol 1,20). Die himmlischen Dinge werden uneingeschränkt durch den Geist offenbart, nachdem Christus sein Blut vergossen hat und in den Himmel aufgefahren ist. Doch im Sohn Gottes, der hier mit Nikodemus spricht, sind diese himmlischen Dinge in Vollkommenheit gegenwärtig. Nikodemus hat allerdings (noch) keinen Blick dafür.

Der Sohn des Menschen, der im Himmel ist

Niemand kann besser über die himmlischen Dinge sprechen als der Sohn. So, wie Er hier spricht, konnte niemals ein Prophet über sich selbst sprechen. Propheten waren Werkzeuge, die Gott gebrauchte, um zu Menschen zu sprechen. Doch der Sohn ist kein Werkzeug, durch das Gott spricht, sondern ist Gott selbst (Heb 1,1). Während Er auf der Erde mit Nikodemus spricht, ist Er im Himmel. Darum spricht Er auf der Erde über Dinge, die Er zur selben Zeit im Himmel sieht. Menschen können zum Himmel auffahren, Engel können aus dem Himmel herabsteigen, doch sie ändern dabei ihren Aufenthaltsort. Nur der Sohn des Menschen bleibt, wo Er zuvor war, weil Er auch der eingeborene Sohn Gottes ist. Er ist die Antwort auf die herausfordernden Fragen Agurs in Sprüche 30 (Spr 30,4).

Der Herr Jesus hört niemals auf, Gott zu sein. Deshalb kann Er, während Er hier auf der Erde mit Nikodemus spricht, sagen, dass Er zur gleichen Zeit im Himmel ist. So haben wir von Ihm auch gelesen, dass Er als der Sohn, der im Schoß des Vaters ist, den Vater auf der Erde kundgemacht hat (Joh 1,18).

Doch Er sagt das als der Sohn des Menschen! Das bedeutet, dass wir seine Gottheit und seine Menschheit nicht voneinander trennen können. Er ist eine Person. Als Sohn des Menschen ist Er daher auch der vollkommen vertrauenswürdige Verkündiger himmlischer Dinge. Nur Er, der im Himmel ist, kann uns die himmlischen Dinge mitteilen. Die Frage ist, ob mein Herz darauf vorbereitet ist, diese himmlischen Dinge aufzunehmen.

Denn so hat Gott die Welt geliebt

Nachdem der Herr Jesus nun die himmlischen Dinge genannt hat, gibt Er weitergehende Belehrung dazu. Um die himmlischen Dinge zu verstehen, reicht nämlich die neue Geburt nicht aus. Die neue Geburt ist zwar notwendig, bleibt aber bei den irdischen Dingen stehen. Durch die neue Geburt kann jemand die Dinge auf der Erde so erkennen, wie Gott sie sieht und beurteilt. Doch um die himmlischen Dinge kennen und genießen zu können, ist es nötig, dass wir die Bedeutung des Kreuzes kennen.

Um seine Belehrung über das Kreuz zu verdeutlichen, weist der Herr Jesus auf das hin, was Mose in der Wüste mit der Schlange getan hat. Das ist ein Beispiel dafür, was mit Ihm als dem Sohn des Menschen geschehen würde. Die Erhöhung der Schlange in der Wüste ist ein Hinweis auf die Erhöhung des Sohnes des Menschen am Kreuz.

Mose fertigte die eherne Schlange nach dem Bild der feurigen Schlangen an (4Mo 21,9). Die feurigen Schlangen waren die Plage, an der das Volk starb. Mose erhöhte die Schlange, die er aus Kupfer gemacht hatte, so dass jeder nach ihr schauen konnte, wo immer er sich im Lager befand. Wer das tat, wurde geheilt. Dazu war es nötig, dass jemand anerkannte, dass er gebissen war und daher sterben würde. Und es war der Glaube nötig, dass nur ein Blick auf die erhöhte Schlange das Leben geben konnte. Nichts anderes würde von den Auswirkungen des Schlangenbisses befreien, wie schlau es auch ausgedacht wäre.

Mose machte also die Schlange zum Symbol der Errettung, die jemand nur dadurch empfing, dass er einfach auf dieses Symbol blickte. Durch den Blick gab jemand zu, dass er von der Schlange gebissen war und in der Folge sterben würde.

Das ist ein Beispiel für das, was Gott mit seinem Sohn, dem Sohn des Menschen, getan hat. Gott hat seinen Sohn in Gleichgestalt des Fleisches der Sünde gesandt, um in Ihm die Sünde im Fleisch zu verurteilen (Röm 8,3). Als der Sohn des Menschen am Kreuz erhöht wurde, wurde Er dort von Gott zur Sünde gemacht. Der Sohn Gottes wurde von seinem Volk verworfen und auf das Kreuz erhöht (Joh 8,28).

Doch Gott gebrauchte in seiner unergründlichen Weisheit dieses größte Verbrechen des Menschen, den Höhepunkt seiner Sünden, um seine Pläne durch seinen Sohn zu erfüllen, indem Er Ihn zur Sünde machte. Die Sünde konnte auf keine andere Weise weggetan werden. Die Sünde konnte nur durch das Gericht Gottes über den Herrn Jesus weggetan werden, der allein in der Lage war, das Gericht über die Sünden zu tragen. Und es musste ein Mensch sein, der Sohn des Menschen, sollte es für Menschen ausreichen.

Dieses Werk musste für oder im Blick auf uns geschehen, damit wir die Gabe des ewigen Lebens empfingen, während die neue Geburt, über die der Herr mit Nikodemus gesprochen hat, ein Werk ist, das in uns geschieht. Sowohl für das Werk in uns als auch für das Werk für uns gebraucht Er das Wort „muss“ (Joh 3,7; 14). Beide waren erforderlich, damit wir in eine gesegnete Beziehung zu Gott kommen konnten.

Das herrliche Ergebnis gilt jedem, der glaubt. Es geht um den Glauben an Ihn. Der Gläubige schaut weg von sich selbst und sieht auf den Herrn Jesus. So wie der von den feurigen Schlangen gebissene Israelit lediglich auf die erhöhte Schlange zu schauen brauchte, um errettet zu werden, so braucht jemand heute nur auf den am Kreuz erhöhten Christus zu blicken, um nicht verlorenzugehen. Christus ist am Kreuz von Gott für uns zur Sünde gemacht worden, damit wir Gottes Gerechtigkeit würden in Ihm (2Kor 5,21).

Durch den Glauben an den Gekreuzigten erkennen wir die Notwendigkeit des gerechten Handelns Gottes im Gericht über uns an, zugleich jedoch, dass dieses Gericht bereits ausgeübt worden ist. Daher schauen wir nicht mehr auf uns selbst, sondern auf den, der das Gericht für uns getragen hat. Wir gehen nicht mehr verloren, weil Er, der zur Sünde gemacht wurde, das Gericht trug. Das ist die Parallele zur kupfernen Schlange.

Doch der Herr geht über diesen Vergleich mit der kupfernen Schlange hinaus. Es ist nicht nur so, dass wir nicht verlorengehen und nicht ins Gericht kommen, es gibt auch eine gewaltige positive Folge des Werkes Christi am Kreuz. Die sehen wir in dem, was wir aufgrund dieses Werkes empfangen haben, und das ist „ewiges Leben“.

Ewiges Leben ist nicht nur Leben, das ewig währt, denn dann hätten auch die Ungläubigen ewiges Leben. Ewiges Leben ist Leben, das in sich selbst ewig ist, das keinen Anfang und kein Ende hat. Das ewige Leben ist uns in dem Herrn Jesus offenbart. Er selbst ist das ewige Leben (1Joh 5,20). Es ist jedoch nicht nur in Ihm offenbart, sondern es ist uns gegeben.

Das ist ein Geschenk, das wir mit unserem Verstand nicht begreifen können. Es kommt aus der Liebe Gottes hervor. Die Gabe des ewigen Lebens wird durch das Wort „denn“ in Joh 3,16 unmittelbar mit der Liebe Gottes verbunden. Das Werk Christi am Kreuz fand seinen Ursprung in der Liebe Gottes. Und wenn Gott seine Liebe offenbart, hält Er nichts zurück.

Er hat seinen Sohn gegeben, damit Verlorene gerettet würden, die unter der Macht der Sünde waren (Röm 8,3). Sie waren von der Schlange gebissen, das ist der Teufel (Off 12,9). Der Herr Jesus, der eingeborene Sohn, wurde zur Sünde gemacht und mit Gottes gerechtem Gericht gestraft. Dadurch ist die herrschende Macht, die in unserem alten Leben wirkte, gerichtet.

Es kann jedoch sein, dass der Gläubige, wenn er auf den erhöhten Sohn des Menschen schaut, im Blick auf die Sünde erleichtert ist, doch keinen Frieden mit Gott hat. Das ist der Fall, wenn er Gott weiterhin als Richter betrachtet, vor dem er Angst hat, der ihm aber glücklicherweise nichts mehr antun kann, weil Christus zwischen ihm und Gott steht. Um diese Angst wegzunehmen, offenbart der Herr Jesus nun, dass das alles aus der Liebe Gottes hervorkommt. Vor Gott braucht man sich nicht zu fürchten, denn Er hat seine ganze Liebe zur Welt gezeigt, da Er das Liebste, das Er hatte, hingegeben hat.

Wenn es um die Liebe Gottes geht, kann sie nicht auf Israel beschränkt bleiben, sondern erstreckt sich auf die gesamte Welt. In diesem Evangelium überschreitet alles die Grenzen Israels. Die Liebe Gottes kann nicht eingeschränkt werden. Die Größe seiner Liebe kann man in der Gabe seines eingeborenen Sohnes sehen. Diese Bezeichnung zeigt den höchsten und einzigartigen Platz, den der Sohn in der Liebe Gottes hat, der den Sohn gab.

Jeder, der diese Gabe Gottes im Glauben annimmt, in dem Bewusstsein, dass er sonst verlorenginge, bekommt als eine besondere Gabe das ewige Leben. Dieses ewige Leben schließt zwei großartige Dinge in sich: Es ist der Herr Jesus selbst (1Joh 5,20), und es ist die Kenntnis des Vaters und des Sohnes des Vaters, des Herrn Jesus Christus (Joh 17,3).

Der Glaube an den Herrn Jesus öffnet für alle, die glauben, eine Herrlichkeit, von der kein Gläubiger im Alten Testament jemals etwas gehört hat. Das war auch nicht möglich, denn damals hatte Gott den Sohn noch nicht gegeben. Da Er aber jetzt seinen eingeborenen Sohn gegeben hat und sein Sohn Ihn durch seinen Weg und sein Werk auf der Erde verherrlicht hat, ist es Gottes Freude, allen, die an seinen eingeborenen Sohn glauben, auf die denkbar herrlichste Weise an allem Anteil zu geben, was von dem Sohn ist.

Nachdem Gott seine Liebe so offenbart hat, sind die Gnadenerweisungen Gottes aufgrund des Werkes seines Sohnes nicht länger auf die Grenzen Israels beschränkt. Wenn Gott sich in seinem Sohn als ein Heiland-Gott offenbart, entspricht es seiner Liebe, dass sich die gute Botschaft an die gesamte Welt richtet. Er hat seinen Sohn nicht als Richter gesandt, sondern als Retter.

An den Sohn glauben oder nicht

Wer den Herrn Jesus im Glauben als Retter annimmt, wird nicht gerichtet. Die Person des Sohnes Gottes ist der große Prüfstein für alle. Es ist überaus ernst, dass das Gericht den trifft, der nicht „an den Namen des eingeborenen Sohnes Gottes“ glaubt. Dadurch liegt der Nachdruck darauf, dass jemand den abweist, der für Gott der einzigartige Sohn ist, auf dem sein ganzes Wohlgefallen ruht. Wer das verachtet, sündigt gegen sein Leben.

Das Gesetz ist für den Menschen nicht der große Prüfstein. Es hat dem Menschen die heiligen Forderungen Gottes vorgestellt, und weil er diese heiligen Forderungen nicht erfüllt hat, ist dadurch die Sünde des Menschen offenbar geworden. Folglich muss das Gericht kommen, ohne dass es irgendeinen Ausweg gibt. Das Gesetz führt nur zum Gericht (Gal 3,10). Der Sohn allerdings bietet einen Ausweg.

Der Mensch wird nicht länger durch das Gesetz, das dem Volk Israel gegebenen war, beurteilt, sondern durch das Licht, das in die Welt gekommen ist. Das Licht macht alles offenbar, nicht nur, wer der Mensch ist, sondern auch, wer Gott ist. Es kommt nun nicht mehr darauf an, das Gesetz zu halten, sondern darauf, dass man sich selbst im Licht sieht und an den Sohn Gottes glaubt.

Das Licht macht die völlige Verdorbenheit des Menschen offenbar, der das Licht bewusst zugunsten der Finsternis ablehnt. Das liegt daran, dass seine Werke böse sind und er nicht davonlassen will. Es geht also nicht nur um Unglauben. Seine Werke sind das große Hindernis, zu glauben. Deshalb wird der Sünder vor dem großen weißen Thron nach seinen Werken gerichtet (Off 20,12), nicht wegen seines Unglaubens. Menschen wollen nicht glauben, weil sie böse Dinge tun und das auch noch gern tun.

Wenn das Licht kommt, das diese Werke bloßstellt, lehnen diese Menschen sich dagegen auf. Sie wollen auf keinen Fall damit aufhören, Böses zu tun. Ihr Hass gegenüber dem Licht wird offenbar. Sie wollen nicht zum Licht kommen, denn das würde bedeuten, dass sie aufhören müssten, Böses und böse Werke zu tun. Sie ziehen es vor, in der Finsternis zu bleiben, um weiterhin Böses tun zu können. Deshalb verwerfen sie das Licht. Wie könnten solche Menschen passend sein, am Erbe der Heiligen in dem Licht teilzuhaben (Kol 1,12)!

Dem Tun des Bösen steht das Tun der Wahrheit gegenüber. Wer die Wahrheit tut, kommt zu dem Licht. Die Wahrheit und das Licht gehören zusammen. In der Wahrheit ist nichts verborgen, alles findet im Licht statt. Wer die Wahrheit tut, zeigt, dass er aus Gott lebt. Sein Leben zeugt davon, dass Gott die Quelle seiner Werke ist. In seinem Leben gibt es nichts, was heimlich getan wird.

Die Jünger des Johannes

Nach der eindrucksvollen Belehrung über die neue Geburt und das ewige Leben folgen wir dem Herrn mit seinen Jüngern in das Land Judäa. Während Er sich dort mit seinen Jüngern aufhält, kommen Menschen zu Ihm, um getauft zu werden. Er tauft nicht selbst, sondern lässt seine Jünger das tun (Joh 4,1; 2).

Während Er Menschen empfängt, die getauft werden wollen, tauft auch Johannes Menschen, und zwar an einem Ort, wo viel Wasser ist. Das ist ein Hinweis, dass die Taufe nicht durch Besprengung stattfand, sondern durch Untertauchen, weil man dafür viel Wasser braucht.

Der Evangelist Johannes berichtet zwischendrin, dass Johannes der Täufer noch nicht ins Gefängnis geworfen worden war. Diese Bemerkung zeigt, dass Johannes ins Gefängnis kam, bevor der Herr Jesus seinen öffentlichen Dienst begann. Der Herr begann damit, als Johannes ins Gefängnis geworfen worden war (Mt 4,12; Mk 1,14; Lk 3,20-23).

Während Johannes Menschen tauft, diskutieren einige seiner Jünger mit einem Juden über die Reinigung. Sowohl die Jünger des Johannes als auch die Juden waren noch an die religiösen Vorschriften gebunden, die zum Leben des Volkes unter dem Gesetz gehörten. Dabei gibt es immer unterschiedliche Auffassungen über die richtige Interpretation bestimmter Handlungen. Hier geht es um ein Reinigungsritual.

Es werden keine Einzelheiten genannt, doch wir wissen, wie viel Wert die Pharisäer in dieser Sache auf ihre Überlieferungen legten (Mt 15,2; 3; Mk 7,3; 4; Lk 11,38; 39). Später werden die Pharisäer immer wieder versuchen, den Herrn in ein solches Streitgespräch hineinzuziehen. Menschen, die Traditionen und Ritualen große Bedeutung beimessen, verteidigen diese Dinge immer mit Wortgefechten. Weil die Jünger des Johannes auch nicht frei davon sind, lassen sie sich dazu verleiten. Der Herr hat niemals einen Wortstreit geführt. Er sprach die Wahrheit.

Nach der Diskussion über die Auffassungsunterschiede zur Reinigung sind es Jünger des Johannes, die einen anderen Unterschied feststellen. Sie sehen, wie der Herr wirkt und wie alle Menschen zu Ihm kommen. Sie kommen zu Johannes als ihrem „Rabbi“ und sagen ihm, was sie gesehen haben.

Sie bezeichnen den Herrn Jesus als den, „der ... bei dir war“ und „dem du Zeugnis gegeben hast“. Mithin hegen sie keine Feindschaft gegen Ihn, wohl sind sie unwissend über Ihn. Sie sehen in Ihm nicht das Lamm Gottes und den Sohn Gottes, obwohl Johannes in dieser Weise doch deutlich über Ihn gesprochen hat (Joh 1,29; 34). Es scheint so, als würden sie den Herrn als Konkurrenten ihres Meisters sehen. In jedem Fall wissen sie nicht, was sie von Ihm und seinem Auftreten halten sollen. In ihrem Denken nimmt Johannes noch einen zu großen Platz ein. Dadurch haben sie keinen Blick für die Herrlichkeit des Sohnes Gottes.

Unterschied zwischen Christus und Johannes

Johannes bezeugt, dass es unmöglich ist, aus sich selbst heraus die Wahrheit über Christus anzunehmen. Um sehen zu können, wer der Herr Jesus ist, müssen die Augen vom Himmel her, das heißt von Gott, geöffnet werden. Es ist unmöglich, dass ein Mensch das ohne eine Offenbarung seitens Gottes annimmt. Es gibt ja niemanden, der Gott sucht (Röm 3,11). Johannes erinnert seine Jünger daran, dass sie selbst gehört haben, wie er gesagt hat: „Ich bin nicht der Christus“, und dass sie auch ihrerseits wieder davon Zeugnis geben, was Johannes über sich gesagt hat.

Seine Jünger wissen auch, dass er vor Christus her gesandt ist. Johannes hat in keiner Weise etwas, was für Christus galt, auf sich bezogen. Er kennt seine Stellung in Beziehung zu Christus. Jeder wahre Diener wird wissen, dass er nur ein Gesandter ist und dass der Zweck seiner Sendung darin besteht, auf den Herrn Jesus hinzuweisen (Apg 26,16; 17). Niemand kann predigen, ohne gesandt zu sein (Röm 10,15).

Nach dem Zeugnis über sich selbst in Verbindung mit Christus spricht Johannes über seine persönliche Beziehung zu Ihm und die Freude, die er daran findet. Er spricht über Ihn als den Bräutigam. Er nennt auch die Braut, ohne zu sagen, wer sie ist. Auch dabei nimmt Johannes der Täufer den richtigen Platz ein. Er weiß, dass er nicht in der innigen Beziehung zu Christus steht wie die Braut.

Wenn er sich selbst auch nicht zur Braut rechnet, hat er doch auch eine besondere Beziehung zu dem Bräutigam, nämlich die eines Freundes. Er ist der Freund des Bräutigams, der sich an allem erfreut, was der Bräutigam sagt (Off 19,7). Als Simeon den Herrn Jesus in seinen Armen hatte, konnte er sagen, dass er in Frieden heimgehen könne, weil seine Augen in dem das Heil gesehen hatten, den er in seinen Armen hielt (Lk 2,28-32). Auf dieselbe Weise kann Johannes sagen, dass seine Freude erfüllt ist, da er nun die Stimme des Bräutigams gehört hat.

Mit dieser vollen Freude im Herzen spricht Johannes das Verlangen aus, dass der Herr Jesus wachsen, er aber abnehmen müsse. Er spricht dabei von sich selbst und sagt es zugleich zu seinen Jüngern. Auch für sie muss er, Johannes, abnehmen und der Herr Jesus muss wachsen. Das ist die Antwort auf die Frage nach dem Unterschied zwischen ihm und dem Herrn, mit der sie zu ihm gekommen sind (Joh 3,26).

So muss jeder Diener zurücktreten, damit in den Herzen derer, denen er dient, der erste Platz und alle Ehre Christus gegeben wird.

Von oben und über allen

In Joh 3,30 geht es um die Praxis, in Joh 3,31 geht es um die Stellung. Nur vom Herrn Jesus kann gesagt werden, dass Er von oben kommt. Er kommt von oben und ist über allen. Wenn Er sich auch so erniedrigt hat, nimmt Er doch immer in allen Dingen den ersten Platz ein (Kol 1,18).

Für Johannes und für jeden Menschen gilt, dass er von der Erde ist und von der Erde redet. Jeder Mensch ist ein Geschöpf und kommt daher aus der Erde hervor. Er kann daher nicht anders, als von einem irdischen Standpunkt aus über die Dinge zu sprechen. Er braucht eine Offenbarung Gottes, um einen Blick für das zu bekommen, was von oben ist, und auch für den, der von oben ist und der über allen ist. Der, der von oben kommt, kommt aus dem Himmel.

Zweimal sagt Johannes, dass der Herr Jesus über allen ist. Er ist hoch erhaben über alles, was auf der Erde ist. Auf der Erde zeugt Er von dem, was Er im Himmel gesehen und gehört hat. Der Himmel ist der Wohnort Gottes. Der Herr Jesus zeugt von Gott als seinem Vater, doch sein Zeugnis nimmt niemand an. Es wird deutlich, dass der Mensch nichts mit dem Himmel zu tun haben kann. Es gibt im Himmel nichts von Gott und dem Vater, was der Sohn nicht gesehen und gehört hätte. Er kann himmlische, ewige, göttliche Dinge bezeugen. Doch wegen der Sünde, in der der Mensch ist, kann der Mensch dieses Zeugnis nicht annehmen.

Wenn jemand sein Zeugnis doch angenommen hat, hat er damit die Tatsache besiegelt, dass Gott wahrhaftig ist. Gott hat ihm das nämlich bekanntgemacht, und er hat es geglaubt. Dies ist das wesentliche Kennzeichen lebendigen Glaubens. Dieser Glaube gründet sich nicht auf verstandesmäßige Überlegungen (vgl. Joh 2,23), sondern auf eine vom Geist Gottes im Herzen und Gewissen gewirkte Überzeugung. Der Sohn ist von Gott gesandt und spricht die Worte Gottes. Wer das gesprochene Zeugnis des Sohnes annimmt, nimmt damit auch die Worte Gottes an.

In allem, was Christus gesprochen hat, ist die völlige Kraft des Heiligen Geistes uneingeschränkt vorhanden. Bei Ihm gibt es nichts, was den Geist hindern könnte, alles, was Gott betrifft, kundzutun. Damit wir alles annehmen können, was Er gesagt hat, gibt Gott seinen Geist nicht in eingeschränktem Maß, sondern in seiner Fülle. Wir haben als Gläubige nicht nur ein bisschen vom Geist empfangen, sondern die Person des Heiligen Geistes (Eph 1,13). Dass wir trotzdem oft die Worte des Herrn Jesus noch wenig verstehen, liegt daran, dass wir noch so viel von unserem Fleisch erwarten.

Der Vater hat den Sohn lieb

Bei aller Herrlichkeit, die in Bezug auf den Sohn bereits bezeugt worden ist, ist er vor allem der, dem die Liebe des Vaters gilt. Der Vater hat den Sohn wegen seiner Liebe zu Ihm zum Eigentümer aller Dinge gemacht. Aufgrund seiner Liebe zu seinem Sohn hat der Vater Ihm alle Dinge in die Hand gegeben, damit alle Dinge durch seine Hand gesegnet werden und Er sie mit seiner Hand leitet. Er ist als der Sohn des Vaters der Erbe aller Dinge. Das geht weit über das hinaus, was Er als Messias in Verbindung mit Israel ist und besitzt.

Nach der Beschreibung der Beziehung der Liebe zwischen dem Vater und dem Sohn wird die Beziehung jedes Menschen zum Sohn vorgestellt. Die Beziehung zum Sohn bestimmt alles, und das für ewig. Wer an den Sohn glaubt, empfängt bereits jetzt den Segen des ewigen Lebens und hat schon jetzt Anteil an allem, was dem Sohn gehört. Wer Ihn jedoch ablehnt, hat an nichts Anteil, außer am Zorn Gottes.

Unglaube oder Ungehorsam wird hier als Ursache dafür genannt, dass jemand das Leben nicht sehen wird und der Zorn Gottes auf ihm bleibt. Ungehorsam bedeutet, dass jemand nicht auf das Wort des Sohnes gehört hat und sich nicht in Ehrfurcht vor Ihm niedergebeugt hat.

Dieser Ungehorsam gegenüber dem Sohn hat zwei Folgen. Die eine Folge ist, dass er das Leben verfehlt; er wird in Ewigkeit kein Teil daran haben. Die andere Folge ist, dass er für ewig teilhat am Zorn Gottes. Dieser Zorn bleibt auf ihm, und das ohne Ende.

Dass jemand das Leben nicht sehen wird, schließt die Allversöhnung definitiv aus. Diese unumstößliche Feststellung lässt keinerlei Raum für die falsche Lehre, dass alle, die verlorengegangen sind, zum guten Schluss auf die eine oder andere Weise doch noch das Leben sehen werden. Der Zorn Gottes bleibt auf jemandem, und das bedeutet, dass der, der verloren ist, als Person weiterexistiert. Es bedeutet auch, dass es unmöglich ist, dass die Seele des Ungläubigen vernichtet wird.

© 2023 Autor G. de Koning

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