Hohelied 6
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Wo ist der Bräutigam?

Nachdem die Braut den Bräutigam auf diese Weise beschrieben hat, bestätigen ihr die Töchter Jerusalems, dass sie die „Schönste unter den Frauen“ ist (Hld 6,1). Die Braut hat sie für ihn begeistert. Nach ihrer beeindruckenden Beschreibung von ihm fragen die Töchter Jerusalems, ob sie dabei helfen können, ihn zu finden. Jetzt bittet die Braut nicht mehr die Töchter Jerusalems um Hilfe, sondern es ist andersherum. Sie fragen sie, wohin sich ihr Geliebter gewandt hat.

Auf eine ähnliche Weise wollten die Jünger Thomas für den Herrn begeistern, indem sie ihm sagten, dass sie Ihn gesehen haben (Joh 20,24; 25a). Genauso können wir andere für Ihn begeistern, indem wir Zeugnis von Ihm ablegen, wer Er für uns ist. Wenn unser Zeugnis echt ist, hat es eine anziehende und werbende Kraft.

Wenn wir begeistert von Ihm erzählen, wird bei anderen der Wunsch entstehen, Ihn auch zu suchen. Das kann das Ergebnis von Bibelvorträgen oder Bibelstunden sein, bei denen Er im Mittelpunkt steht. Wir hören darauf, was andere über Ihn sagen. Das ermutigt uns, mehr darüber herauszufinden, wer Er ist. Er hört auch gern zu, wenn Gläubige über Ihn sprechen. Dann wird Er sich ihnen offenbaren.

Als die Töchter Jerusalems die Braut fragten, wohin sich ihr Geliebter gewandt habe, da weiß die Braut plötzlich, wo er ist (Hld 6,2). Er „ist in seinen Garten hinabgegangen“. Damit meint sie ihr Herz, ihr Leben. Er nannte sie „einen verschlossenen Garten“ (Hld 4,12). Nach einer kurzen Zeit, in der ihre Liebe für ihn nachgelassen und sie ihn deshalb außerhalb ihres Lebens gestellt hat, ist ihr Herz wieder allein für ihn da.

Wenn wir vom Herrn erfüllt sind, wissen wir auch, wo wir Ihn finden. Dann ist unser Herz wie „Würzkrautbeete“, ein Ort der Ruhe und der Frische für Ihn (vgl. Hld 5,13). Er kommt, um sich daran zu erfreuen, was wir für Ihn sind. Obwohl wir Ihn manchmal aus unserem Leben ausschließen, verlässt Er uns niemals wirklich. Auch brauchen wir nicht weit hinauf in den Himmel oder weit hinunter in das Reich des Todes zu gehen, um Ihn zu sehen. Er ist nahe in unserem Mund und in unseren Herzen (5Mo 30,12-14). Er kann aus unserem Interesse verschwinden. Dann zieht Er sich von uns zurück, sodass wir fühlen, dass Er uns fehlt. So bringt Er uns dazu, unsere abgekühlte Liebe für Ihn zu bekennen.

Der Herr weidet nicht nur in „seinem Garten“, der mein Leben darstellt, sondern auch „in den Gärten“, womit das Leben der anderen Gläubigen gemeint ist, die Ihn auch lieben. Für sie ist Er auch das Zentrum in ihrem Leben. Somit weitet sich unser Blick. Wir sehen nicht nur unser eigenes Leben, sondern auch das der anderen in Verbindung mit Ihm.

Mit all diesen Gläubigen möchte Er „weiden“ und „Lilien pflücken“. Er sucht nach Frucht im Leben der Seinen. Er findet diese Frucht, wenn der Heilige Geist in unserem Leben arbeiten kann. Er ist nur an der Frucht des Geistes interessiert, nicht an unseren großen Leistungen. Die Lilien, die Er pflücken möchte, sprechen nicht von beeindruckenden Taten, sondern von Zartheit und Verletzlichkeit mitten in einer harten, dornigen Welt (Hld 2,1; 2). Das sind seine Eigenschaften und er möchte sie gern im Leben der Seinen einsammeln.

Der Braut wird wieder bewusst, dass sie mit ihm verbunden ist und dass er sie liebt (Hld 6,3; vgl. Hld 2,16). Was sie jetzt sagt, geht über das hinaus, was sie vorher in Hohelied 2 gesagt hat (Hld 2,16). Dort hat sie gesagt, dass ihr Geliebter ihr gehört. Sie war immer noch „ich“-zentriert. Aber jetzt verkündet sie zuerst, dass sie zu ihm gehört. Sie hat ihren Blick auf ihn gerichtet. Sie ist durch Erfahrung geistlich gewachsen.

Ein Beweis für geistliches Wachstum ist, wenn das, was ich empfangen habe, immer mehr an die zweite Stelle rückt, und das, was Christus empfangen hat, immer mehr an die erste Stelle rückt. Wir denken dann an die Freude, die Er in unserem Leben erfährt, wenn wir für Ihn leben. Dann sind wir nicht mehr mit uns, sondern mit Ihm beschäftigt. Das bedeutet nicht, dass wir nicht dankbar dafür sind, was wir erhalten haben. Der Punkt ist, dass wir nicht bei den Gaben verweilen, sondern unser Auge von den Gaben weg hin zu dem Geber richten. Das gibt uns auch eine tiefere Zufriedenheit.

Es ist ein Zeichen geistlichen Wachstums, wenn wir darüber nachdenken, was wir dem Herrn Jesus bedeuten, anstatt was Er uns bedeutet. Wir richten unsere Blicke mehr auf Ihn als auf uns selbst. Was Er uns bedeutet hat seinen Ursprung mehr in den Gefühlen, was wir Ihm bedeuten mehr in der Person, die der Grund für diese Gefühle ist. Die Frage sollte nicht sein: „Was kann die andere Person für mich tun“, sondern: „Was bedeute ich der anderen Person?“. Der Herr Jesus dachte niemals an sich. Er dachte immer an die Freude Gottes und an das Wohlergehen der Seinen.

Wenn wir wissen, dass wir Ihm gehören, dann bedeutet das auch, dass wir vollkommen in seiner Verantwortung sind. Er kümmert sich vollkommen um uns. Alles, was in unserem Leben passiert, betrifft Ihn und Er hilft uns. Wenn wir wissen, dass Er unser ist, bedeutet das, dass Er an unserer Seite ist – mit seiner ganzen Liebe und allen seinen Möglichkeiten. Es gibt nichts in unserem Leben, das nicht unter seiner Kontrolle ist.

Deshalb weidet Er „unter den Lilien“. Hier haben wir wieder „die Lilien“. Er ist mitten unter diesen zarten Blumen und Er findet an ihnen Gefallen. Wir sind wie diese Blumen für Ihn. Wir sind zart, wir sind schwach, unfähig und wir haben keine Kraft, irgendetwas zu tun. Aber Er „weidet“ unter ihnen, das heißt, Er findet diesen Ruheort bei ihnen in einer Welt, die keinen Platz für Ihn hat.

Schön, lieblich, furchtbar

Hier spricht wieder der Bräutigam. Jetzt, da die Braut ihn wiedergefunden hat, erklärt er ihr wieder, was sie für ihn bedeutet. Er hat ihr vorher schon einmal gesagt, dass sie schön ist (Hld 4,1). Es ist eine Ermutigung für die Braut, dass sie das wieder hört, nachdem ihre Liebe nachgelassen hatte. Wir müssen auch jedes Mal aus dem Mund des Herrn Jesus hören, was wir Ihm bedeuten, besonders nach einer Zeit, in der unsere Liebe für Ihn schwach gewesen ist. Auf diese Weise ermutigt der Herr Jesus den Apostel Paulus, als er im Gefängnis ist (Apg 23,11).

Die praktische Lektion ist, dass ein Ehemann seiner Frau regelmäßig sagen sollte, dass sie schön ist. Das sollte er nicht nur sagen, wenn sie sich für eine besondere Gelegenheit schön angezogen hat. Es geht darum, dass sie schön ist darin, wer sie ist, und darum, dass sie als Person mit ihren eigenen Fähigkeiten wertgeschätzt wird. Wir müssen das Gleiche auch unseren Kindern und Enkeln persönlich sagen. Wenn ein Kind oder Enkel Emma heißt, sagen wir: „Du bist die schönste Emma auf der ganzen Welt!“

Eine Mutter rief ihren Sohn an. Sie fragte ihn: „Wo bist du, was machst du gerade?“ Der Sohn sagte später: „Meine Mutter interessiert sich nur dafür, wo ich bin und was ich gerade mache. Aber sie fragt mich nicht, wie es mir geht oder wie ich mich fühle.“ Er vermisste das Interesse an ihm als Person. So kann es auch im Umgang mit anderen Gläubigen sein. Wir können das auch tun, wenn wir mehr Interesse daran haben, was sie tun, als wie es ihnen geht.

Die Tatsache, dass der Bräutigam sie „meine Freundin“ nennt, ist auch eine Wiederholung. Er hat sie schon viele Male so genannt (Hld 1,9; 15; Hld 2,2; 10; 13; Hld 4,1; 7; Hld 5,2). Damit sagt er, dass es wieder diese vertraute Beziehung geben kann, die die Freundschaft ausmacht. Er kann mit ihr die persönlichen Gedanken seines Herzens teilen. Das ist Gemeinschaft. Es ist der nächste Schritt in der geistlichen Entwicklung in der Einheit zwischen dem Bräutigam und der Braut.

Der Zweck der Vertraulichkeit ist Gemeinschaft, was zum Wachstum in der Einheit führt. Für uns bedeutet es, dass wir in das Bild des Herrn Jesus verwandelt werden, wenn wir Ihn anschauen (2Kor 3,18). Christus möchte sein Bild in uns erkennen, welches Er in uns gestaltet hat (Gal 4,19). Das ist das Ergebnis von Gemeinschaft, wenn Er sich selbst in uns erkennt. Das kann eintreten, weil Er unser Leben ist.

Mit den Worten „schön“, „lieblich“ und „furchtbar“ gebraucht der Bräutigam drei Bilder. Die Braut ist „schön wie Tirza“. Tirza war die Hauptstadt des Königreiches der zehn Stämme, bevor Omri Samaria zur Hauptstadt machte (1Kön 15,33; 1Kön 16,23; 24). Tirza bedeutet unter anderem „Freude“. Es muss eine schöne Stadt gewesen sein.

Dann vergleicht er ihr liebliches Aussehen mit „Jerusalem“, der Hauptstadt des Königreiches der zwei Stämme. Jerusalem bedeutet „die Feste des Friedens“. In beiden Hauptstädten sehen wir die Herrlichkeit von ganz Israel, wenn die zwölf Stämme ins Land zurückgekehrt sind.

Die Braut ist schön und lieblich für den Bräutigam, aber auch furchtbar für diejenigen, die ihr schaden wollen. Sie ist wie „Kriegsscharen“, um dem Feind zu widerstehen.

Nach einer Jugendstunde über Sexualität anhand der Geschichte Dinas (1Mo 34,1-4) als Beispiel kamen zwei Mädchen zu mir. Sie sahen schön aus. Sie fragten mich, was daran böse sei, wenn man ausgeht, so wie Dina, und gewisse Freundschaften schließt.

Meine Antwort war: „Dann befindet ihr euch auf gefährlichem Gebiet. Jungs können zu euch kommen und sie möchten „etwas“ von euch. Deswegen sind sie dort. Wenn ihr auch dort seid, dann denken sie, dass ihr das Gleiche möchtet.“ „Ja, das ist schon einmal passiert“, sagte eine von ihnen, „aber ich habe Nein gesagt.“ Meine Reaktion war: „Wenn ein Junge die Möglichkeit dazu hatte, dich zu fragen, dann bedeutet das, dass du schon zu weit gegangen bist.“ Solche Mädchen haben nicht das Banner erhoben – das Banner der Liebe des Herrn Jesus (Hld 2,4; Hld 5,10) und sind nicht furchtbar für die Welt, sondern anziehend für die Welt.

Für uns bedeutet es, dass wir der Sünde keine Chance geben, um Raum in unserem Leben zu bekommen, denn sie ist ein Feind. Wir müssen einen klaren Standpunkt gegen die Sünde beziehen. Das trifft auch auf die örtliche Gemeinde zu. Wenn wir der Sünde erlauben, hineinzukommen, dann weicht die Liebe für den Herrn Jesus.

Die Braut ist schön und lieblich und das macht sie anziehend für diejenigen, die mit ihr zusammen sein möchten, und wirkt gleichzeitig als eine abschreckende Macht und Kraft gegenüber denjenigen, die ihr schaden wollen. Es scheint, dass viele Gläubige beide Aspekte verloren haben. Weil wir unseren heiligen Charakter verloren haben, fürchten uns die Menschen nicht mehr. Weil wir unseren lieblichen Charakter verloren haben, geht von uns keine Anziehungskraft mehr aus.

Die Braut wird erneut beschrieben

Wenn wir den Herrn Jesus anschauen, wenn unsere Augen nur auf Ihn gerichtet sind, dann ist es so, als ob unser Blick zu viel für Ihn ist (Hld 6,5). Wenn unsere Gemeinschaft mit Ihm wiederhergestellt ist, richten wir unsere Augen noch mehr auf Ihn als vorher. Sie wandern nicht mehr von Ihm weg hin zu anderen Objekten. Dann sehen wir „Jesus allein“. Es ist so, als ob Ihn das verwirrt. Deshalb kann Er so erstaunt auf den Glauben der Kanaaniterin reagieren. Sie glaubt mit Ausharren daran, dass Er die Macht hat, ihre Tochter zu heilen. Das ruft bei Ihm den Ausruf hervor: „O Frau, dein Glaube ist groß“ (Mt 15,28).

Der Bräutigam ist beeindruckt von ihrer neuerlichen Hingabe. Das bringt ihn dazu, sie wieder zu beschreiben wegen dem, was sie für ihn bedeutet. Er beginnt mit „dein Haar“, dem Symbol ihrer Hingabe. Er sieht die gleiche Treue zu ihm und die gleiche Abhängigkeit von ihm, die er vorher schon beschrieben hat (Hld 4,1b). Es ist eine Wiederholung, aber er sieht, dass die Braut jetzt noch tiefer erfährt, was er über sie sagt. Das ist auch bei einem Gläubigen der Fall, der nach einer Zeit, in der seine Beziehung mit dem Herrn nachgelassen hat, wieder in Gemeinschaft mit Ihm leben möchte.

Was er über die Zähne der Braut sagt, ist auch eine Wiederholung (Hld 6,6; Hld 4,2), aber es ist gleichermaßen nicht bedeutungslos. Auch hier bekommt der Bräutigam ein tieferes Gefühl für die Braut. In Hohelied 4 geht es um „ein Herde geschorener Schafe“ (Hld 4,2). Die Betonung liegt auf frisch „geschoren“. Das weist auf einen Neuanfang hin. Hier geht es um eine „Herde Mutterschafe“ und das weist auf Erwachsensein hin. Es spricht davon, dass der Herr Jesus eine Veränderung wahrnimmt, die geistliches Wachstum zeigt.

Bei „Zähnen“ geht es ums Essen und darum, Nahrung zu zerkleinern, damit sie der Körper aufnehmen kann. Im Bild gesprochen geht es um die Aufnahme und Verwertung geistlicher Nahrung und daraus entsteht geistliche Gesundheit. Die „Zwillinge“ weisen auf geistliche Ausgewogenheit hin. „Keins unter ihnen ist unfruchtbar“ weist darauf hin, dass aus einem ausgeglichenen geistlichen Leben Frucht entsteht.

Wenn wir gesunde geistliche Nahrung zu uns nehmen, das heißt, wenn wir Gottes Wort lesen, dann wissen wir, wann wir etwas zur Ermutigung oder Ermahnung sagen sollen. Wir wissen auch, wann wir Zeit mit unserer Familie verbringen und wann wir woanders hingehen sollen. In jedem Bereich unseres Lebens werden wir unsere Verantwortung in der richtigen Perspektive sehen und erfüllen. Eine Sache geschieht nicht zu Lasten einer anderen.

Der Bräutigam sprach vorher schon von der „Schläfe“ der Braut. Die Schläfen sprechen vom Denken und der Gedankenwelt. Das ist „wie ein Schnittstück eines Granatapfels“ und weist auf überreiche Frucht hin. Die Frucht erkennt man an ihrer Hingabe und davon spricht der „Schleier“.

Wenn wir dem Herrn hingegeben sind, werden die Gedanken an Ihn unsere Gedankenwelt erfüllen. Der Herr kennt unsere Gedanken. Er versteht „meine Gedanken von fern“ (Ps 139,2). Wenn zwei Menschen sich lieben, dann sind sie immer miteinander in Gedanken beschäftigt. Wenn die Liebe abnimmt, dann nehmen auch die Gedanken über den anderen ab. Das betrifft unsere Gedanken über den Herrn Jesus und auch unsere Gedanken über den Ehemann oder die Ehefrau.

In meinen Gedanken muss ich immer in Betracht ziehen, was meine Frau über etwas denkt. So wie ich vor Gott stehe, so stehe ich auch vor meiner Frau. Wir sind eine Einheit. Das trifft zum Beispiel auch zu, wenn der Mann auf der Arbeit und die Frau zu Hause ist. Was der Mann auf der Arbeit zu jemandem sagt, sollte das gleiche sein, wie wenn die Frau anwesend wäre. Das ist ein Schutz für die Ehe und gleichzeitig eine Vertiefung der Ehe. In einer Liebesbeziehung gibt es keine Geheimnisse vor dem anderen.

Sie ist die Einzige

Salomo, der Bräutigam, sagt in diesen Versen, wie einzigartig die Braut für ihn ist. Er hat 700 Ehefrauen und 300 Nebenfrauen (1Kön 11,3). Er erwähnt hier eine Auswahl von „sechzig Königinnen und achtzig Nebenfrauen“ (Hld 6,8). Sie sind wahrscheinlich öfter bei ihm als die anderen Frauen. Dann sind bei ihm noch „Jungfrauen ohne Zahl“.

Es ist klar, dass Salomo buchstäblich gegen Gottes Ordnung verstößt, nämlich, dass die Ehe eine Einheit zwischen einem Mann und einer Frau ist (1Mo 2,21-24). Er verstößt auch gegen das königliche Gesetz (5Mo 17,17). In diesem Kontext geht es allerdings nicht um seine falsche Handlungsweise, sondern um das Bild einer einzigartigen Liebe. Wir können das in ähnlicher Art sehen, wenn der Herr seine Wiederkunft mit der Ankunft eines Diebes vergleicht. Der Vergleich zielt nicht auf den schlechten Charakter des Diebes ab, sondern auf die unerwartete, plötzliche und nicht erwünschte Ankunft des Diebes.

Geistlich gesehen ist die Lehre aus diesen Versen, dass der Herr eine sehr enge Gemeinschaft mit jedem Gläubigen haben möchte und dass seine ganze Liebe auf uns gerichtet ist. Die Gemeinde ist ein Ganzes, aber gleichzeitig besteht sie aus einzelnen Gläubigen, die alle ihre eigene Beziehung mit ihrem Herrn haben. In dieser Beziehung befindet sich nicht jeder Gläubige auf dem gleichen Grad der Zuneigung zu Ihm. Diese Unterschiede spiegeln sich in den Königinnen, Nebenfrauen und Jungfrauen wider.

Das ist auch der Fall bei den verschiedenen Liebesbeziehungen zu dem Herrn, die jeder Gläubige anders erfährt. Die Gläubigen, von denen dieses geliebte Mädchen ein Bild ist, leben im Geist. Christus sieht in ihnen die Merkmale einer „Taube“, dem Symbol des Geistes. Er sieht ein einfältiges Auge bei ihnen, das heißt ein Auge, das nur auf Ihn gerichtet ist. Er sieht sie auch als „vollkommen“ an, oder dass sie völlig von Ihm erfüllt sind. Bei allem in ihrem Leben geht es um Ihn, sie beziehen Ihn bei jeder Sache mit ein.

Prophetisch können wir in den 140 Frauen und den zahllosen Jungfrauen die Städte des Landes sehen, zu denen die Liebe des Herrn Jesus ausgeht (Hld 6,9). Aber eine Stadt übersteigt sie alle und das ist Jerusalem (vgl. Spr 31,29). Er hat eine besondere Liebe zu dieser Stadt. Jerusalem ist die einzige Stadt, weil der Messias als dort geboren gesehen wird (Ps 87,2; 3; 6; Sach 6,12). Jerusalem ist „die Einzige ihrer Mutter“. Die Mutter ist Israel. Alle Städte Israels und alle Städte auf der Welt werden das anerkennen.

Auf diese Stadt hat Er seine Herrlichkeit gelegt und das macht sie vollkommen (Hes 16,14). So ist es bei jedem einzelnen Gläubigen, der sich vollkommen für seine Sache engagiert. Solch eine Person ist „eine Einzige“ für Ihn. Es umgeben Ihn auch andere, die Ihn lieben, aber sie ist einzigartig, die Einzige. Dass sie die Einzige ist, kommt in diesem Vers zweimal zum Ausdruck. Dadurch unterstreicht Er, wie einzigartig sie für Ihn ist.

Sie ist auch „die Auserkorene ihrer Gebärerin“. Jerusalem entstand durch die Treue Gottes. Lange Zeit war die Stadt untreu, nicht rein in ihrer Beziehung zu Gott. Wenn der Messias in die Stadt kommt und sie zu seiner Braut erklärt, wird sie „die Auserkorene“, die auserkorene Stadt sein. Alle ihre Sünden werden weggetan. Sie ist gereinigt worden vom Gericht über das Böse und ist zu einer Stadt geworden, die Ihm völlig hingegeben ist.

Alle, die in einer gewissen Beziehung zu dem Herrn Jesus stehen, aber nicht in der Weise, wie die Braut zu Ihm in Beziehung steht, werden sie in dieser Beziehung anerkennen und sie loben. Darin können wir die zwölf Stämme sehen und die Städte, die sich darin befinden (vgl. Neh 11,1; 2).

Auf die gleiche Weise erfahren hingegebene Gläubige eine gewisse Bewunderung von Menschen, die nicht die gleiche Hingabe haben. Sie lieben den Herrn Jesus und der Herr Jesus liebt sie. Aber ihnen fehlt noch die völlige Hingabe, die andere Gläubige kennzeichnet. Wir können das nicht an den Aktivitäten messen, sondern an dem Grad der Gemeinschaft, die jemand mit dem Herrn Jesus hat.

Wir sehen diesen Unterschied bei Martha und Maria. Bei Martha stehen ihre Aktivitäten für den Herrn an erster Stelle, bei Maria steht der Herr selbst an erster Stelle (Lk 10,38-42). Nachdem Martha das anerkannt hat, dient sie dem Herrn dafür, wer Er ist (Joh 12,2). So kann jeder Gläubige dazu heranwachsen, dass er ein „Einziger“ für den Herrn Jesus wird.

Wer ist sie?

In diesem Vers spricht der Geist durch eine dritte Person, die eine Frage über die Braut stellt. Das können die verschiedenen Gruppen von Frauen aus dem vorausgegangenem Vers sein. Die Frage ist: „Wer ist sie?“ und es geht um die Braut. Die Frage hat vier Teile und jeder richtet die Aufmerksamkeit auf einen besonderen Aspekt ihres Lebens mit dem Bräutigam. Die verschiedenen Aspekte stehen für verschiedene Eindrücke, die die Braut auf den Fragesteller macht.

Der erste Aspekt in ihrer äußeren Erscheinung ist, dass sie aussieht „wie die Morgenröte“. Die Morgenröte kündigt einen neuen Tag und/oder eine neue Zeit an. Die Erfahrungen, die oben im Leben der Braut in ihrer Beziehung mit dem Bräutigam beschrieben werden, führen zu einer neuen Zeit in ihrem Leben. Sie ist in der Gemeinschaft mit dem Bräutigam wiederhergestellt. Das hat sie verändert und erneuert.

So ist es auch in unserem Leben. Vielleicht hatten wir eine Zeit, in der wir matt geworden sind oder vielleicht sogar ein Leben in Sünde geführt haben. Das ist bei den Leuten um uns herum nicht unbemerkt geblieben. Dann hat uns der Herr Jesus dazu geführt, das Schlechte anzuerkennen und uns in der Gemeinschaft zu Ihm wiederhergestellt. Dann sehen wir anders aus. Die Menschen um uns herum nehmen auch Notiz davon. Sie erkennen, dass sozusagen ein neuer Tag in unserem Leben angebrochen ist.

Die Morgenröte (oder Tagesanbruch) weist auf einen Neuanfang im Leben eines Gläubigen hin, der sich wieder dem Herrn anvertraut (vgl. 1Mo 32,24). Die Schatten sind aus seinem Leben verschwunden und es gibt keine Dunkelheit mehr in der Beziehung mit dem Herrn. Es ist der Anfang des Lebens als ein Gerechter, bis die Tageshöhe gekommen ist (Spr 4,18). Das ist der Zweck im Leben eines Gläubigen. Es ist die Manifestation Christi und nichts anderes mehr.

Ein wiederhergestellter Gläubiger ist „schön wie der Mond“. Der Mond hat in sich selbst kein Licht, aber er empfängt das Licht von der Sonne und leitet es weiter. Der Gläubige lebt noch in der Welt, wo es Nacht ist. In der Finsternis der Nacht kann er das Licht der Sonne weitergeben, das heißt Christus. In seinem Leben kann er die Wesensmerkmale des Herrn Jesus in der Finsternis dieser Welt zeigen, die nur ihren eigenen Ruhm und ihre eigene Ehre verfolgt.

Das Licht ist auch „rein wie die Sonne“. Das Sonnenlicht, das der Mond weitergibt, verliert nichts von seiner Reinheit. Der Mond gibt es so weiter, wie er es erhält. Das Sonnenlicht ist „rein“, das bedeutet, dass es verzehrt, was falsch ist, was der Reinheit des Lichts im Wege steht. Wenn zum Beispiel ein unreiner Gedanke hervorkommt, wird er sofort gerichtet.

Schließlich ist ein wiederhergestellter Gläubiger auch „furchtbar wie Kriegsscharen“. Er lebt im Sieg, was durch die Banner ausgedrückt wird. Das versetzt diejenigen, die ihn zum Schweigen bringen wollen, damit er nicht mehr Zeugnis gibt, in Erstaunen. Die folgende Geschichte illustriert das gut.

Ein Mann, der für seinen Glauben verhaftet wurde, erscheint vor Gericht. Der Richter droht ihm an, dass er ihm seinen ganzen Besitz wegnehmen wird, wenn er nicht seinem Glauben abschwört. Der Mann erhebt „seine Banner“ und sagt: „Dann werden sie eine lange Leiter brauchen, denn alles, was ich besitze, ist im Himmel aufbewahrt“. Der Richter versucht es noch einmal. Noch bedrohlicher sagt er ihm, dass er ihm sein Leben nehmen und ihn töten lassen wird. Der Mann erhebt wieder „seine Banner“ und sagt: „Das ist nicht möglich, denn mein Leben ist mit Christus verborgen in Gott“.

Solche Zeugnisse jagen den Feinden Angst ein, auch wenn sie es nicht zeigen. Weltlich gesinnte Menschen wie Lot rufen keine Ehrfurcht hervor. Seine Verteidigung vor den Männern von Sodom, damit sie seinen Gäste nichts antun, beantworten sie mit der Drohung, dass sie ihm etwas antun (1Mo 19,5-9). Sein Zeugnis über das Gericht, das über Sodom kommt, betrachtet man als einen seiner Witzen (1Mo 19,14). Im Gegensatz dazu sehen wir Abraham, den himmlischen Mann. Er versetzt die Armeen zahlreicher Könige in Erstaunen mit einer Armee von 318 Mann. Er besiegt diese Armeen und befreit seinen Neffen Lot (1Mo 14,8-16).

Prophetisch weist die Morgenröte auf das Kommen des Herrn Jesus als „die Sonne der Gerechtigkeit“ (Mal 3,20) hin, um Jerusalem mit seiner Herrlichkeit zu erleuchten (Jes 60,1). Wenn Er erscheint, beginnt ein neuer Tag, eine neue Zeit für Jerusalem. Dieser neue Tag ist die Zeit des Friedensreiches, wovon David prophetisch als von einem „Morgen ohne Wolken“ spricht (2Sam 23,4). Die Todesschatten, die Drohungen der Todfeinde, sind vorüber. Der Schatten über der Beziehung mit dem Herrn Jesus, dem Messias, ist auch vergangen. Es gibt nichts mehr, das zwischen Jerusalem und Ihm Trennung bewirkt.

Alle Nationen werden von dem Wandel, den Jerusalem erfährt, Notiz nehmen. Als Jerusalem zerstört wurde, fragten die Menschen: „Ist das die Stadt, von der man sagte: der Schönheit Vollendung, eine Freude der ganzen Erde?“ (Klgl 2,15b)? Nach ihrer Wiederherstellung wird sie wieder die Vollendung der Schönheit und eine Freude der ganzen Erde sein. Das wird auch zu der überraschten Frage führen: Wer ist sie? Ist das die Stadt, die zum Chaos geworden ist? Wenn Gott sein Werk des Wiederaufbaus getan hat, werden sie sich verwundern und Fragen stellen, weil sich ihr Zustand so enorm gewandelt hat. Vorher Desaster, jetzt Herrlichkeit.

Kurz vor der Morgenröte, vor dem Aufgang der Sonne der Gerechtigkeit, werden wir, die zur Gemeinde gehören, zuerst den Morgenstern aufgehen sehen (2Pet 1,19; Off 2,28; Off 22,16). Wir warten auf Ihn als den aufgehenden Morgenstern. Wir werden die Morgenröte für das Volk Gottes und besonders für Jerusalem nicht auf der Erde erleben, sondern vom Himmel aus. Dann kommt der Herr Jesus mit uns, seiner himmlischen Braut, auf die Erde, um mit ihr zu regieren. Dann beginnt für Jerusalem und den Überrest die Zeit der Herrlichkeit.

Jerusalem wird „schön“ sein „wie der Mond“. Es ist das volle Licht des Mondes. Es geht in erster Linie nicht um die Stellung des Mondes, sondern um seine Helligkeit. Dann wird Israel mit der Sonne bekleidet sein (Off 12,1). Israel wird die höchste Autorität auf der Welt haben und Segen verbreiten. Die Sonne und der Mond sind am Himmel die Zeugen für die Treue Gottes (Ps 89,37; 38). Es gibt nichts, was die Sonne verdunkelt, es gibt nur himmlisches Licht.

Jerusalem, die irdische Braut, ist auch „furchtbar wie Kriegsscharen“ (vgl. Hld 6,6). Es gibt immer noch Feinde am Anfang des Friedensreiches. Das göttliche Licht, das sie verbreiten wird, wird sie im Kampf stark machen. Gott wird ihr die Kraft geben, damit sie die verbleibenden Feinde besiegen kann (Sach 12,6).

Der Bräutigam ging hinab

Hier spricht wieder der Bräutigam. Jetzt vergleicht er seine Braut mit einem „Nussgarten“, der auch Obstbäume enthält. Dorthin ging er „hinab“. Das ist immer der Weg, den der Herr Jesus geht, wenn Er zu seinem Volk kommt. Er beugt sich zu ihnen herunter, Er kommt auf ihre Stufe. Er kommt zu ihnen, um zu sehen, ob es irgendwelche Anzeichen gibt, dass man bald die Frucht essen kann.

Eine Nuss kann man nur essen, wenn die Schale hart ist und man sie aufbrechen kann. Das muss auch mit Vorsicht geschehen, weil sonst die Frucht zusammen mit der Schale zerbrochen wird. Manchmal leben die Gläubigen in so einer Schale. Sie schotten sich selbst von ihrer Umgebung ab und nehmen gegenüber der Welt da draußen eine harte Haltung ein. Nur mit Vorsicht kann man die äußere Form durchbrechen und zu der Frucht gelangen.

Der Herr Jesus sieht die Frucht, aber wir sehen oft nur das harte Äußere. Er kommt nicht zu seinem Nussgarten, um zu erkennen, ob er schon Früchte trägt, sondern um zu sehen, ob es Anzeichen dafür gibt, dass Frucht entsteht. Er kommt, um „die jungen Triebe des Tales zu besehen“. Die jungen Triebe weisen darauf hin, dass die Frucht kommt, dass der Vorgang des Früchtebildens begonnen hat. Es passiert im Tal, an einem verborgenen Ort. Das weist auf tiefe geistliche Übungen hin, die nötig sind, um fruchtbar für Ihn zu werden (Heb 12,11).

Wir können das auch im Leben von jungen Leuten beobachten. Bei manchen stellen wir fest, dass sie für den Herrn Jesus leben wollen. Die ersten Anzeichen von geistlicher Frucht zeigen sich. Wir hören, wie sie Probleme in der Schule und zu Hause besprechen, aber sie auch mit dem Herrn selbst besprechen. Sie sind anwesend bei den Versammlungsstunden der Gläubigen und helfen bei verschiedenen Veranstaltungen mit.

Wir können das Früchtetragen nicht erzwingen. Auch wenn wir manchmal eine „Schale“ erkennen, haben wir nicht immer die Fähigkeit, sie zu durchbrechen. Manchmal wird die Frucht im Keim erstickt und wird weggeworfen. Junge Gläubige sind zarte Pflanzen, die wir sorgsam handhaben sollten. Wir können von der Sorgfalt des Herrn Jesus lernen, wenn Er sorgsam nach dem Wachstumsprozess Ausschau hält.

Dann werden wir ihnen unsere Vorstellungen von Wachstum nicht aufdrängen, sondern nur wie Er auf ihr Niveau herabkommen. Wir können das einfach tun, indem wir Interesse an ihren täglichen Unternehmungen, ihren Fähigkeiten und ihren Plänen zeigen. Wir können mit ihnen teilen, wie der Herr uns geformt hat, und ihnen erklären, welche Geduld Er mit uns hatte.

Dann hält der Herr Jesus Ausschau danach, „ob der Weinstock gesprosst hätte“. Der Weinstock spricht von der Freude. Gibt es Anzeichen in unserem Leben, dass wir unsere Freude in dem Herrn finden? Danach sucht Er. Diese Freude steht in Verbindung mit der Gemeinschaft mit Ihm und dem Vater (1Joh 1,3; 4). Wenn es Zeichen der Gemeinschaft mit dem Vater und dem Sohn gibt, dann „sprosst der Weinstock“.

Daran erkennen wir, „ob die Granatbäume blühten“. Das spricht von Fruchtfülle. Diese Fruchtfülle wird durch den Heiligen Geist hervorgebracht (Gal 5,22; 23). Der Herr Jesus sieht nach, ob der Heilige Geist wirken kann. Das Werk des Heiligen Geistes ist überall dort zu beobachten, wo der Herr Jesus in der Mitte ist. Dann werden seine Eigenschaften in diesem Leben sichtbar. Danach sucht Er und daran möchte Er arbeiten.

Dann hören wir in Hld 6,12, als Antwort auf seinen Besuch im Nussgarten, einen Ausruf der Überraschung. Er sagt: „Unbewusst setzte mich meine Seele auf den Prachtwagen meines willigen Volkes.“ Der Gläubige, bei dem die Frucht für Ihn gerade hervortritt, wird Ihm einen Ehrenplatz in seinem Leben geben und Ihm willig dienen.

Diese spontane Bereitschaft ist sozusagen eine Überraschung für Ihn, etwas, womit Er nicht gerechnet hat. Es ist sicherlich das Ergebnis seines eigenen Werkes im Herzen des Gläubigen. Aber Er drückt es auf diese Weise aus. Damit zeigt Er seine große freudige Wertschätzung für die freiwillige Unterordnung unter seine Herrschaft.

Prophetisch beschreibt es die erwartete Ankunft des Herrn Jesus zu seinem Volk. Die Reaktion seines Volkes tritt sozusagen für Ihn ein, bevor es Ihm bewusst wird. Er hat es in diesem Sinne nicht kommen sehen. Der Herr Jesus sagt dies als ein Mensch (vgl. Mk 13,32). Wenn Er zu seinem Volk kommt, findet Er ein williges Volk vor, das Ihn in Ehrerbietung zur Schau trägt.

Wir sehen das auch im Psalm 110, wo wir ein Volk voller Willigkeit und eine neue Morgenröte finden (Ps 110,2; 3). Willig bedeutet freiwillig, ungezwungen wie auch bei den freiwilligen Opfern. Es handelt sich nicht um das ganze Volk, sondern um einen Überrest. Genauso ist eben heute nicht die ganze Christenheit Ihm hingegeben, sondern nur diejenigen, die Ihn wirklich lieben.

Das ist ein völlig anderes Volk als dasjenige, das Er bei seinem ersten Kommen auf der Erde vorgefunden hat. Damals haben sie Ihn nicht gewollt und lehnten Ihn ab, indem sie immer wieder schrien: „Kreuzige ihn“ (Mt 27,22; 23). Wenn Er wiederkommt, dann werden sie sagen: „Gepriesen sei, der da kommt im Namen des Herrn!“ (Mt 23,38; 39; Ps 118,26).

Deutsches Vers (7,1)

Kehre um

Hier beginnt ein neuer Teil des Buches. Der vorige Abschnitt endet mit der Ankunft des Bräutigams in Jerusalem und damit, wie die Stadt ihn empfängt (Hld 6,12). Hier in Hld 7,1 wird Sulamith gerufen, damit sie umkehrt. Es wird vier Mal gesagt. Hier wird die Braut zum ersten Mal mit ihrem Namen angesprochen. Das ist jetzt möglich, weil sie in ihrer Beziehung mit dem Bräutigam gewachsen ist. Deswegen kann man sie jetzt so nennen. Der Name Sulam hängt mit dem Namen Salomo zusammen. Beide Worte bedeuten „Frieden“. Ihr Name macht deutlich, dass sie zu ihm passt.

Die Töchter Jerusalems bitten sie, dass sie zurückkommt, damit sie sehen können, was mit ihr passiert ist. Deren Interesse an ihr ist durch die Veränderung geweckt worden, die sie bei ihr beobachtet haben. Sie bemerken den Frieden, in dem sie sich jetzt durch ihre Verbindung mit dem Bräutigam befindet. Sie möchten mehr darüber wissen, damit sie besser verstehen können, wie er zustande gekommen ist.

Uns kann es auch passieren, dass die Menschen sehen, dass es Frieden in unserem Leben gibt, während es überall auf der Welt Unfrieden gibt. Wir können das auch auf den Frieden in der Ortsgemeinde anwenden. Man kann uns Fragen darüber stellen, wie es möglich ist, dass wir mit Frieden im Herzen leben. Sie möchten mehr darüber erfahren.

In Hld 7,1b antwortet der Bräutigam auf den Ruf der Töchter Jerusalems. Zuerst fragt er, warum sie Sulamith anschauen, was sie dazu bewegt, dass sie sich danach sehnen, sie anzuschauen. Warum möchten sie das? Dann antwortet er darauf, indem er sagt, wer sie ist: „Die Reigen von Machanaim“.

Die Antwort zeigt, dass es zwei Aspekte ihres Friedens gibt. Der erste ist die Freude und das wird durch den „Reigen“ zum Ausdruck gebracht. Dieser Tanz ist ein Ausdruck der Freude bei einem Befreiungs- oder Siegesereignis (2Mo 15,20; 1Sam 18,6). Der zweite ist die Einheit von „Machanaim“, das bedeutet „zwei Armeen“. Hier können wir an die Wiederherstellung der Einheit zwischen den zwei und den zehn Stämmen im Friedensreich denken, die so lange getrennt voneinander gelebt haben (Hes 37,16-28).

Die völlige Wiederherstellung der Einheit der Gemeinde wird beim Kommen des Herrn Jesus passieren. Aber selbst jetzt ist jede Wiederherstellung der Einheit ein Zeugnis. Wir wünschen uns, dass wir auch mehr von dieser Einheit zeigen und dass rein menschliche Trennungen rückgängig gemacht werden (vgl. Ps 133,1).

© 2023 Autor G. de Koning

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