Kolosser 1
Colossians 1 Kingcomments Bibelstudien

Einleitung

Es gibt zwei Dinge, die diesen Brief auf eine besondere Weise für dich als jungen Gläubigen sehr wertvoll machen. Erstens ist das die Weise, wie die ganze Aufmerksamkeit auf die Herrlichkeit der Person Christi gelenkt wird. Diese Herrlichkeit kommt auf verschiedene Weisen, in verschiedenen Beziehungen, zum Ausdruck. So kannst du Ihn als den Sohn der Liebe des Vaters sehen, in dem die Fülle der Gottheit wohnt (Kol 1,13; 19). Du siehst Ihn auch als den Schöpfer und Erhalter aller Dinge (Kol 1,16; 17). Und du siehst Ihn als den Erlöser und das Haupt seines Leibes, der Gemeinde (Kol 1,14; 18).

Das Zweite ist die Weise, wie das „Geheimnis“ entfaltet wird (Kol 1,27), nämlich als eine Quelle des Trostes (Kol 2,2). Dieses Geheimnis schließt in sich, dass die Gemeinde mit Christus einsgemacht ist. Je mehr du das entdeckst und wertschätzt, desto mehr wird das dein Glaubensleben fördern und dir in einer Umgebung, die davon nichts kennt und auch nichts damit zu tun haben will, Trost geben.

Die Absicht des Briefes besteht darin, dass du über die genannten Dinge Belehrung empfängst und anfängst, darüber nachzudenken. Das Ergebnis ist zweifellos, dass dein Herz und deine Augen mit der Herrlichkeit des Herrn Jesus erfüllt werden. Ich kann dir versichern, dass anschließend deine Seele von Dankbarkeit, Freude und Sicherheit überströmen wird.

Der Brief an die Kolosser ist der dritte Brief, den Paulus (nach dem Epheserbrief und dem Philipperbrief) aus seinem Gefängnis in Rom geschrieben hat. Auch dieser Brief kommt also nicht von einem „Stubengelehrten“. Paulus hat in seinen Umständen Trost und Freude in seiner Seele erfahren, als er über die Herrlichkeit des Herrn Jesus nachdachte und schrieb. Wenn du diesen Brief liest, erlebst auch du das.

Jeder Brief des Paulus ist anlässlich einer Sache, die er bemerkt oder gehört hatte, geschrieben worden. Der Anlass für den Brief an die Kolosser war, dass Paulus von Irrtümern gehört hatte, die in Kolossä Eingang gefunden hatten. Darüber wird Epaphras ihn unterrichtet haben. Es ist nicht ganz klar, um welche Irrtümer es genau geht. Allerdings gibt es einige Hinweise in dem Brief, und zwar in Kapitel 2. Dort liest du zum Beispiel von Philosophie (Kol 2,8), von jüdischen Ritualen (Kol 2,16; 17) und von Engelverehrung (Kol 2,18). Es geht also sowohl um Elemente aus dem Heidentum als auch aus dem Judentum. Es gab nur eine Weise, wie das Böse, das durch diese Irrtümer angerichtet wurde, ungeschehen gemacht werden konnte: durch das Vorstellen der gesamten Herrlichkeit Christi. Wer diese Herrlichkeit kennenlernt, wird kein Bedürfnis mehr spüren, sich mit Irrtümern zu beschäftigen.

Wie gesagt, wird Paulus von den Entwicklungen in der Gemeinde in Kolossä durch Epaphras gehört haben. Dieser treue Diener stand in einer engen Beziehung zu dieser Gemeinde. Aus Kapitel 1 kann man entnehmen, dass die Gemeinde in Kolossä durch die Arbeit dieses Epaphras entstanden war. Er hatte den Kolossern das Evangelium verkündigt (Kol 1,7). Epaphras war selbst ein Kolosser (Kol 4,12). Es war jedoch nicht „seine“ Gemeinde. Allerdings empfand er eine große Verantwortung für sie. Als sich die Irrtümer dann zeigten, sprach er darüber mit Paulus. Dieser hat Papier und Tinte zur Hand genommen und den Gläubigen in Kolossä wegen der Gefahren durch die Irrtümer geschrieben und wie sie sich dagegen wappnen konnten.

Paulus ist selbst nie in Kolossä gewesen (Kol 2,1). Trotzdem hat er nicht gedacht: Es ist die Gemeinde von Epaphras, möge er die Sache behandeln. Paulus war sich bewusst, dass er ein Diener der ganzen Gemeinde war. Dabei war auch er sich bewusst, dass es nicht „seine“ Gemeinde war, sondern die Gemeinde Christi. Gerade dieses Bewusstsein gab ihm eine brennende Liebe für die Gemeinde. Wenn der Feind die Gemeinde angriff, indem er versuchte, dort Irrlehren einzuführen, trat er in Aktion. Denn wer die Gemeinde verwüsten wollte – und Irrlehren sind dafür ein meisterhaftes Mittel –, vergriff sich an Christus selbst. Christus und die Gemeinde sind nämlich eins.

Das hat Paulus im Augenblick seiner Bekehrung gelernt. Er war in dem Augenblick damit beschäftigt, die Gemeinde zu verfolgen. Der Herr Jesus sprach jedoch aus dem Himmel, als Er diesem Verfolger seiner Gemeinde ein Halt zurief: „Saul, Saul, was verfolgst du mich?“ (Apg 9,4). Die Verfolgung der Gemeinde auf der Erde war zugleich die Verfolgung des Herrn Jesus im Himmel. Hier lernst du, dass die Gemeinde auf der Erde und der Herr Jesus im Himmel eins sind, sie bildet einen Leib mit Ihm als dem Haupt. Das wird in diesem Brief das „Geheimnis“ genannt. Ein „Geheimnis“ ist etwas, das im Alten Testament nicht bekannt gemacht war, nun aber der Gemeinde offenbart ist.

Es gibt noch einen Brief, in dem du von dem Geheimnis liest. Das ist der Epheserbrief. Die Weise, wie Paulus über „das Geheimnis“ im Kolosserbrief spricht, unterscheidet sich jedoch von der Art, wie er das im Epheserbrief tut. Es wird dir helfen, den Kolosserbrief besser zu verstehen, wenn ich ein paar Unterschiede nenne. So besteht ein wichtiger Unterschied darin, dass der Kolosserbrief zeigt, dass Christus eins ist mit der Gemeinde auf der Erde, während im Epheserbrief die Gemeinde als eins mit Christus im Himmel vorgestellt wird.

Ein anderer Unterschied ist der, dass der Christ im Kolosserbrief als mit Christus auferstanden gesehen wird, aber nicht in Ihm in den Himmel versetzt, wie im Epheserbrief. Das wird dadurch unterstrichen, dass den Kolossern gesagt wird, dass für sie eine Hoffnung in den Himmeln aufgehoben ist (Kol 1,5). Das bedeutet nämlich, dass sie nicht als im Himmel gesehen werden, wie im Brief an die Epheser; hier werden sie in ihrem Leben auf der Erde gesehen. Du kannst das auch aus der Ermahnung des Paulus schlussfolgern, dass sie ihr Sinnen und Fühlen auf die Dinge richten sollen, die droben sind, und nicht auf die Dinge, die auf der Erde sind (Kol 3,1; 2).

Noch ein Unterschied ist, dass der Kolosserbrief die Fülle offenbart, die in Christus ist (Kol 1,19; Kol 2,9), und unsere Vollkommenheit in Ihm (Kol 2,10), während im Epheserbrief die Vorrechte des Leibes dargelegt werden.

Als Letztes weise ich noch auf die Tatsache hin, dass im Kolosserbrief die Betonung auf Christus selbst als unserem Leben liegt. Im Epheserbrief hingegen liegt der Nachdruck mehr auf dem Geist, der im Kolosserbrief lediglich ein einziges Mal erwähnt wird (Kol 1,8).

Indem du so Briefe miteinander vergleichst, bekommst du stets mehr einen Blick für das einzigartige Kennzeichen, das jeder Brief hat. Ich habe in der Einleitung meines Kommentars zum Epheserbrief einige Briefe miteinander verglichen, indem ich eine Parallele zu der Reise Israels aus Ägypten durch die Wüste ins gelobte Land gezogen habe. Du kannst das dort noch einmal nachlesen. In diesem Vergleich habe ich den Kolosserbrief nicht erwähnt. Man könnte diesen Brief zwischen dem Römerbrief und dem Epheserbrief einordnen. Der Römerbrief handelt von der Befreiung aus der Knechtschaft der Sünde (im Bild: aus Ägypten) durch das Werk Christi. Der Epheserbrief handelt vom Eingehen in die Segnungen in den himmlischen Örtern (im Bild: die Segnungen des Landes Kanaan) in Christus. Der Kolosserbrief sieht den Christen als befreit aus der Knechtschaft der Sünde und verbunden mit Christus. Den Segen der himmlischen Örter genießt er jedoch noch nicht, denn er ist noch auf der Erde. In diesem Brief ist von der Beschneidung des Christus die Rede (Kol 2,11). Das erinnert an die Beschneidung des Volkes Israel, als es durch den Jordan gezogen war (Jos 5,1-9). Die Israeliten waren zwar im Land, hatten allerdings noch nicht gekämpft. Sie mussten das Land noch erobern.

Die Beschneidung des Christus spricht von dem Gericht, das Er für dich am Kreuz erlitten hat. Weil du das glaubst, bist du jetzt frei, seine Herrlichkeit zu genießen, die in diesem Brief auf vortreffliche Weise beschrieben wird. Ich hoffe und bete dafür, dass du dies in vollen Zügen tun wirst.

Segenswunsch und Danksagung

Kol 1,1. Paulus stellt sich als Apostel vor. Er war kein Apostel, weil er sich das selbst angemaßt oder weil ihn jemand dazu überredet hätte. Es war auch keine Beschäftigung, die er sich selbst ausgesucht hätte oder wozu Menschen ihn angeleitet hätten. Hinter seiner Apostelschaft stand Gott. Gott wollte, dass er Apostel wäre, und das gab seiner Apostelschaft Autorität. Wer sich dieser Autorität widersetzte, widersetzte sich in Wirklichkeit Gott. Die Betonung seiner Apostelschaft zu Anfang des Briefes war nötig, weil solch wichtige Dinge auf dem Spiel standen. Paulus verkündigte nicht seine Meinung zu diesen Dingen, sondern Gottes Wahrheit. Darauf zu hören, bedeutete Wiederherstellung von Irrtümern und neue Ehrerweisung Gott gegenüber. Dem ungehorsam zu sein, bedeutete das Verderben des Glaubenslebens.

Es war nicht nur Autorität, durch die Paulus über den Gläubigen stand, so dass er ihnen Befehle geben konnte. Als Mitabsender nennt er Timotheus und stellt ihn als „den Bruder“ vor. Timotheus ist der Bruder des Paulus und der Kolosser und ist damit sozusagen das Bindeglied zwischen Paulus und den Kolossern. Paulus steht als Apostel über ihnen, als Bruder ist er jedoch einer von ihnen. Die Verbundenheit als Brüder gibt die richtige Atmosphäre zur Ausübung seiner Autorität. Wenn Autorität in diesem Bewusstsein ausgeübt wird, wird es keine Herrschsucht geben, sondern Dienst (vgl. 1Pet 5,1-4; Lk 22,24-27; Joh 13,13-16).

Kol 1,2. Danach spricht er die Kolosser als „heilige und treue Brüder in Christus“ an. Mit „Brüder“ meint er sowohl die Brüder als auch die Schwestern. Dieses Wort bezeichnet das Familienband, das die Gläubigen miteinander haben, und es weist auf den Wandel in gegenseitiger Gemeinschaft hin. Das Familienband der Kolosser hatte noch ein paar besondere Kennzeichen. Es war eine „heilige“ Familie, die Gott für sich selbst abgesondert hatte. Es war auch eine „treue“ Familie. Das bezieht sich mehr auf ihre Praxis. Ihre Stellung vor Gott und die Praxis ihres Glaubenslebens stimmten überein. Du musst beide Kennzeichen besitzen, um in der Lage zu sein, die Wahrheit dieses Briefes zu verstehen.

Diesen Kennzeichen fügt Paulus noch „in Christus ... in Kolossä“ hinzu. Einerseits erkennst du daran, dass die Familienbeziehung geistlicher Natur ist; Christus ist das „Verbindungselement“. Andererseits ist es eine Beziehung, die auf der Erde, am Ort Kolossä, erlebt wird. Ich hoffe, dass für den Namen „Kolossä“ auch der Name der örtlichen Gemeinde eingesetzt werden kann, der du angehörst. Ob das so ist, kannst du selbst beurteilen.

Nachdem er die Absender vorgestellt und die Adressaten genannt hat, hat er einen Wunsch für die Kolosser. Er wünscht Ihnen Gnade, das heißt, dass sie bewusst aus der Gnade leben sollten, die ihnen gegeben worden war. Aus Gnaden leben bedeutet, nichts von sich, sondern alles von Gott zu erwarten. Die Folge wird „Friede“ sein. Wer in allem auf Gott rechnet, hat beständigen Frieden in der Seele. Er wünscht ihnen das von „Gott, unserem Vater“. Gott ist die Quelle der Gnade und des Friedens. Indem er über Ihn als „unseren“ Vater spricht, betont er noch einmal das Familienband, das er mit den Kolossern hat.

Kol 1,3. Nach der Einleitung beginnt Paulus mit seinem eigentlichen Brief. Seine ersten Worte müssen den Kolossern gut getan haben. Würdest du es nicht ermutigend finden, wenn jemand zu dir sagte, dass er immer für dich dankt, wenn er im Gebet ist? Dankst du selbst auch für andere? Du hast eine besondere Verbindung zu Gläubigen, für die du dankst. Du bist dann auch feinfühlig, was ihren geistlichen Zustand betrifft. Sobald sich in ihrem geistlichen Zustand etwas zum Schlechten verändert, wirst du für sie beten, gerade weil du merkst, dass dein Dank für sie unter Druck gerät.

Ein Wort der Ermahnung wird eher von jemandem angenommen, von dem du weißt, dass er oder sie für dich dankt. Wenn Dinge in jemandes Leben hineinkommen, die deinen Dank für ihn vermindern würden, wird das der Grund sein, um ihn darauf anzusprechen. So geht Paulus hier zu Werke. Er hatte einen vertrauten Umgang mit Gott, den er als „den Gott und Vater unseres Herrn Jesus Christus“ kannte. Durch das Wort „unser“ legt er wieder die Betonung auf seine Gemeinschaft mit den Kolossern, sowohl in ihrer aller Beziehung zu Gott dem Vater als auch zu dem Herrn Jesus. Damit bringt er die Gemeinschaft, die sie haben, auf ein göttliches Niveau. Das ist die Sphäre, in der er sich aufhält und von der aus er sie anspricht. In seinem Brief kommt er sozusagen umgeben vom Duft des Heiligtums zu ihnen. Diesen will er sie riechen und schmecken lassen, damit sie alles loslassen, was nicht dazu passt.

Kol 1,4. In den Kol 1,4-6 fasst der Apostel eine Reihe Gründe für seinen Dank zusammen. Erst danach spricht er (ab Kol 1,9) über die Themen, für die er betet. Er hatte sie nie gesehen. Andere hatten ihm von ihrem Glauben und ihrer Liebe berichtet. Bessere Beweise dafür, dass sie die göttliche Natur besaßen, konnte er sich nicht wünschen. Sie bezeugten den Herrn Jesus. Das geschah nicht im Verborgenen. Nirgends im Neuen Testament werden wir dazu aufgerufen, unseren Glauben für uns zu behalten oder eine Art geheimer Jüngerschaft zu praktizieren. Wer wirklich bekehrt ist, wird das öffentlich bezeugen.

Von ihrem Glauben heißt es, dass er „an [oder: in] Christus Jesus“ war. Es gibt sehr viele Menschen, die behaupten zu „glauben“. Ausschlaggebend ist natürlich, an wen man glaubt (vgl. 2Tim 1,12). Was die Kolosser betrifft, war das überhaupt keine Frage. Wissen die Menschen in deiner Umgebung auch, an wen du glaubst? Glaube an Menschen oder Träume oder Gefühle geben keine Sicherheit für jemandes Glauben.

Wenn Glaube an Christus vorhanden ist, wird das mit der Liebe zu allen Gläubigen verbunden sein. Auch das wurde von den Kolossern bezeugt. Es ist nicht möglich, Gott zu lieben und seinen Bruder zu hassen (1Joh 4,20). Die Vertikale und die Horizontale gehören zusammen. Nur Gott kennt alle Heiligen. Sobald wir einen Heiligen (einen wahren Christen) kennenlernen, haben wir ihn lieb. Nicht, weil er nett ist, sondern weil er Christus angehört. Ihre Liebe war nicht sektiererisch, beschränkt auf eine auserlesene Gruppe, sondern umfasste alle Heiligen. Ihre Liebe galt all denen, auf die sich die Liebe Gottes erstreckt. Sie hatten nicht nur die Gläubigen der örtlichen Gemeinschaft lieb, sondern alle Gläubigen, wo immer sie wohnten. Dieses Vorbild ist es wert, dass du und ich es nachahmen.

Kol 1,5. Nach „Glauben“ und „Liebe“ spricht Paulus über die Hoffnung. Hier hast du den bekannten Drilling (siehe auch 1Kor 13,13; 1Thes 1,3; 1Thes 5,8). Die Hoffnung gab ihrem Glauben und ihrer Liebe Inhalt, sie war der Anreiz dazu. Es gibt kein stärkeres Motiv für den Glauben an den Herrn Jesus und für die Liebe zu allen Heiligen, als die Hoffnung, die in den Himmeln aufgehoben ist. Paulus dankt Gott, dass Er diese neue Gemeinschaft von Gläubigen mit dem Himmel verbunden hatte. Wenn du an die Hoffnung in den Himmeln denkst, wird dein Herz mit dem Inhalt dieser Hoffnung erfüllt werden, das ist der Herr Jesus. Das wird dann wieder zur Folge haben, dass du alle liebst, nach denen sich das Herz des Herrn Jesus sehnt.

Die Hoffnung machte einen Teil des Evangeliums aus, das ihnen gepredigt worden war. Die Auswirkung des Evangeliums betrifft nicht nur das Hier und Jetzt, die Befreiung aus der Macht der Sünde. Das Evangelium hat auch Bedeutung für die Zukunft, für den Eingang in die ewige Herrlichkeit. Wie könnte es auch anders sein? Christus ist dort, und wir sind erlöst, um bei Ihm zu sein. Wir bleiben nicht immer in dieser Welt und haben hier auch nicht unser Zuhause. Wir haben eine Hoffnung. Diese Hoffnung erleuchtet unseren Weg durch die Welt.

Die Hoffnung im Himmel gab also den Kolossern – und gibt dir und mir – einen gewaltigen Ansporn, unsere Mitgläubigen zu lieben. Wir werden mit allen Kindern Gottes ewig bei dem Herrn Jesus im Himmel sein. Wenn diese Hoffnung in dir lebendig ist, wirst du auch darauf achten, mit einem Mitgläubigen keinen Streit zu haben. Als dir das Evangelium verkündigt wurde, hast du da auch von dieser Hoffnung gehört? Das war bei den Kolossern offensichtlich der Fall. Ich kann mich in meinem Fall nicht daran erinnern. Doch es ist mir inzwischen deutlich geworden, dass die Hoffnung im Himmel unlösbar mit dem „Wort der Wahrheit des Evangeliums“ verbunden ist. Dieser Ausdruck zeigt, dass das Evangelium eine reine, nicht mit menschlichen Elementen vermischte frohe Botschaft Gottes an den Menschen ist. So ist es zu ihnen gekommen, und das haben sie geglaubt, und das hat sie gerettet. Es ist so, als würde Paulus hier schon sagen (worauf er später näher eingeht): Wenn ihr das wisst, wie könnt ihr euch dann für die griechische Philosophie und für jüdische Überlieferungen öffnen? Wurde jemals eine Philosophie in der Welt als frohe Botschaft verkündigt, durch die Menschen errettet wurden, neues Leben bekamen und Frucht gebracht haben?

Lies noch einmal Kolosser 1,1–5.

Frage oder Aufgabe: Danke für eine Reihe schöner Kennzeichen deiner Geschwister, wenn du für sie betest.

„Die Wahrheit des Evangeliums“

Kol 1,6. Wir wollen uns einmal genau die Kennzeichen des Evangeliums ansehen. Erstens hast du gesehen, dass es mit der Hoffnung zu tun hat, also mit der Zukunft. Ein zweites Kennzeichen ist, dass diese frohe Botschaft nicht auf das jüdische Volk beschränkt blieb. Das Evangelium hatte sie, die Kolosser, die in der Welt waren, erreicht und dich doch auch. Es war „zu ihnen gekommen“. Das steht da so, als ginge es um eine Person, die irgendwo eintritt. Und das ist eigentlich auch so, denn im Evangelium wird Christus vorgestellt. Das dritte Kennzeichen ist, dass es überall in der Welt, wo auch immer Gläubige sind, Frucht bringt. Was das Evangelium in Kolossä bewirkte, ist überall in der Welt, bei jedem Gläubigen, zu sehen.

Das Evangelium hat dich mit Gott in Verbindung gebracht. Folglich bewirkt es in dir ebenfalls Frucht für Gott. Das Evangelium war zunächst der Same, der in dem Augenblick, als du es hörtest und glaubtest, in dir das ewige Leben erweckte. Dadurch bist du eine Frucht des Evangeliums für Gott. Danach ist das Evangelium der Same geworden, der in deinem Leben Frucht hervorbringt. Diese Frucht ist ebenfalls für Gott. Du musst zuerst eine Frucht sein, um Frucht hervorbringen zu können. Wo das Evangelium angenommen ist, siehst du Frucht und Wachstum und keinen Stillstand oder Rückgang. Das ist der große Unterschied zwischen dem Christentum und allen anderen Religionen und insbesondere dem jüdischen System. Alle Religionen fordern Frucht von einem Menschen, ohne dass er sich innerlich verändert. Das Christentum hingegen bringt zuerst eine innere Veränderung durch Bekehrung und neues Leben, und danach werden Frucht und Wachstum sichtbar.

Das Evangelium, das gepredigt wird, ist in sich vollkommen. Das darf man nicht anreichern oder verbessern oder einfacher machen wollen. Es kann durch nichts angereichert oder verbessert werden. Was reicher und besser werden kann, ist das Fruchttragen und das Wachstum. Die Verkündigung des Evangeliums ist Gottes Seite, Fruchttragen und Wachstum ist deine Seite. Man kann dem Fruchttragen und Wachsen dadurch im Weg stehen, dass man allerlei Dinge im Leben zulässt, die der Herr nicht will. Das geschieht, wenn du die „Gnade Gottes“, die du „in Wahrheit erkannt“ hast, vergisst. Kannst du dich noch daran erinnern, wie du mit deinen Sünden zum Kreuz gegangen bist? Da erkanntest du, dass du nur durch die Gnade Gottes gerettet werden konntest. Du erkanntest, dass die Wahrheit Gottes auch auf dich zutrifft, wenn Er erklärt: „... denn alle haben gesündigt und erreichen nicht die Herrlichkeit Gottes“ (Röm 3,23). Du erkanntest auch seine Erlösung in Christus, die Er dir in Gnaden anbot. Du bist bekehrt, hast ewiges Leben und bist in der Lage, Frucht zu tragen und zu wachsen. Wundere dich weiterhin über die Gnade Gottes, die du aufrichtig erkannt hast. Du hattest kein Recht darauf. Sie ist ein Geschenk aus dem Himmel. Dann wirst du schnell genug durchschauen, wenn Dinge in dein Leben kommen, die den Prozess des Fruchttragens und Wachsens verzögern oder sogar verhindern.

Kol 1,7. Die Menschen, die unter den Kolossern Einfluss bekommen wollten, lehrten Dinge, die im Gegensatz zu den Unterweisungen von Epaphras standen. Wenn ihre böse Absicht gelingen würde, wäre es bei den Kolossern mit Fruchttragen und Wachsen vorbei. Epaphras hatte ihnen ein reines Evangelium gebracht. Er war das Mittel zu ihrer Bekehrung. Ohne jegliche Eifersucht erwähnt Paulus den Dienst, den Epaphras dort getan hatte. Paulus unterstreicht damit die Richtigkeit dessen, was Epaphras lehrte. Er spricht über das Evangelium als eine „Lehre“. Das ist es auch. Es ist kein Dogma, sondern eine Lehre, die Leben bedeutet. Nicht nur bei der Wiedergeburt, sondern in allem, was dieses Leben danach beinhaltet. Eine schöne Umschreibung dieser Lehre kannst du in Titus 2 (Tit 2,10-15) nachlesen.

Außer der Lehre des Epaphras betont Paulus auch seine Zusammenarbeit mit ihm. Er nennt ihn „unseren geliebten Mitknecht“. Paulus stellt Epaphras auf eine Stufe mit sich und Timotheus und gibt durch das Wort „geliebt“1 seiner besonderen Verbundenheit mit Epaphras Ausdruck. Wenn Diener so übereinander reden, sich so begegnen, dann wird dem niedrigen Gedanken an Konkurrenz kein Raum gegeben. Paulus rühmt auch die Treue des Epaphras in seinem Dienst für Christus. Treue ist die allerwichtigste Eigenschaft für jeden Dienst, der für den Herrn getan wird (1Kor 4,2). Der Herr belohnt nicht eine Gabe oder den Erfolg, sondern die Treue (Mt 25,11). Das sollte für dich und mich ein großer Ansporn sein, ganz für Ihn zu leben und nicht neidisch auf das zu sein, was andere tun.

Kol 1,8. Sein treuer Dienst für Christus äußerte sich in seiner Sorge für die Kolosser. Sein Dienst hörte mit der Predigt des Evangeliums nicht auf. Er verrichtete auch Nachsorge. Da er die Gefahr aufkommen sah, dass sie von Christus abweichen würden, hat er Paulus und Timotheus aufgesucht. Er hat nicht nur über die Irrtümer gesprochen, die Eingang zu finden drohten. Er hat auch von der tiefen, aufrichtigen christlichen Liebe der Kolosser berichtet, deren Quelle der Geist war. Das war zugleich der Beweis dafür, dass es für Korrektur noch nicht zu spät war. Der Geist wirkte noch echt an ihnen.

Kol 1,9. Nach dieser Einleitung voller Dank teilt Paulus ihnen mit, dass er ab dem Augenblick, als er von ihrer Bekehrung hörte, beständig für sie betete. Hier siehst du die beste Weise, dein geistliches Interesse an bestimmten Gläubigen lebendig zu erhalten. Paulus teilt ihnen auch den Inhalt seines Gebetes für sie mit. Daraus kannst du lernen, wie und was man für andere beten kann.

Unser Beten und Bitten hat mit unserer Sicht auf Gottes Interesse an seinen Kinder zu tun. Wenn wir uns mehr bewusst wären, wie Gott zutiefst an all den Seinen interessiert ist, würden wir dann nicht mehr für sie beten und weniger an unsere eigenen Probleme denken? Wir gleichen oft mehr dem Abraham, der für sich bat: „... was willst du mir geben“ (1Mo 15,2), als dem Abraham, der vor dem Herrn stand, Ihn anbetete und für andere bat (1Mo 18,23-33). Paulus gleicht mehr Letzterem.

Als Erstes betet er dafür, dass sie Gottes Willen völlig kennenlernen und damit erfüllt würden. Mit weniger ist der Apostel nicht zufrieden. Der Wille Gottes sollte ihr ganzes Denken und ihr ganzes Blickfeld ausfüllen. Dann gibt es keinen Platz mehr für unseren Willen oder für aufkommende Irrtümer. Allerdings ist das Tun des Willens Gottes keine Sache blinden Gehorsams. Deswegen bittet der Apostel anschließend um alle Weisheit und geistliche Einsicht. Das befähigt dich, in der richtigen Weise und mit geistlichem Unterscheidungsvermögen den Willen Gottes in deinem Leben auszuführen.

Lies noch einmal Kolosser 1,6–9.

Frage oder Aufgabe: Welche Glaubenswahrheiten sind mit dem Evangelium verbunden?

Würdig des Herrn wandeln

Kol 1,10. Mit diesem Vers kommen wir zum Kern des Briefes. Es geht darum, „würdig des Herrn zu wandeln“.2 Das wird nicht zu einer erlesenen Gruppe, zu Superchristen gesagt, sondern zu allen Christen. Es ist auch nicht ein Konzept, das zur Bildung geschulter Prediger führt, die in der Lage sind, ihre Kenntnis großen Gruppen von Menschen zu vermitteln. Nein, es ist ein Auftrag, der für jeden Gläubigen höchste Priorität haben muss. Du wirst hier zu einem Wandel in Übereinstimmung mit der Würde des Herrn aufgerufen. Daher musst du die Würde auch gut kennen. Nun, sie wird ab Kol 1,16 ausführlich vor dir ausgebreitet.

Dass Er „Herr“ genannt wird, bringt dich in Beziehung zu der Stellung, die der Herr Jesus jetzt einnimmt, eine Stellung, die Er von Gott bekommen hat (Apg 2,36). Außer der Kenntnis seiner Würde ist es also auch wichtig, dass du seine Rechte als Herr in jedem Bereich deines Lebens anerkennst. Das Kennen seiner Würde und die Anerkennung seiner Herrschaft haben zur Folge, dass dein ganzer Wandel ein Wohlgefallen für Gott sein wird. Gott wird in solch einem Wandel das Bild seines Sohnes wiedererkennen. Darüber freut Er sich.

Und jetzt sollst du sehen, welche anderen großartigen Auswirkungen ein solcher Wandel hat. Zunächst ist die Rede von „jedem guten Werk“. Das kannst du als eine artenreiche Frucht verstehen; jedes gute Werk ist eine bestimmte Frucht. Die Frucht, das gute Werk, ist das Ergebnis deiner Verbindung mit dem Herrn Jesus als dem wahren Weinstock (Joh 15,5). Manchmal ist man schon froh, wenn man einmal ein gutes Werk tut. Aber damit ist Gott nicht zufrieden. Er gibt dir all die Mittel, die nötig sind, damit du jedes gute Werk tun kannst. Diese Mittel gebrauchst du, wenn du die vorigen und die folgenden Verse in dich aufnimmst und sie in deinem Leben wirken lässt. Wenn Gott dich so überreich mit diesen Mitteln ausstattet, darfst du nicht damit zufrieden sein, ab und zu etwas Gutes zu tun.

Genau wie in Kol 1,6 folgt auch hier auf das Fruchttragen das Wachstum. Beim Fruchttragen denkt man mehr an den Genuss dessen, für den die Frucht bestimmt ist. Das steht daher auch an erster Stelle. Bei Wachstum denkt man an Leben, das sich entwickelt, an einen Prozess der Zunahme, der Reifung. Dabei geht es um den Gläubigen. Es geht hier nicht um Wachstum in der Erkenntnis Gottes, sondern um Wachstum durch die Erkenntnis Gottes, die vorhanden ist. Wenn wir das in unserem Leben anwenden, was wir von Ihm kennen, werden wir wachsen. Es ist daher Unsinn, wenn du die Behauptung hörst, dass es um das praktische Christenleben geht und dass Erkenntnis nicht wichtig sei. Ohne Erkenntnis ist es überhaupt nicht möglich, im Glauben zu wachsen und das Christsein in die Praxis umzusetzen. Es ist übrigens sowieso ein Irrtum, zu unterstellen, dass du etwas praktisch umsetzen kannst, ohne dass du weißt, wie das geht. Das gilt für das gesellschaftliche Leben genauso gut wie für das geistliche Leben.

Kol 1,11. In der Gesellschaft siehst du auch, dass Menschen, die mit Sachkenntnis sprechen, Kraft ausstrahlen. Deine Kraft, des Herrn würdig zu wandeln, liegt in der Erkenntnis Gottes. Je besser du Gott kennst, desto weniger bist du für Widerstand und allerlei Irrtümer anfällig. Du bist mit „aller Kraft“ gekräftigt; es ist Kraft da, jede Form von Widerstand zu überwinden. Das ist keine Kraft aus einer irdischen, menschlichen Quelle. Dann gäbe es keine Garantie für den Sieg. Nein, deine Kraft kommt aus der himmlischen Herrlichkeit, aus der Herrlichkeit Gottes, der Herrlichkeit des Herrn Jesus. Das ist die Quelle, mit der du in Verbindung gebracht bist und dagegen richtet nichts etwas aus.

Diese Kraft ist nicht nur heftigen Angriffen gewachsen, sondern auch lang andauernden Angriffen. Solange du auf der Erde bist, wird es Widerstand geben. Das Gewaltige dieser Kraft ist, dass du dadurch auch alles ertragen kannst! Und während du ausharrst, bleibst du geduldig und bist du sogar freudig. Das erlebst du nicht bei Menschen, die Christus nicht kennen. Vielleicht haben sie ein enormes Durchhaltevermögen und können viele Angriffe wegstecken. Die Geduld ist jedoch irgendwann zu Ende, von Freude ganz zu schweigen. Der Christ, der mit seinem ganzen Herzen auf Christus ausgerichtet ist, ist in der Lage, statt ungeduldig danach zu verlangen, von Leiden erlöst zu werden, Leiden mit Geduld und sogar mit Freude zu ertragen (1Pet 1,6-9). Das ist das Wunder echter Kraft; sie besteht nicht im Vollbringen von Heldentaten in Form von Wundern und Zeichen wie Heilungen, Auferweckungen und Teufelsaustreibungen. Du wirst mit aller Kraft gekräftigt – die Norm dafür ist Christus in der Herrlichkeit –, um geduldig und verträglich in einer Welt zu sein, wo du in deinem Leben mit Gott Bedrängnis und Leiden durchmachst. Es gibt keinen deutlicheren Beweis der Kraft, als genau diese Haltung.

Kol 1,12. Ein Wandel in dieser Haltung gibt Freude. Diese Freude richtet sich zum Vater und äußert sich in Dank Ihm gegenüber. Dadurch wirst du über die Umstände erhoben. Deine Gedanken werden auf das gerichtet, was der Vater mit dir getan hat und was Er dir gegeben hat. Wenn du das siehst, kannst du gar nicht anders, als Ihm zu danken. Er hat dich jetzt schon fähig gemacht, gemeinsam mit allen Heiligen, die zur Gemeinde gehören, das Erbteil im Licht der Gegenwart Gottes zu genießen. Das ist doch wohl etwas! Hier steht nicht, dass Er dich einmal fähig machen wird. Hier steht auch nicht, dass du es zwar bist, aber noch weiter darin wachsen musst. Darum geht es überhaupt nicht. Deine Befähigung ist eine feststehende Tatsache. Du hast sie durch die neue Natur bekommen. Du bist aus Gott geboren, du hast die Natur Gottes bekommen, und dadurch kannst du im Licht Gottes sein.

Allerdings liegt das Erbteil in der Zukunft. Petrus spricht ebenfalls darüber (1Pet 1,3; 4). Das Erbteil ist das, was der Herr Jesus besitzen wird, wenn Er über alle Dinge regieren wird. Du darfst dann mit Ihm regieren. Du erbst von Gott als sein Kind (Röm 8,17), das heißt, dass du dein Erbteil von deinem Vater empfängst. Der Vater, der dir das Recht auf das Erbteil gegeben hat, hat dich darauf vorbereitet, es zu empfangen und zu genießen.

Kol 1,13. Es musste allerdings etwas mit dir geschehen, wodurch du fähig wurdest, Anteil an diesem Erbteil zu bekommen! Du gehörtest nämlich erst einmal gar nicht zum Licht, sondern zum Gegenteil, zur Finsternis. Du warst in ihrer Macht, die Finsternis hielt dich gefangen. Der Fürst der Finsternis, Satan, war dein Herr. Wer in der Finsternis sitzt, dem fehlt jeder kleinste Lichtstrahl. Es gibt überhaupt keine Orientierung, wo man ist und wo man hingeht. Wie groß die Finsternis ist, hat sich gezeigt, als der Herr Jesus als das Licht kam. Doch die Finsternis blieb (Joh 1,5), weil die Menschen die Finsternis mehr liebten als das Licht (Joh 3,19). Die Macht der Finsternis über den Menschen hat sich am deutlichsten gezeigt, als Menschen den Herrn Jesus gefangen nahmen und töteten (Lk 22,53). Die Gnade Gottes ist jedoch größer. Der Herr Jesus hat die Macht der Finsternis besiegt. Er ist aus den Toten auferstanden. Als Folge davon hat Er, der gesagt hat: „Aus Finsternis leuchte Licht“, auch in dein Herz geleuchtet und dich aus dieser Macht gerettet (2Kor 4,6).

Dabei ist es nicht geblieben. Nachdem Er dich gerettet hat, bist du nicht in einer Art Niemandsland gelandet. Der Vater hat dich auch nicht in ein wiederhergestelltes Paradies zurückversetzt. Es ist viel herrlicher: Er hat dich in das Königreich des Sohnes seiner Liebe versetzt. In diesem Reich ist der Sohn der Mittelpunkt. Die Atmosphäre dieses Reiches ist die Liebe des Vaters zum Sohn. Wenn du an ein Königreich denkst, denkst du an Herrschaft und Unterwerfung. Das ist hier auch so, doch alles ist in die Liebe des Vaters zum Sohn eingebettet. Es ist also nicht „nur“ eine Atmosphäre, es geht um göttliche Personen. Du bist jetzt schon mit dem Vater und dem Sohn in Verbindung gebracht, und ihre Liebe umschließt auch dich schon. Ich weiß nicht, ob man sich etwas Größeres ausdenken kann.

Lies noch einmal Kolosser 1,10–13.

Frage oder Aufgabe: Untersuche, welche Segnungen Paulus hier alle aufgezählt hat. Danke dem Vater für jeden Segen.

Die Herrlichkeit des Sohnes

Kol 1,14. Alle vorhergehenden Segnungen sind durch den Herrn Jesus möglich geworden. Du konntest aus der Macht der Finsternis nur durch die Erlösung gerettet werden. Erlösung ist nicht nur eine mächtige Tat, sie konnte nur durch die Bezahlung eines Lösegeldes geschehen. Der Herr Jesus bezahlte am Kreuz mit seinem Blut für deine Erlösung (1Pet 1,18). Er gab sein Leben (Mt 20,28). Dadurch bist du sein Eigentum geworden (1Kor 6,20). Alles, was wir jetzt noch mit unserem Leben für uns selbst tun, stehlen wir Ihm eigentlich, denn wir gehören ganz Ihm.

Es gibt noch eine herrliche Folge des Preises, den Er bezahlte: Alle deine Sünden sind vergeben! Bist du dir dessen vielleicht noch nicht bewusst? Wie schade. Du könntest frei sein, aber es drückt dich immer noch eine Schuldenlast. Du darfst frei sein, und dennoch gehst du seufzend deinen Weg? Sei beruhigt – auch das Problem ist durch das Blut des Herrn Jesus vollständig gelöst. Deine Sünden sind vergeben, sie sind weg, für ewig von Gottes Angesicht verschwunden. Er sieht sie nicht mehr und gedenkt ihrer nicht mehr. Zweifelst du schon mal daran? Höre dann auf das Zeugnis der Schrift: „... und das Blut Jesu Christi, seines Sohnes, reinigt uns von aller Sünde“ (1Joh 1,7).

Erlösung und Vergebung sind von Gott gegeben und durch Christus bewirkt. Dadurch kann jede lästige Frage, die bei dir aufkommen oder dir gestellt werden kann, ausreichend beantwortet werden. Ich denke dabei an Menschen, die dir dein Recht auf das Erbteil streitig machen wollen. Oder vielleicht betrachtest du dich selbst als unfähig, den entsprechenden Segen zu genießen. Du darfst sagen – allerdings mit Demut, aber doch freudig und mit Sicherheit –, dass du erlöst bist und Vergebung der Sünden empfangen hast. Du bist in der Lage, dich umfassend mit dem „Sohn seiner Liebe“ zu beschäftigen. Wenn du dem Vater dankst, kommst du automatisch auf den Sohn zu sprechen (Joh 5,23). Man könnte sagen: Wenn der Vater die Quelle jeder Segnung ist, dann ist der Sohn der Kanal, durch den aller Segen zu dir kommt. Der Sohn hat alle Pläne auf Kosten seiner selbst ausgeführt. Es geht hier um Lobpreis. Danke dem Vater, der die Quelle jeder Segnung ist! Danke dem Sohn seiner Liebe, der der Kanal ist, durch den aller Segen zu dir kommt!

Kol 1,15. Und wer ist der Sohn seiner Liebe, der diese Segnungen für uns zugänglich gemacht hat? Der Apostel stellt den Herrn Jesus jetzt vor, nicht nur, um dein Herz zu erquicken, sondern um es zu füllen, so dass da für nichts anderes mehr Platz ist. Er beschreibt nacheinander,
1. wer Christus in sich selbst ist und
2 was Er in den Werken ist, die Er vollbracht hat, und danach,
3. was Er in den Seinen ist.

Er ist das Bild Gottes, das heißt der Vertreter, der Repräsentant Gottes. Nur Er kann das sein, weil Er selbst Gott ist. Das beinhaltet die vollkommene Gleichheit des Sohnes mit dem Vater, in seinem Wesen, in seiner Natur und in seiner Existenz als der Ewige (Joh 14,9; Joh 1,18). Nur durch Ihn können wir Gott kennenlernen.

Er ist auch der Erstgeborene (Röm 8,29; Heb 1,6; Off 1,5) der ganzen Schöpfung. Das bedeutet nicht, dass Er als Erster von allen geboren ist. Es beschreibt den erhabenen Platz des Sohnes, der über alles erhoben ist. Das bezieht sich auf die Rangordnung. Du siehst das auch bei Salomo. Er war nicht der erstgeborene Sohn Davids (1Chr 3,1). Dennoch wird er der „Erstgeborene“ genannt (Ps 89,28).

Der Herr Jesus ist kein Geschöpf. Er ist nicht der „Erstgeschaffene“. Er steht über allem Geschaffenen. Er ist nämlich der Schöpfer. Er ist der Erstgeborene, weil Er alle Dinge geschaffen hat. Wenn der Schöpfer dadurch, dass Er als Mensch geboren wird, in seine eigene Schöpfung eintritt, kann es nicht anders sein, als dass Er der Erstgeborene ist. Er ist das Haupt der Schöpfung.

Kol 1,16. Obwohl es drei Personen in der Gottheit gibt, wird die Schöpfung doch immer dem Sohn zugeschrieben (Joh 1,3; Heb 1,1; 2). Alles, was in den Himmeln und auf der Erde ist, also im ganzen Weltall, sowohl in seiner sichtbaren als auch in seiner unsichtbaren Form, verdankt Ihm seine Existenz. Die Throne, Herrschaften, Fürstentümer und Gewalten scheinen Hinweise auf verschiedene Engelmächte zu sein (Eph 6,12; 1Pet 3,22). Wie beeindruckend die Engelwelt auch sein mag, die Herrlichkeit des Sohnes, der sie geschaffen hat, ist unendlich viel größer. Die gesamte Engelwelt wird aufgefordert, Ihn anzubeten, und steht Ihm zu Diensten (Heb 1,6; 7). Er hat sie in seiner eigenen Kraft geschaffen („durch ihn“; wörtl. „in ihm“). Er hat es persönlich getan („durch ihn“). Und Er hat es zu seiner eigenen Verherrlichung getan („für ihn“). Er ist der Ursprung, das Mittel und das Ziel der Schöpfung. Dies schließt jede Anbetung von etwas oder jemand anderem aus.

Kol 1,17. Die Worte „und er ist vor allen“ bringen zum Ausdruck, dass Er der ewige Sohn ist, der Ewigseiende, Er war vor der Schöpfung da. Er hat eine ewige Existenz. Er steht außerhalb der Schöpfung, Er gehört nicht zu ihr; Er ist selbst kein Geschöpf. Das zeigt Er auch dadurch, dass Er alles durch seine eigene Macht trägt (Heb 1,3). Er hat nicht nur alles ins Dasein gerufen, sondern auch das heutige Dasein ist Ihm zu verdanken. Planeten durchziehen ihre vorgeschriebene Bahn nur deswegen, weil Er sie ihnen gewiesen hat und sie darin hält. Würde Er seine Hand für einen Augenblick zurückziehen, wäre es aus mit der Welt.

Kol 1,18. Nach seiner Herrlichkeit als Haupt der Schöpfung spricht Paulus in Kol 1,18 darüber, dass der Herr Jesus noch in anderer Hinsicht Haupt ist. Man könnte sagen, so wie Er Haupt der ersten Schöpfung ist, ist Er auch Haupt der neuen Schöpfung. Haupt symbolisiert Autorität und Herrschaft sowie Leben und Wachstum. Das gilt auch für die neue Schöpfung, für die Gemeinde. Sie verdankt ihre Existenz Ihm. Er ist ihr Anfang und ihr Ursprung (Off 3,14). Er ist in absolutem Sinn der Anfang von allem, Er selbst ist jedoch ohne Anfang.

Es gibt allerdings einen großen Unterschied in der Weise, wie die erste Schöpfung zustande kam, und der Weise, wie die zweite Schöpfung entstand. Die erste entstand durch das Wort seiner Macht. Um das Haupt der neuen Schöpfung zu werden, musste Er jedoch Mensch werden und in den Tod gehen, um daraus wieder aufzuerstehen. Die Auferstehung des Herrn Jesus ist der neue Anfang für Gott. Dadurch ist die Gemeinde, hier Leib genannt, entstanden. Man kann das damit vergleichen, wie Eva aus Adam gebildet wurde. Gott versetzte Adam in einen Todesschlaf. Während dieses Todesschlafs nahm Gott eine Rippe aus seinem Körper und bildete daraus eine Frau. Als Adam sie sah, sagte er: „Diese ist nun Gebein von meinen Gebeinen und Fleisch von meinem Fleisch“ (1Mo 2,21-23). Paulus wendet dies auf Christus und die Gemeinde an (Eph 5,30). Die Gemeinde ist der Leib Christi, und Christus ist ihr Haupt. Er lenkt den Leib und gibt ihm, was er nötig hat.

Der Herr Jesus hat nicht nur den ersten Platz in der ersten oder der alten Schöpfung; auch in der neuen Schöpfung ist Er das Haupt und der Erstgeborene. In der neuen Schöpfung ist Er der Erstgeborene aus den Toten. Das heißt nicht, dass Er der Erste war, der aus den Toten auferstand. Schon früher waren Menschen aus den Toten auferstanden. Doch auch hier ist Er der Erstgeborene, weil Er den Vorrang vor jedem anderen hat, der aus den Toten auferstanden ist oder noch auferstehen wird. Er ist der Erste, weil Er bei seiner Auferstehung bis in alle Ewigkeit lebendig wurde (Off 1,18). Er ist durch die Auferstehung in eine andere Welt eingetreten und hat diese dadurch für andere geöffnet. Alle, die an Ihn glauben, werden seiner Auferstehung folgen. Das Besondere dieser Stellung ist, dass Er durch seine Auferstehung den ersten Platz in allen Dingen als Mensch einnimmt.

Als Gott hat Er die Herrlichkeit des Schöpfers. Doch Er ist Mensch geworden, um als Mensch in den Tod gehen zu können. Als Mensch ist Er aus dem Tod auferstanden und als Mensch ist Er in den Himmel eingegangen. Er ist Mensch geworden, um es bis in Ewigkeit zu bleiben. Das vermindert seine Herrlichkeit nicht, sondern macht sie gerade größer.

Kol 1,19. Das zeigt sich in den Worten dieses Verses: „Denn es war das Wohlgefallen der ganzen Fülle, in ihm zu wohnen“. Im Herrn Jesus – denn Er ist dieser „ihm“ – wohnte der dreieine Gott mit Freuden. Das war so, als Er auf die Erde kam, als Er das Werk Gottes tat und auch als Er danach in den Himmel zurückkehrte. Gott selbst ist in seiner ganzen Fülle, ohne jegliche Beschränkung, in der Person Christi offenbart worden. In Ihm ist der dreieine Gott in den Neuanfang einbezogen. Wie groß ist seine Herrlichkeit!

Lies noch einmal Kolosser 1,14–19.

Frage oder Aufgabe: Welche Herrlichkeiten des Herrn Jesus hast du in diesem Abschnitt entdeckt?

Versöhnung und Dienst

Du hast in den vorhergehenden Versen gesehen, dass die Herrlichkeit des Sohnes als Haupt in zweierlei Hinsicht vorgestellt wurde:
1. Er ist Haupt über die Schöpfung
2. Er ist Haupt in der Auferstehung

Du bekommst noch mehr Herrlichkeiten zu sehen, die ebenfalls einerseits mit der alten Schöpfung und andererseits mit der neuen Schöpfung oder Auferstehung in Verbindung stehen.

Genauso gibt es auch zwei Versöhnungen:
1. die der Schöpfung und
2. die der Heiligen (Gläubigen), die die Gemeinde bilden (Kol 1,20-22).

Auch gibt es zwei Dienste, die aus Ihm hervorkommen:
1. den Dienst des Evangeliums, das in der ganzen Schöpfung gepredigt wird und
2. den Dienst für die Gemeinde (Kol 1,23-25)

Kol 1,20. Zunächst lesen wir von der Versöhnung aller Dinge, also der Schöpfung. Durch Versöhnung entsteht dort eine Beziehung des Friedens, wo vorher Feindschaft war (Röm 5,10). Durch die Sünde ist zwischen dem Menschen und Gott Feindschaft entstanden. Der Mensch hat die Schöpfung in seine Sünde mit hineingezogen. Die Schöpfung steht immer noch unter der Herrschaft Satans (Joh 12,31). Durch sein Werk auf dem Kreuz hat der Herr Jesus die Macht Satans gebrochen. Die Sünde wird aufgrund des ein für allemal vollbrachten Werkes von der Welt weggenommen werden (Joh 1,29; Heb 9,26). Das volle Ergebnis seines Werkes werden wir sehen, wenn der Herr Jesus seine Herrschaft öffentlich ausüben wird. Für Gott und für den Glauben hat Er diese Herrschaft schon jetzt (Mt 28,18; Heb 1,8; 9).

Wenn alles weggenommen ist, was die Störung verursachte, kann der Friede kommen. Dieser Friede wurde am Kreuz gemacht und wird im Friedensreich und in Ewigkeit genossen werden. Das wird ein Aufatmen für all das bedeuten, was jetzt noch unter der bösen, Verderben bewirkenden Macht der Sünde unter der Herrschaft Satans seufzt (Röm 8,22). Der Friede gründet sich auf das „Blut seines Kreuzes“, das ist das Kreuz Christi. Auf dem Kreuz vergoss der Herr Jesus sein Blut. Weil es das Blut des Lammes ohne Fehl und ohne Flecken ist – Petrus nennt es das „kostbare Blut“ (1Pet 1,19) –, ist diese Grundlage unantastbar und behält ewig ihren Wert. Du kannst es so sagen: Die Grundlage der Versöhnung ist durch das Blut des Herrn Jesus gelegt, die Versöhnung der Dinge auf der Erde und im Himmel mit Gott ist noch zukünftig. Mit der Versöhnung aller Dinge ist natürlich nicht die Versöhnung unbekehrter Menschen gemeint, auch nicht Satans und seiner Dämonen. Sie werden nicht versöhnt, sondern Christus unterworfen (Phil 2,10). Es geht um die „Dinge“ auf der Erde und in den Himmeln, um die materielle Welt. Die Lehre der Allversöhnung ist eine grobe Irrlehre, eine Lüge Satans.

Kol 1,21. Die Versöhnung aller Dinge steht also noch aus. Dennoch gibt es Menschen, die schon versöhnt sind, wozu auch du gehörst. Preise den Herrn dafür! Du hast im Glauben deine Hand auf das auch für deine Sünden vergossene Blut Christi gelegt. Bevor du glaubtest, standest du außerhalb der Versöhnung, du warst ihr entfremdet, und du warst ihr gegenüber sogar feindlich gesinnt. Das kam in den bösen Werken zum Ausdruck, die du tatest.

Kol 1,22. Damit du versöhnt werden konntest, musste der Herr Jesus Mensch werden. Er hat deine Sünden „an seinem Leib“ getragen (1Pet 2,24). Sein Tod ist der sichere Beweis dafür, dass Er das Gericht Gottes für deine Sünden trug. Der Tod ist nämlich der Lohn der Sünde (Röm 6,23). Gleichzeitig fand jedoch Versöhnung durch den Tod Christi statt. Sein Tod ist das sichere Fundament, auf dem die Versöhnung ruht. Als Folge davon stehst du in der Gunst Gottes. Er sieht dich als heilig, das ist in seinen Augen vollkommen. Es kann dir nichts mehr angerechnet werden. Es kann keine einzige Anklage gegen dich erhoben werden, die Aussicht auf Erfolg hätte. Gott, Menschen und Satan können nichts finden, worauf der Finger gelegt werden könnte. Der Tod Christi hat in allem vorgesorgt. Christus stellt dich vor sich als das vollkommene Ergebnis seines vollkommenen Werkes in das vollkommene Licht Gottes, und zwar so, dass keinerlei Makel mehr darauf geworfen werden kann. Den gerechten Ansprüchen Gottes ist durch das Versöhnungswerk Christi vollkommen entsprochen worden, so dass dazu keine einzige Frage bezüglich der Rechtmäßigkeit aufgeworfen werden kann.

Kol 1,23. Nach den Sicherheiten, die der Glaube bietet, kommt ein „Sofern“. Das scheint das Vorhergehende unsicher zu machen, als würde es doch von unserem Einsatz abhängen, um Teil daran zu haben und zu behalten. Die Kraft dieses „Sofern“ liegt jedoch darin, dass die Spreu vom Weizen getrennt wird. Das Ziel besteht darin, den Glauben zu ermutigen und den selbstbewussten Namenschristen zu verurteilen. Ein Namenschrist bekennt nur mit dem Mund, ein Christ zu sein. Er ist niemals mit Reue über seine Sünden zu Gott gegangen. Er hat nie im Glauben die Kraft des Blutes Christi zur Vergebung seiner Sünden erfahren. Du hast nur dann an den vorhergehenden Segnungen teil, wenn dein Glaube echt ist und du wirklich dem Herrn angehörst. Dazu darfst du von ganzem Herzen „ja“ sagen. Du wirst den Beweis dazu liefern, indem du im Glauben bleibst, der durch das Evangelium zu dir gekommen ist und das du angenommen hast.

Was Paulus hier sagt, ist also nicht dazu bestimmt, dich nachträglich zum Zweifeln zu bringen. Es ist gerade dazu bestimmt, dich zu ermutigen. Du bist doch sicher ganz mit Paulus einig, dass der Glaube sich daran zeigt, dass du daran festhältst, gerade dann, wenn Widerstand aufkommt? Du bekommst es in deinem Glauben mit Widerstand zu tun, sowohl durch Feindschaft von Menschen als auch durch Schmeichelei von Irrlehrern. Wenn dein Glaube echt ist, bist du gegründet und fest und wirst dich nicht von der Hoffnung des Evangeliums abbewegen lassen. Wenn dein Glaube nicht echt ist, wird sich das zeigen.

Die „Hoffnung des Evangeliums“ ist nicht die Hoffnung, durch das Evangelium gerettet zu werden, sondern ist Christus. Das Evangelium ist nicht die Zusammenfassung einer Anzahl Regeln, die du halten musst; der Inhalt des Evangeliums ist eine Person. Wenn du durch den Glauben mit Ihm verbunden bist, wirst du nichts zulassen wollen, was die Sicht auf Ihn verschleiert oder wegnimmt. Dieses Verlangen nach Ihm ist bei jedem vorhanden, der Ihn in Wahrheit liebt. Ich zweifle nicht daran, dass das auch bei dir so ist. Du hast dieses Evangelium gehört, genauso wie die Kolosser es gehört hatten (Kol 1,6).

Paulus war ein Diener dieses Evangeliums geworden. Der Bereich seines Dienstes war die ganze Schöpfung. Das Evangelium ist weltweit gültig und universell anwendbar (Mt 28,19; Mk 16,15; Apg 1,8). Sein Dienst richtete sich besonders an alle Völker, die unter dem Himmel sind (Gal 2,7), obwohl er sicher die Juden nicht ausschloss. In seiner Liebe zu ihnen richtete er, wenn er irgendwo hinkam, das Wort gerade zuerst einmal an sie (Apg 13,46; Röm 1,16). Das Evangelium war jedoch nicht auf die Grenzen Israels beschränkt. Es erstreckte sich bis zu den Enden der Erde (Apg 1,8).

Die ganze „Schöpfung, die unter dem Himmel ist“, war der Bereich des Dienstes von Paulus. Hier erkennst du eine Verbindung dazu, dass Christus Haupt über die Schöpfung ist. Das betrifft, wie du gelesen hast, alle Dinge im Himmel und auf der Erde. Das deutet gleichzeitig an, dass es einen Unterschied zum Evangelium gibt. Die Worte, „die unter dem Himmel ist“, zeigen, dass das Evangelium nicht im Himmel, sondern auf der Erde gepredigt wird. Das Evangelium wird an Menschen auf der Erde gerichtet und nicht an Engel im Himmel. Denselben Unterschied hast du bei den beiden Seiten der Versöhnung gesehen. Die Versöhnung aller Dinge bedeutet nicht, dass alle Menschen versöhnt werden. Nur die Menschen werden versöhnt, die an den Herrn Jesus glauben. Das passiert genau in dem Augenblick, wo sie ihre Sünden bekennen und glauben, dass sein Blut auch ihre Sünden vor Gott bedeckt.

Paulus ist ein Diener des Evangeliums geworden. Der Herr Jesus hat ihn in diesen Dienst gestellt (1Tim 1,12). Zuvor war er ein Lästerer, ein Verfolger der Gemeinde (1Tim 1,13). Jetzt war er sowohl ein Prediger als auch ein Lehrer (1Tim 2,7). Er predigte das Evangelium allen Menschen und unterwies die, die zum Glauben gekommen waren und dadurch zur Gemeinde gehörten. Sein Dienst für die Gemeinde kommt in den folgenden Versen zur Sprache.

Lies noch einmal Kolosser 1,20–23.

Frage oder Aufgabe: Was lernst du in diesen Versen über die Versöhnung?

Christus in dir – vollkommen in Christus

In Kol 1,23 hat Paulus damit angefangen, etwas über seinen Dienst zu sagen. Er hat über seinen Dienst am Evangelium gesprochen, das er „in der ganzen Schöpfung, die unter dem Himmel ist“, predigte. Nun spricht er über seinen anderen Dienst, über den Dienst für die Gemeinde. Sein Dienst hat ebenfalls zwei Seiten, so wie Christus in zweierlei Hinsicht Haupt ist und wie auch die Versöhnung in zweierlei Hinsicht wirksam ist. Auch sein Dienst bezieht sich einerseits auf die Schöpfung und andererseits auf die Auferstehung.

Christus ist also in zweifacher Hinsicht Haupt:
1. Haupt über die Schöpfung und
2 Haupt des Leibes

Dann gibt es eine doppelte Versöhnung durch Christus:
1. aller Dinge (später)
2. von Personen (jetzt schon)

Darüber hinaus gibt es einen doppelten Dienst des Paulus:
1. am Evangelium und
2. für die Gemeinde

Kol 1,24. Der Dienst für die Gemeinde war für Paulus mit Leiden verbunden. Er litt, um die Wahrheit der Gemeinde bekanntzumachen. Dafür saß er im Gefängnis. Von diesen Leiden sagt er den Kolossern, dass sie für sie („für euch“) waren. Sein Leiden für die weltweite Gemeinde bedeutete Leiden für die örtliche Gemeinde. In der örtlichen Gemeinde siehst du, was für die weltweite Gemeinde gilt. Diese Form der Leiden nennt Paulus eine Ergänzung der Leiden Christi für seine Gemeinde. Er spricht hier nicht über die Leiden für Christus, sondern von Christus. Seine Leiden hatten den gleichen Charakter wie die Leiden Christi. Das heißt natürlich nicht, dass er in demselben Maß litt, und schon gar nicht wegen der Versöhnung. An der Versöhnung fehlt nichts, sie ist in sich vollständig. Durch seine Leiden auf dem Kreuz, durch das Blut seines eigenen Sohnes, hat Gott sich die Gemeinde erworben (Apg 20,28).

Nein, es geht hier um die Leiden des Herrn Jesus als Zeuge Gottes auf der Erde. In seinem Zeugnis hat der Herr Jesus Gott offenbart. Das brachte überreichlich Leiden über Ihn, weil der Mensch mit seinem sündigen Weg und seinen sündigen Taten nicht brechen wollte. Der Herr Jesus hat in seinem Leben auf der Erde Gott offenbart, jedoch nicht alle ewigen Pläne Gottes (Joh 16,12). Erst als der Heilige Geist auf die Erde kam, bekamen die Gläubigen durch den Apostel Paulus Einsicht in die Pläne Gottes (Apg 20,27). Das Bezeugen dieser Wahrheit brachte für Paulus überreichlich Leiden mit sich. Das waren keine stellvertretenden Leiden, sondern ergänzende Leiden. Auf der Erde konnte der Herr nicht für diese Wahrheit leiden, weil Er sie noch nicht offenbart hatte.

Paulus betrachtete seine Leiden für die Gemeinde nicht als ein notwendiges Übel. Er freute sich darüber. Er sah die Gemeinde als den Leib Christi, als eine Gemeinschaft von Menschen, die in besonderer Weise mit Christus verbunden war. Er sah, was die Gemeinde für das Herz Christi bedeutete. Daher scheute er sich nicht vor den Leiden, sondern setzte sich dafür ein.

Kol 1,25. Er wollte, dass alle, die zur Gemeinde gehörten und in der Zukunft dazu gehören würden, wüssten, wie einzigartig die Gemeinde in ihrer Beziehung zu Christus ist. Indem er diese Tatsache bekanntmachte, vollendete er das Wort Gottes.

Das Vollenden des Wortes Gottes bedeutet nicht, dass Paulus die letzten Worte der Schrift geschrieben hat. Das tat Johannes. Es geht nicht um die Bibelbücher, sondern es geht hier um die Themen, um Dinge, die Gott Menschen bekanntmachen wollte. Die Mitteilung des Geheimnisses, das früher unbekannt war, bedeutete, dass er die letzten Dinge mitteilte, die Gott offenbaren wollte. Alle anderen Themen, die Gott mitteilen wollte, waren bereits bekannt. Du kannst dabei an das Gesetz denken, an das Königreich, an die Erlösung, an die Person Christi und die Wege Gottes. Nachdem er dieses Geheimnis über Christus und die Gemeinde enthüllt hat, ist keine Wahrheit mehr übriggeblieben, die der Offenbarung Gottes noch hinzugefügt werden müsste.

Kol 1,26. Dieses Geheimnis war in früheren Zeitaltern und bei früheren Generationen unbekannt. Es ist jetzt verkündigt, allerdings nicht allen Menschen, sondern nur der Gemeinde, „seinen Heiligen“. Es betrifft Christus und die Gemeinde und im besonderen die Tatsache, dass Gläubige aus den Heiden und Gläubige aus den Juden zusammen einen Leib bilden sollten (Eph 3,4-6). Die Gemeinde existiert also nicht von Adam an, denn sie war in allen früheren Zeitaltern verborgen und ist erst jetzt offenbart.

Kol 1,27. Das besondere Kennzeichen der Gemeinde ist, dass sie mit einem himmlischen Herrn verbunden ist; das war in der Zeit des Alten Testaments unvorstellbar. Das Kommen Christi auf die Erde, seine Leiden, sein Tod, seine Auferstehung und seine Himmelfahrt und seine Rückkehr auf die Erde, um in Herrlichkeit, Macht und Majestät das Königreich aufzurichten, das alles war kein Geheimnis, es war bereits offenbart. Aber ein Christus, der als Mensch verherrlicht im Himmel ist, als Haupt seines Leibes, der durch gerettete Juden und Heiden gebildet wird, ist nur im Neuen Testament offenbart.

Das Geheimnis ist hier, genau wie im Epheserbrief, die Einheit Christi mit seiner Gemeinde. Paulus legt die Betonung hier jedoch anders als im Epheserbrief. Dort stellt er die Gemeinde in Christus im Himmel vor. Zu den Kolossern spricht er über „Christus in euch“. Das heißt, dass Christus hier in seiner Gemeinde auf der Erde gesehen wird. Das bedeutet, dass die Herrlichkeit dieses Geheimnisses jetzt noch nur für den Glauben sichtbar ist. Eine weitere Besonderheit ist: Christus „in euch“. Genau wie das „für euch“ in Kol 1,24 sagt Paulus dies nicht zu der weltweiten Gemeinde, sondern zu den Gläubigen in Kolossä. Was für die weltweite Gemeinde gilt, wird im Kleinen in der örtlichen Gemeinde gesehen. Und noch etwas: Die „euch“ sind ursprünglich Heiden. Dass Christus bei Heiden zu finden ist, ist vollständig neu. Gott hatte früher bei seinem Volk gewohnt. Als der Herr Jesus kam, blieb Er bei seinem Volk. Doch dass Christus jetzt bei den Heiden zu finden ist, setzt die bevorrechtigte Stellung der Juden vollständig beiseite.

Kol 1,28. Es geht um Christus. Paulus und andere Prediger verkündigten Ihn, eine Person und nicht eine Lehre oder Philosophie. Der Inhalt des Christentums ist eine Person und nicht eine bessere Lehre. Christus war der Inhalt seiner Verkündigung, Zurechtweisung und Belehrung. Dabei hatte er jeden Menschen im Auge. Durch den dreimaligen Gebrauch dieses Ausdrucks wird dieser stark betont. Jede Unterscheidung war verschwunden. Es geht um jeden Menschen persönlich, nicht um die Masse. Paulus sah nicht nur die Gemeinde insgesamt, sondern auch den Einzelnen. Es war ein Dienst von Mensch zu Mensch. Die unbekehrten Menschen warnte er vor dem kommenden Zorn. Die bekehrten Menschen lehrte er die großen Wahrheiten des christlichen Glaubens. Sein Streben war, dass jeder Mensch durch die Kraft des Wortes und des Geistes Christus widerspiegeln und zu dem Maß seiner Vollkommenheit hinwachsen sollte. Das ist echte Nachsorge.

Paulus ist nicht damit zufrieden, dass jemand den Herrn Jesus nur als Heiland annimmt. Es geht ihm darum, dass jeder Mensch, also auch du, vollkommen in Christus dargestellt wird. Er will, dass du das Stadium geistlichen Erwachsenseins (das ist der Sinn des Wortes „Vollkommenheit“) erreichst (Phil 3,15; Heb 5,14). Es geht darum, dass du zu dem Ziel hinwächst, wo dir nichts anderes mehr im Leben wichtig ist, als Christus allein. Dann kennst du nicht nur deine Stellung vor Gott in Christus, dass Gott dich in Ihm sieht, sondern das Leben in Gottes Gegenwart bedeutet dann alles für dich. Darum geht es im Leben eines Menschen. Das lässt keinerlei Raum mehr für etwas vom Menschen. Christus ist alles. Es geht darum, ein Vater in Christus zu werden (1Joh 2,13). Dazu ist es nötig, dass du verstehst, wer Christus ist, und dass dein Charakter durch diese Kenntnis gebildet wird.

Kol 1,29. Dieses hohe Ziel, Gottes Ziel für jeden Menschen, das dem Apostel vor Augen stand, forderte den Einsatz all seiner Kräfte. Das brachte auch viel Widerstand und Kampf mit sich. Aber Christus wirkte in ihm und gab ihm die Kraft. Der Diener, der das Ziel von Kol 1,28 – dass Christus alles ist für die Seele – erreichen will, findet alle Kraft für diesen Dienst in Christus.

Lies noch einmal Kolosser 1,24–29.

Frage oder Aufgabe: Denke darüber nach, ob Christus für dich in allen Bereichen deines Lebens alles ist.

© 2023 Autor G. de Koning

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