Mica 7
Micah 7 Kingcomments Bibelstudien

Einleitung

Dieses letzte Kapitel ist eng mit dem Buch Klagelieder verbunden. Hier hören wir das Gebet des bußfertigen Überrestes in den Tagen der großen Drangsal. Der Prophet spricht im Namen derer, die nicht mehr im Stolz wandeln, sondern gedemütigt durch ihre Sünden, die gerechte Hand dessen anerkennen, der sie geschlagen hat. Er macht sich eins mit ihnen; er nimmt die Schmach der Stadt als seine eigene an und klagt über ihren traurigen Zustand.

Gleichzeitig verurteilt er ihr Verhalten und drückt damit Gottes Gedanken und Gefühle in Bezug auf ihren Zustand aus. Aber er tut dies mit all dem Interesse, das aus Gottes Liebe zu ihnen herrührt. Es werden keine Entschuldigungen oder andere Ursachen gesucht, sondern sie nehmen alles als gerechte Folge ihrer Vergehungen an.

Dennoch blicken sie vertrauensvoll zu dem Gott ihrer Väter, auf dessen unfehlbare Gnade sie für die Wiederherstellung vertrauen. Hier zeigt sich eines der charakteristischsten Merkmale des wahren Propheten, nämlich, dass er ein Fürsprecher für sein Volk ist. Jeremia sagt: „Wenn sie aber Propheten sind und wenn das Wort des HERRN bei ihnen ist, so mögen sie doch bei dem HERRN der Heerscharen Fürbitte tun …“ (Jer 27,18). Und Gott sagt zu Abimelech über Abraham: „Er ist ein Prophet und wird für dich bitten“ (1Mo 20,7; vgl. Ps 74,9). Der Geist Gottes verkündet das Gericht. Aber weil Gott sein Volk liebt, tritt in dem Propheten der Geist auch als der Geist der Fürbitte für sein Volk auf.

Es gibt nichts mehr zu essen

Micha ist hier die Stimme der Gottesfürchtigen. Er beschreibt die allgemeine Zerstörung in Israel. Er vergleicht das Volk mit einem Obstgarten und einem Weinberg, nachdem alle Früchte geerntet worden sind. Er schaut, ob es noch etwas zu essen gibt. Aber es scheint, als ob es keine guten Menschen mehr im Volk gibt, auf die der HERR mit Freude herabschauen kann (vgl. Jes 17,6). Die Tatsache, dass es „keine Traube zu essen“ gibt, bedeutet, dass keine Gruppe von Menschen gefunden wird, die Gott ehren will. Wenn treue Menschen gefunden werden, dann sind es Einzelne.

Es ist die Zeit, in der der Antichrist an der Macht ist. Ängstlich sieht sich Micha um, um zu sehen, ob er unter dem Volk etwas entdecken kann, das den Titel „Volk Gottes“ rechtfertigt. Wenn Micha sagt, dass seine Seele sich danach sehnt, etwas zu finden, das für Gott Frucht bringt, dann drückt er damit das Verlangen des Herzens Gottes aus. Aber er findet nichts als Betrug und Täuschung, ein eifriges Lauern auf das Blut des Nächsten und ein Verlangen, mit beiden Händen Böses zu tun.

Da ist kein Rechtschaffener

Als Micha sich umschaut, um zu sehen, ob noch „ein Gütiger“ zu finden ist, muss er feststellen, dass solche „aus dem Land“, also aus Israel, „verschwunden“ sind. Der Prophet scheint fast zu sagen, dass er allein übrig geblieben ist, so wie einst Elia am Horeb (1Kön 19,10). Der Gütige ist der gottesfürchtige, freundliche, barmherzige und wohltätige Mensch. So wie die Frühfeige von guter Qualität in der fortgeschrittenen Jahreszeit des Sommers nicht gefunden werden kann, so kann ein Gütiger und Rechtschaffener in Israel nicht gefunden werden. So wie die Obstgärten ohne Früchte sind, so ist Israel in den Tagen Michas ohne gütige und rechtschaffene Menschen (Ps 12,2; Ps 14,2; 3; Jes 57,1).

Im Gegenteil: Micha beobachtet Blutvergießen und den Drang, seine Mitmenschen zu töten. Sie tun ihr Bestes, um ihre Brüder mit einem Netz zu fangen. Ein Netz wird zum Fischen oder Jagen verwendet. Wenn sich ein Tier einmal im Netz verfangen hat, kann es sich nicht mehr daraus befreien. Es ist gefangen, um getötet zu werden.

Eine Schnur aus drei Strängen der Ungerechtigkeit

Anstatt jemanden zu finden, der Gott mit seinen Händen dient, sieht Micha die Hände voller Energie, die entschlossen und effektiv arbeiten, um Böses zu tun (Mich 7,3). Dafür haben sie ihre Hände entsprechend trainiert. Ihre Hände sind geübt darin, Unrecht zu tun. Böses zu tun, ist kein Zufall, sondern es ist eine Situation entstanden, in der sie nichts anderes tun können als Böses zu tun. Dieses Böse kommt am stärksten in „dem Fürsten“, „dem Richter“ und „dem Großen“ zum Ausdruck. Es sind die Menschen, die einen führenden oder herausragenden Platz im Volk einnehmen.

Micha beschreibt ihre Arbeitsweise. Der Fürst fordert die Verurteilung einer unschuldigen Person. Der Richter wird bestochen und spricht das Urteil aus. Wer gesellschaftlich groß ist oder wirtschaftlichen Einfluss hat, der Mann von Ansehen oder der Reiche, jemand, der Macht und damit Einfluss hat, sorgt dafür, dass sich sein Wille durchsetzt. Er bekommt, was er sich vorgenommen hat, indem er sein Geld und seinen Einfluss einsetzt. Der Fürst und der Richter tun, was sie wollen.

Diese drei Übeltäter bilden eine Schnur aus drei Strängen der Ungerechtigkeit und machen sie so stark wie eine verdrehte Schnur. Auch durch sie, indem sie eine Sünde in eine andere verdrehen, wird eine Sache völlig verdreht und großes Unrecht getan. Die Ungerechtigkeit durchdringt alle Fasern des gesellschaftlichen Klimas. Das ist heute nicht anders.

Ein solches Klima der Ungerechtigkeit kann nur entstehen und fortbestehen, wenn diejenigen, die „die Besten“ und „die Rechtschaffensten“ sind, den Schutz „eines Dornstrauchs“ und „einer Dornenhecke“ bieten (Mich 7,4; vgl. Ri 9,14-20). Solche Figuren an der Spitze einer Gesellschaft enttäuschen nicht nur, wenn man etwas von ihnen erwartet, sondern sie verursachen Verletzungen und Schmerzen (2Sam 23,6).

Wenn alle, auch die „Guten“, so verkommen sind, ist das Maß der Ungerechtigkeit voll. Das muss gerichtet werden. Wenn das Gericht kommt, werden sie nicht wissen, was sie tun sollen, weil sie nicht auf die Warnungen der Wächter, die die Propheten Gottes sind, gehört haben. „Der Tag deiner Wächter“ ist der Tag, den die Propheten angekündigt haben (vgl. Jer 6,17; Hes 3,17; Hes 33,7).

Man kann niemandem trauen

Die Sünde ist so verheerend, dass alle normalen Beziehungen auseinandergerissen werden. Es gibt keinen Schutz mehr, der in Freundschaften, Ehen oder Familienbanden zu erwarten ist. Menschen, denen man in allen Lebenslagen vertrauen konnte, mit denen man seine Geheimnisse geteilt hat, auch den Freunden, muss man mit Misstrauen begegnen. Glaube nicht, was sie sagen, und vertraue nicht darauf, was sie für dich tun wollen. Alle sind Betrüger, niemandem kann man trauen (Jer 9,2-6).

Sprich auch nicht zu viel mit deiner liebsten Beziehung auf der Erde, deiner Frau (vgl. Ps 141,3). Sie mag so intim mit dir sein, aber sag nichts Unüberlegtes, sonst bist du tot. Die heiligsten Beziehungen und die engsten Bande bedeuten den Gottlosen nichts. Diese Zerrüttung der Beziehungen ist das Ergebnis der Ablehnung Gottes. Der Herr Jesus zitiert diesen Vers aus Micha, um die Folgen seines Kommens auf die Erde zu zeigen (Mt 10,21; 35-36; Lk 12,53).

Das Gebot „Ehre deinen Vater und deine Mutter“ (2Mo 20,12) wird von Sohn und Tochter mit Füßen getreten. Es ist kein Wunder, dass dann auch die Schwiegertochter ihrer Schwiegermutter widersteht und sich rebellisch gegen sie verhält. Es ist zutiefst traurig, wenn die Verräter und schlimmsten Feinde eines Menschen seine eigenen Hausgenossen, seine eigenen Kinder und seine besten Freunde sind. Wenigstens von denen sollte man doch Schutz und Beistand erwarten dürfen.

Ausschauen nach dem HERRN

Nachdem der Prophet seine Klage über die Verdorbenheit seiner Zeit zum Ausdruck gebracht hat, schaut er aus nach dem HERRN. Micha benutzt das Wort „aber“, das den Kontrast zum Vorhergehenden betont. Nachdem Micha alles um sich herum beobachtet hat, wie in den vorherigen Versen beschrieben, wirkt der Geist Gottes in ihm ein Ausschauen nach dem HERRN als dem Gott seines Heils. Er ist ganz anders in seinem Verhalten und seiner Erwartung als seine Landsleute, die nur an sich selbst denken und für sich selbst leben.

Das hebräische Wort für „ausschauen“ (sapah) bedeutet „erwartungsvoll warten“. Es ist das Wort, das auch für die Wächter in Mich 7,4 verwendet wird. Der Gottesfürchtige wird jeden Schatten als Wächter wahrnehmen und jedes Geräusch als Beweis dafür hören, dass Gott am Werk ist. Wenn wir nicht erwartungsvoll auf das kleinste Zeichen von Gottes Wirken schauen, besteht die große Gefahr, dass wir verzweifeln. Micha sieht das endgültige Ergebnis und versinkt deshalb nicht in Verzweiflung.

Die Situation ist schlimm, aber nicht gänzlich hoffnungslos, wenn er an „den Gott meines Heils“ denkt, der der Gott ist, von dem sein ganzes Heil, seine volle Rettung, kommt (Ps 27,9; Jes 17,10). Micha macht sich nicht selbst an die Arbeit, sondern wartet auf Gott, dass Er zu seiner Zeit handelt. Dieses Ruhen in Gottes Willen, in dem Wissen, dass Er souverän in der Welt wirkt, schafft Frieden im Herzen Michas. Er drückt sein Vertrauen aus, dass sein Gott ihn erhören wird.

Es wäre verständlich, dass die sozialen Missstände in Gottes Volk zu Michas Zeiten ihn an der Weisheit von Gottes Vorgehen zweifeln lassen würden. Aber es ist gerade der Glaube an die Weisheit von Gottes Vorgehen, der Micha davor bewahrt, in Verzweiflung zu verfallen. Die Sprache, die Micha spricht, ist die Sprache des Glaubens an Christus und des Geistes Christi in dem gläubigen Überrest in der großen Drangsal. Nach dem Bekenntnis der Sünden kommt das Bekenntnis des Glaubens des gedemütigten Volkes. Der Prophet, als Vertreter des Überrestes, wendet sein Auge auf Ihn und wartet auf die Stunde der Befreiung (Ps 130,6).

Wenn alles um uns herum so untreu ist und man niemandem mehr trauen kann, wenn alle Liebe und Treue unter den Menschen verschwunden ist und der Tag der Heimsuchung gekommen ist, bleibt nur Gott als derjenige, der immer treu bleibt. Wer auf Ihn vertraut, wird niemals beschämt werden. Der Glaube sagt mit Gewissheit: „Mein Gott wird mich erhören.“ Das Erhören bedeutet die Befreiung aus dem totalen Untergang, der mit der Wegführung gekommen zu sein scheint.

Aus der Dunkelheit ins Licht

Hier spricht der Überrest. Micha sieht das Volk in der Wegführung und in Not mit einem Feind, der sich freut (Mich 7,8). Der Feind ist Babel (Mich 4,10). Aber seine Antwort ist, dass das Volk sicher wiederhergestellt werden wird. Er ist noch nicht aus der Finsternis heraus, weiß aber, dass der HERR auch in der Finsternis für ihn Licht ist und dass das Licht die Finsternis einmal ganz vertreiben wird (Jes 50,10; Jes 58,10; Ps 37,6).

Wie ein Licht in der Finsternis leuchtet die Verheißung, dass Gott eingreifen und seine Verheißungen erfüllen wird. Jede Verheißung Gottes ist Licht in der Finsternis. Das kann der Glaube sagen, der Gott im Sinn hat. In der Finsternis sitzen bedeutet, in Unglück und Elend zu sein (Ps 107,10; Jes 9,1; Jes 42,7).

Obwohl die Gläubigen durch schwere Zeiten gehen müssen, werden sie sich eines Tages erheben, um ihr Erbe zu empfangen. Es gibt einen lebhaften Kontrast zwischen dem Volk Gottes, das in der Finsternis sitzt, und der Jubel hervorbringenden Wirkung des Lichtes Gottes, das auf sie scheinen wird. Der Überrest der Gläubigen kann sich in jeder Zeitperiode der Hilfe Gottes und ihres endgültigen Triumphes sicher sein.

Micha bekennt seine Sünden und unterwirft sich der Zucht Gottes (Mich 7,9). Er ist von Gottes gerechtem Handeln wegen der Sünden des Volkes überzeugt. Der Feind wurde von Gott als Zuchtrute angeordnet, aber der Feind hat mehr getan und wollte das Volk vernichten. Gott hat jedoch einen Zweck mit der Züchtigung. Micha kennt diesen Zweck und er vertraut darauf. Er weiß, dass er nicht in der Hand des Feindes ist, sondern in der Hand Gottes. Das macht ihn zuversichtlich, dass Gott sich für ihn einsetzt und für ihn Gerechtigkeit übt. Das ist das Vertrauen des Überrestes in der Endzeit am Ende der großen Drangsal.

Der Überrest weiß, dass Gott seine Verheißungen erfüllen und das Volk wiederherstellen wird. Das Vertrauen auf die Hilfe Gottes entspringt dem Bewusstsein, dass Leid und Elend eine verdiente Strafe für die Sünde sind. Dieses Bewusstsein und dieses Gefühl bewirken Geduld und Hoffnung: Geduld, die Strafe zu ertragen, und Hoffnung, dass das Leiden als Strafe aufhören wird, sobald der gerechte Zorn Gottes sich abwendet.

Wenn der HERR sie aus dem Gefängnis, der Finsternis, dem Elend der großen Drangsal herausführt, kommen sie in das Licht der Freiheit und Freude. Dann werden sie mit voller innerer Genugtuung und Freude sehen, wie Er Gerechtigkeit an ihren Feinden ausübt. Es ist keine Schadenfreude, sondern ein Einverständnis mit der Ausübung der Gerechtigkeit durch Gott. Es ist ein Trost nach der Trauer über die zugefügte Züchtigung.

Die Feinde gerichtet

Das Recht Israels wurde von Völkern an den Rand geschoben, die nicht damit rechneten, Gottes Zuchtmeister zu sein, sondern dachten, sie könnten in ihrer eigenen Kraft und nach eigenem Ermessen handeln. Deshalb sind sie weiter gegangen, als Gott es wollte. Dafür werden sie gerichtet werden, was auch die Befreiung und Wiederherstellung des Volkes Gottes bedeuten wird. Dann wird deutlich werden, dass Gott nicht machtlos ist, für sein Volk zu handeln (Ps 42,4; Ps 115,2).

Der Überrest wird auf die Feinde sehen. Sie werden mit Freude sehen, dass alle feindlichen Mächte besiegt worden sind und dass Gott triumphiert hat. Die Feinde werden zertreten werden „wie Straßenkot“, was bedeutet, dass sie so viel wert sind wie Kot und genauso verachtenswert sind (Hiob 30,19; Sach 10,5).

Wiederherstellung Israels

Hier spricht Micha im Glauben über die zukünftige Wiederherstellung Israels. Während dieser Zeit werden die Mauern von Zion wiederaufgebaut werden, aber auch das ganze Volk wird unter dem Schutz des HERRN stehen. Er wird die Mauern aufbauen, was bedeutet, dass Er im ganzen Land für Sicherheit sorgen wird. Die Entscheidung, dies zu tun, wird über die ganze Erde verbreitet werden. Das wird der Grund dafür sein, dass die Völker von allen Seiten nach Israel kommen werden (vgl. Jes 19,18-25).

Bevor das geschieht, wird das Gericht vollzogen (Mich 7,13). Jedes Mal wechselt der Prophet vom Segen zum Gericht und umgekehrt, damit der Gottlose keine unbegründete Hoffnung und der Gottesfürchtige keine Grundlage für unnötige Verzweiflung hat. Das Gericht ist die Frucht ihrer Taten. Die Frucht der Taten des Menschen, die Folge seiner Sünden, ist, dass die Erde verwüstet wird. Der Mensch denkt, er könne die Schöpfung beherrschen, aber statt einer Verbesserung wird es mit ihr zu einer Verschlechterung kommen, sie wird zu einer Wüste.

Gebet, um das Volk zu weiden

Die Verheißung der Errettung bringt den Propheten zum Gebet. Er bittet den HERRN, sein Volk mit seinem Stab zu weiden (vgl. Ps 23,4b; 3Mo 27,32). Der HERR wird als Hirte angesprochen (vgl. Mich 5,3), wie es schon Jakob tat (1Mo 49,24; Ps 80,2; Ps 23,1). Ein Hirte führt, pflegt und regiert. Der Herr Jesus wird das vollkommen tun. Dieses Gebet wird in der Zukunft erhört werden. Wir dürfen dieses Gebet für die Gemeinde beten.

Hier sprechen sie zu Gott über sich selbst als „dein Volk“ und „dein Erbteil“ (5Mo 7,6; 5Mo 9,26; 29; 5Mo 14,2). Das Volk ist von Ihm als sein persönliches Erbteil erwählt. Wegen ihrer Rebellion haben sie die entsprechenden Segnungen nicht genossen. Wenn sie Ihn nun als „die Herde deines Erbteils“ anrufen, dann tun sie das nicht aufgrund dessen, was sie in sich selbst sind, sondern aufgrund dessen, was Gott für sie bestimmt hat. Sie bitten Ihn, auf der Grundlage seiner Gnade mit ihnen zu handeln.

Dazu gehört auch ihre nächste Aussage über das abgesonderte Wohnen im Wald. Damit beziehen sie sich zum einen auf den Segen Bileams, der von Israel sagte: „Ein Volk, das abgesondert wohnt“ (4Mo 23,9), und auf den Segen Moses, der sagte: „Israel wohnt sicher, abgesondert der Quell Jakobs“ (5Mo 33,28). Andererseits scheint es sich darauf zu beziehen, dass der Überrest noch vertrieben ist und sich im Wald vor dem Feind versteckt hat.

Zum Segen gehört auch das Wohnen „inmitten des Karmel“, d. h. in einem guten und weiten Land (2Mo 3,8). Sie sehen dieses Land von ihrem Versteck aus um sich herum und freuen sich darauf, seine Früchte wieder zu genießen. Basan und Gilead liegen in der Gegend auf der anderen Seite des Jordans und sind ebenfalls Gebiete, die reich an Weiden sind (4Mo 32,1). Ihre Sehnsucht ist, dass alles „wie in den Tagen der Vorzeit“ sein wird, womit sie die Tage Davids und besonders die Tage Salomos meinen.

Antwort auf Gebet

Die Antwort Gottes geht über die Frage hinaus. Er verweist wieder auf seine Wunder beim Auszug aus Ägypten (Mich 4,10; Mich 6,4). Der Auszug aus Babel war nicht von Wundern begleitet, der Auszug aus Ägypten schon. Er beginnt mit ihnen daher erneut so, wie es am Anfang war. Die Not ist so groß, dass Wunder nötig sind, um aus der Not herauszukommen. Der HERR verspricht, dass Er sie vollbringen wird.

Konsequenzen für die Nationen

Eine zusätzliche Wirkung der Wunder ist, dass die Nationen „sehen und beschämt werden“. Wenn Gott sich durch das Kommen des Messias für sein Volk einsetzt, werden die Nationen keine Kraft mehr haben. Sie werden keine Antwort mehr haben. „Die Hand auf den Mund legen“ ist auch ein Zeichen der Bestürzung, der Ehrfurcht, des Schweigens aus Ehrfurcht vor dem, was sie sehen (Ri 18,19; Hiob 21,5; Hiob 29,9; 10).

Ihre Taubheit kann wörtlich gemeint sein und die Folge der ohrenbetäubenden Ereignisse sein, die Gott geschehen lässt (vgl. Hiob 26,14). In einem geistlichen Sinn kann es bedeuten, dass sie taub sind wegen der vielen und wundersamen Dinge, die sie hören, die aber nicht zu ihnen durchdringen, weil sie es nicht fassen können.

Ihre Haltung gegenüber dem HERRN wird sich dann radikal geändert haben. Sie werden Ihm nicht mehr mit ihren kühnen Aussagen trotzen. Wie die Schlange und andere kriechenden Tiere der Erde werden sie gedemütigt werden und Staub lecken (1Mo 3,14; vgl. Ps 72,9 über den Messias; Jes 49,23 über Israel). Wie die Schlangen aus ihren Löchern kommen, so werden die Völker zitternd vor den Messias kommen. Alle Rebellion ist verschwunden. Es gibt nur noch Zittern, Furcht und Schrecken vor „dem HERRN, unserem Gott“, der der Gott seines Volkes ist.

Wer ist ein Gott wie du?

Die kommende herrliche Befreiung erweckt das Lob angesichts dessen, Wer Gott ist. In der Frage: „Wer ist ein Gott wie du?“ erkennen wir die Bedeutung von Michas Namen: „Wer ist wie Jahwe?“ Sie erinnert auch an den Lobpreis Moses bei der Befreiung des Volkes aus Ägypten (2Mo 15,11). Im Hinblick auf die kommende Befreiung drückt der treue Überrest die gleiche Bewunderung für Gott aus. Diese Bewunderung wird noch größer, wenn wir sehen, dass Gott sein Volk nicht nur von äußeren Mächten befreit, sondern vor allem von der viel größeren Macht der Sünde und ihrer Schuld. Wer ist wie Gott, der vergibt?

Bei der Befreiung aus Ägypten gab sich Gott als der Gott zu erkennen, der unvergleichlich erhaben ist über alle Götter. Wenn er sein Volk wieder annimmt, das wegen seiner Sünden wie ein Ausgestoßener unter den Völkern war, gibt sich Gott als der Gott zu erkennen, der unvergleichlich barmherzig und gnädig ist angesichts der „Ungerechtigkeit“ und der „Übertretung“ (vgl. 2Mo 34,6; 7). Es ist untrennbar mit seinem Wesen verbunden, dass Er bereit ist, Sünden zu vergeben.

In der Zukunft wird Er auf diese Weise mit „dem Überrest seines Erbteils“ handeln. Er wird alle seine Verheißungen an einem gottesfürchtigen Überrest erfüllen, den Er nach der Erwählung seiner Gnade für sich bewahrt. Er behält seinen Zorn nicht ewig für jeden zurück, der in Verbindung mit seinem Sohn steht und dem das Werk seines Sohnes angerechnet wird (vgl. Ps 103,9; Jes 57,16). Sein Zorn bleibt aber für immer auf denen, die den Sohn verwerfen (Joh 3,36b). Es ist seine Freude, Güte zu erweisen (vgl. Ps 103,8).

Micha bekennt als Mund des Überrestes, dass Gott sich wieder über sie erbarmen wird. Die Ungerechtigkeiten werden keine Bedrohung mehr sein. Micha – und der Überrest, in dessen Namen er spricht – weiß, dass Gott sie „niedertreten“ wird. Das deutet darauf hin, dass er die Macht und Tyrannei der Ungerechtigkeiten durch seine Kraft völlig niederringt. Die Sünde regiert nicht mehr, denn Er ist der Herrscher. Über uns, durch unsere Identifikation mit dem Werk Christi, regiert die Sünde nicht mehr (Röm 6,14).

Gott wird die Sünden an einen Ort entfernen, von dem sie nie wieder auftauchen werden: in die Tiefen des Meeres (vgl. 2Mo 15,4; 5; 10). Wenn Gott Sünden vergibt, sind sie nicht mehr zu finden und er sucht nicht nach ihnen (Jer 50,20; Jes 38,17). Er kann das mit unseren Sünden tun, weil der Herr Jesus sie an seinem Leib auf dem Holz getragen hat, wo Er das Gericht Gottes über sie empfangen hat (1Pet 2,24).

Gott erfüllt seine Verheißungen

Gott handelt mit seinem Volk, wie in den vorherigen Versen beschrieben, um alle seine Verheißungen zu erfüllen, die Er ihnen gegeben hat (1Mo 12,2; 3; Ps 105,9; 10). Er hat eine gerechte Grundlage dafür. Zwei Namen werden genannt, der von „Jakob“ und der von „Abraham“. Es ist bemerkenswert, dass Gott an Jakob „Treue“ und Abraham „Güte“ erweisen wird.

Wir hätten das vielleicht umgedreht. Immerhin war Jakob so oft untreu, dass die Erfüllung der ihm gegebenen Verheißungen ein besonderes Zeichen der Güte Gottes gewesen wäre. Abrahams Treue würde mehr der Treue Gottes entsprechen. Aber es ist anders und richtig, wie es hier geschrieben steht. Gerade im Angesicht des untreuen Jakob wird die Treue Gottes deutlich. Und gegenüber dem treuen Abraham ist die Erfüllung der Verheißungen Gottes letztlich nicht das Ergebnis von Abrahams Treue, sondern der Güte Gottes.

Es ist darauf hingewiesen worden, dass wir die neutestamentliche Parallele zu diesen Versen in Römer 11 finden. Mit Micha und Paulus können und wollen wir es am Ende dieses Buches als Lobpreis wiederholen:

„O Tiefe des Reichtums, sowohl der Weisheit als auch der Erkenntnis Gottes! Wie unerforschlich sind seine Gerichte und unergründlich seine Wege! Denn wer hat den Sinn des Herrn erkannt, oder wer ist sein Mitberater gewesen? Oder wer hat ihm zuvor gegeben, und es wird ihm vergolten werden? Denn von ihm und durch ihn und für ihn sind alle Dinge; ihm sei die Herrlichkeit in Ewigkeit! Amen“ (Röm 11,33-36).

© 2023 Autor G. de Koning

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