Jesaja 38
Isaiah 38 Kingcomments Bibelstudien

Einleitung

Die persönliche Geschichte Hiskias in diesem Kapitel ergänzt die Prophezeiung der Wiederherstellung Israels in den beiden vorherigen Kapiteln. In diesen beiden Kapiteln ging es um die äußere Wiederherstellung, während es in diesem Kapitel um die innere, geistige Wiederherstellung geht.

Hiskias Krankheit und sein Gebet

In den Tagen der Invasion des Königs von Assyrien in Juda und der Belagerung Jerusalems wird Hiskia schwer krank (Jes 38,1). Jesaja muss ihm sogar mitteilen, dass er sterben wird und dass er im Hinblick auf seinen Tod bestimmte Dinge für sein Haus regeln soll. Er soll sein Testament machen. Daraufhin wendet Hiskia sein Gesicht von allem ab, was ihn ablenken könnte – es darf auch niemand sein Gesicht sehen – und gibt sich dem Gebet hin (Jes 38,2).

Unter starkem Weinen, das seinen großen Schmerz zeigt, spricht er zum HERRN darüber, wie sein Herz und sein Handeln ganz auf Ihn ausgerichtet sind (Jes 38,3). Er möchte so gerne leben. Dass Männer nicht weinen, ist ein törichter Gedanke. Intensive Trauer sollte nicht unterdrückt werden, sondern darf vor dem Herrn zum Ausdruck kommen (Klgl 2,19).

Für den Israeliten ist der Wunsch weiterzuleben, völlig berechtigt. Denn wenn er treu ist, wird ihm ein langes Leben verheißen. Hiskia ist treu gewesen. Sterben zu müssen erinnert ein wenig an den Zorn Gottes. So alt ist er noch nicht, er ist zu diesem Zeitpunkt etwa vierzig Jahre alt. Hinzu kommt, dass der Zustand des Landes schlecht ist und er keinen Thronfolger hat. Obwohl sein Gebet keine klare Bitte um eine Verlängerung seines Lebens enthält, weiß der HERR, was im Herzen Hiskias ist.

Prophetisch gesehen geht es um das Werk, das Gott in der Zukunft in den Herzen des gläubigen Überrestes tun wird. Auch sie werden vom Tod gerettet werden, der von außen droht, durch den Assyrer, und der von innen her droht durch das Tier, den Antichristen. Der HERR lässt dies zu, um den gläubigen Überrest beten zu lehren mit dem Bekenntnis ihrer Sünden – genauso wie die Brüder Josephs im Gefängnis und genauso wie die zehn Tage vor dem großen Versöhnungstag, die geprägt sind von dem Bekenntnis der Sünden. Dieses Bekenntnis ist notwendig wegen der beiden großen Sünden Israels: der Verwerfung des Messias und dem Götzendienst, der mit der Annahme des Antichristen verbunden ist.

Verheißung der Heilung und Befreiung

Jesaja darf Hiskia die Antwort des HERRN auf sein Gebet überbringen (Jes 38,4). Es ist eine Antwort der Gnade (Jes 38,5). Der HERR sagt nichts über die Treue und das vollkommene Herz, worauf Hiskia sich berufen hat. Es gibt auch keine Vorwürfe. Der HERR antwortet als „der HERR, der Gott deines Vaters David“. Seine Barmherzigkeit gegenüber jedem, der Ihn anruft, ist gegründet auf den Herrn Jesus, den wahren David.

Der Hinweis, dass der HERR der Gott Davids ist, erinnert an die Verheißung, dass das Geschlecht Davids niemals enden wird. Zu dieser Zeit hat Hiskia noch keinen Sohn, der ihm nachfolgen könnte. Manasse wird erst drei Jahre später geboren. Gottes Verheißung der Ankündigung des Todes und gleichsam der Auferstehung Hiskias, von der der dritte Tag spricht (2Kön 20,5; Hos 6,2), sind ein wunderschönes Beispiel dafür, wie Gott Israel bald wiederherstellen wird. Es wird „Leben aus den Toten“ sein (Röm 11,15), die Auferstehung ihrer Toten, der Leichnam wird auferstehen (Jes 26,19; Hes 37,1-14; Dan 12,1-3).

Gott lässt Hiskia auch wissen, dass Er seine Tränen gesehen hat (Jes 38,5). Er sammelt sie sogar und verzeichnet sie in seinem Register, seiner göttlichen Bibliothek (Ps 56,9). Er schreibt sie nicht auf, weil Er sie vergessen könnte, sondern um uns zu zeigen, wie wichtig sie für Ihn sind.

Hiskia bekommt fünfzehn zusätzliche Jahre. Der HERR bestätigt auch die Verheißung, dass der König von Assyrien die Stadt nicht einnehmen wird (Jes 38,6). Hier zeigt sich, dass Hiskias Krankheit, sein Gebet und die Erhörung desselben chronologisch der im vorigen Kapitel beschriebenen Befreiung Jerusalems vorausgehen. Es geht dem Heiligen Geist hier um die moralische Ordnung und nicht um die historische.

Hiskia bittet um ein Zeichen des HERRN, im Gegensatz zu Ahas (Jes 7,10-14). Ahas hat sich geweigert zu glauben, Hiskia hat den Wunsch, dem HERRN zu vertrauen. Der HERR verspricht ein Zeichen als Beweis dafür, dass Er tun wird, was Er gesagt hat (Jes 38,7). Dieses Zeichen besteht in einem Eingriff in den Lauf der Natur (Jes 38,8; vgl. Jos 10,12; 13a). So wie das Zurückweichen der Sonne gegen die gottgegebenen Naturgesetze verstößt, so wird der HERR die Krankheit Hiskias in unnatürlicher Weise heilen. Die Heilung Hiskias wird mit der Macht Gottes über die Sonne verbunden. Die Sonne ist ein Abbild eines Machthabers. Machthaber müssen weichen, wenn der HERR für sein Volk, seinen Überrest, eintritt. Gott siegt über Hiskias Krankheit und auch über die Machthaber, die sein Volk so sehr haben leiden lassen.

Indem Er die Sonne zurückgehen lässt, sorgt der HERR dafür, dass dieser Tag länger als normal dauert. So wundersam wie dieser Eingriff ist, so wundersam wird auch die Verlängerung von Hiskias Leben sein. Um dieses Zeichen sichtbar zu machen, benutzt der HERR die Sonnenuhr des götzendienerischen und bösen Königs Ahas, der diese Sonnenuhr als götzendienerischen Gegenstand gebaut hat. Die Sonnenuhr zeigt an, dass die Zeit auf das Gericht zusteuert. Durch Gottes Macht wird durch die Sonnenuhr deutlich, dass Er die Gnadenzeit länger dauern lässt und damit das Gericht aufschiebt und die Gnade das Gericht überwindet.

Hiskias Dankeslied

Der historische Teil von Jesaja 36–39 findet sich, wie bereits erwähnt, auch in 2. Könige 18–20 und 2. Chronika 32. Eine Ausnahme bilden diese Verse. Damit wird sofort klar, dass die erste Bedeutung dieses Abschnitts nicht praktisch, sondern prophetisch ist. Er ist geschrieben als ein Psalm des Dankes, aber mit der Struktur eines Klageliedes. Es ist ein Begräbnislied, das auf einmal ein Geburts- und Lebenslied geworden ist. Es besteht ebenfalls aus zwei Teilen:
1. Ein Gebet des Flehens wegen Hiskias Krankheit und seiner Leiden (Jes 38,10-14)
2. Ein Lied der Danksagung wegen Hiskias Heilung und neuem Leben (Jes 38,15-20)

Hiskia durchlebt seine Krankheit und Heilung als aus der Hand des HERRN kommend. Es hat ihn in tiefe Übungen gebracht. Er hat das Bedürfnis, diese Übungen aufzuschreiben (Jes 38,9). Darin erkennen wir vieles von dem wieder, was wir in dem Buch der Psalmen über die Gefühle des Überrestes in großer Not lesen. Es ist der Geist Christi, der sich mit dem Überrest verbindet und der auch in Hiskia wirkt. Das Leiden Hiskias ist auch das Leiden des Überrestes in der großen Drangsal, von der sie erkennen werden, dass sie wegen ihrer Sünden über sie kommt.

Als Sohn Davids ist Hiskia auch ein Bild des Herrn Jesus. Was er hier erlebt, ist auch ein Bild von dem, was der Herr Jesus durchgemacht hat. Er hat die Leiden des Todes geschmeckt (Heb 2,9), nicht für seine eigenen Sünden, sondern für die Sünden seines Volkes. Er hat darum gefleht, aus dem Tod errettet zu werden, und Er wurde errettet (Heb 5,7). Ihm wurde eine Verlängerung des Lebens gegeben, nicht nur fünfzehn Jahre, sondern bis in Ewigkeit (Heb 7,17).

In Jes 38,10 wird der Scheol vorgestellt, als ob dieser Pforten hätte, durch die der Mensch nach innen geht (vgl. Hiob 38,17; Ps 9,14). In seiner Krankheit sieht sich Hiskia in der Kraft seines Lebens mit dem Tod konfrontiert, der ihn daran hindert, seine Jahre zu erfüllen. Dies stimmt mit den prophetisch aufgezeichneten Empfindungen des Herrn Jesus überein (Ps 102,24; 25a; vgl. Lk 23,31). „In der Hälfte meiner Tage“ heißt wörtlich „im Gleichgewicht meiner Tage“. Gleichgewicht bedeutet: auf halbem Weg. Das ist wahr für Hiskia, für den Herrn Jesus, aber auch für das Volk Israel.

In seiner Krankheit denkt er mit Schmerz daran, dass dies das Ende seiner Gemeinschaft mit dem HERRN und den Menschen bedeutet (Jes 38,11). Er wird nicht mehr in den Tempel hinaufgehen können (Ps 27,4). Er spürt, wie durch seine Krankheit sein Körper, sein „Hirtenzelt“, abgebrochen und weggeführt wird (Jes 38,12; vgl. 2Kor 5,1; 2Pet 1,13; 14). Er vergleicht den HERRN mit einem Weber. So wie ein Weber das Gewebe aufrollt (vgl. Jes 22,17; 18a), weil das Weben beendet ist, so sieht Hiskia sein Leben als beendet an. Er verstärkt diesen Gedanken, indem er vom „Abschneiden“ des Gewebes vom Weberbaum spricht.

Er fühlt sich durch den HERRN den Schmerzen des Todes preisgegeben, ohne Ruhe zu finden (Jes 38,13). Er empfindet es auch als etwas, das plötzlich über ihn kommt. Sowohl am Ende von Jes 38,12 als auch von Jes 38,13 sagt er: „Vom Tag bis zur Nacht wirst du ein Ende mit mir machen.“ Damit scheint er auf eine plötzliche, dramatische Veränderung seiner Lebensumstände hinzuweisen: Morgens ist er noch völlig gesund, abends wäre er tot.

In einem weiteren Bild sieht er den HERRN als einen Löwen, der ihm alle Knochen zerbricht. Er erlebt dieses Handeln des HERRN als so schwer, dass er wieder sagt, dass er die Pein darüber Tag und Nacht spürt. Er ist nicht eine Sekunde lang frei davon. Er hat nicht mehr die Kraft zu rufen. Seine Stimme ist geschwächt wie das Zirpen einer Schwalbe und das Girren einer Taube (Jes 38,14).

Hiskia vergleicht sich nicht ohne Grund mit diesen Vögeln. Es sind Vögel, die in besonderer Weise die Verbindung mit der Gegenwart des HERRN symbolisieren (Ps 84,4; Mk 1,10). Er verlangt nach der Gegenwart des HERRN, aber er erfährt Distanz und Ablehnung. Seine schmachtenden Augen richten sich nach oben, während er dem HERRN seine Angst sagt und Ihn bittet, sein Bürge zu sein (Hiob 17,3a), sodass er nicht dem Scheol preisgegeben wird.

Jetzt, wo er seine Gefühle während seiner Krankheit wiedergegeben hat, sie durchlebte und nunmehr geheilt ist, weiß er nicht, was er noch sagen soll (Jes 38,15). Immerhin hatte der HERR gesagt, dass er sterben würde und auch, dass er wieder gesund werden würde. Er hat sich erholt und wird nach seinem bitteren Seelenleiden noch Jahre leben.

Er lebt durch diesen Umgang des HERRN mit ihm (Jes 38,16). Was er vom HERRN empfangen hat, hat ihm seine Geisteskraft zurückgegeben. Das liegt nicht allein an der Tatsache und dem Zeitpunkt der Heilung, sondern geschah bereits schon ab dem Moment, da der HERR ihm die Verheißung gab. Das Sprichwort „die Hoffnung stirbt zuletzt“ ist wahr für alle, die weiterhin darauf vertrauen, dass Gott alle seine Verheißungen erfüllen wird.

Es hat eine enorme Veränderung stattgefunden. Die bittere Prüfung hat sich in Heil verwandelt (Jes 38,17). Die Rettung ist so groß, weil die Prüfung so groß und bitter gewesen ist. Hiskia weiß, dass er dem Grab in dem Moment nahe war, als sein Leben beinahe dort geendet hätte. Dies hat nichts mit dem vollständigen Aufhören der Existenz zu tun. Es hat mit dem Verschwinden von der Weltbühne zu tun. Er würde im Grab verschwinden und nie wieder gesehen werden. Es schien, als ob er nicht mehr existierte, aber der HERR rettete ihn vor diesem Schicksal.

Er sieht darin den Beweis, dass der HERR alle seine Sünden hinter seinen Rücken geworfen hat (vgl. Mich 7,19). Wenn Hiskia gestorben wäre, hätte er den HERRN auf der Erde nicht mehr preisen können (Jes 38,18). Er weiß noch nicht, dass die gestorbenen Gläubigen in der Gegenwart des Herrn Jesus leben (Lk 23,43). Paulus sehnt sich sogar danach, die vollkommene Gemeinschaft bei Ihm in der Herrlichkeit zu genießen (Phil 1,23).

Die Erwartung der alttestamentlichen Gläubigen war jedoch, dass sie eines Tages auferstehen und dann den Segen der Gemeinschaft mit dem HERRN genießen werden (Hiob 19,25-27; Ps 17,15). Für Hiskia ist das Loben des HERRN mit dem Leben auf der Erde verbunden (Jes 38,19). Er möchte dies auch an seine Kinder weitergeben, an die nächste Generation (Ps 22,31; 32; Ps 71,18). Ein Vater ist einer, der seinen Kindern von der Treue des Herrn erzählt.

Obwohl wir als neutestamentliche Gläubige, das sind die Glieder der Gemeinde, nicht mit der Erde, sondern mit dem Himmel verbunden sind, soll unser Leben auf der Erde doch auch dieses große Kennzeichen haben: dass es ein fortwährender Lobgesang in Bezug auf die Herrlichkeit des Herrn Jesus ist (Heb 13,15; 1Pet 2,5). Wir dürfen auf der Erde mit etwas beginnen, das wir bis in alle Ewigkeit fortsetzen werden, und das ist „den Vater anzubeten in Geist und Wahrheit“ (Joh 4,23). Lasst uns das an zukünftige Generationen weitergeben, bis der Herr kommt, um uns zu holen.

In Jes 38,20 versetzt sich Hiskia zurück zu dem Moment, als Jesaja ihm im Namen des HERRN mitteilt, dass er wieder gesund werden wird. Hiskia ist darüber so erfreut, dass er sein ganzes Volk – wie das Wort „wir“ beweist – in den Jubel darüber einbezieht. Der Ort, an dem diese Freude zum Ausdruck kommt, ist das Haus des HERRN. Es ist auch kein kurzlebiger Ausdruck, sondern einer, der „alle Tage unseres Lebens“ da sein wird.

Medizin und Zeichen

Hiskia betete um Heilung und Jesaja informierte Hiskia über die Erhörung seines Gebetes. Jesaja startete keine Gebetsheilungskampagne, um die bereits versprochene Heilung mit einer Zurschaustellung zu umrahmen. Er benutzte vor der Heilung ein Mittel, das bekannt für seine heilende Wirkung war (Jes 38,21). Hiskia hatte ein bösartiges Geschwür. Es wird angenommen, dass der Feigenkuchen das im Körper befindliche Gift anzog. In jedem Fall geschah die Heilung durch die Kraft, die der HERR diesem Feigenkuchen gab.

Die Verheißung der Heilung wurde von Hiskia nicht bedingungslos geglaubt, sondern offenbarte noch eine gewisse Schwäche in seinem Glauben. Er mag die Verheißung erhalten haben, dass er gesund werden würde, und die Medizin mag ihm verabreicht worden sein, aber er bat auch darum, ob noch ein Zeichen gegeben werden kann (Jes 38,22). Der Grund, warum er gesund werden wollte, spricht aber von der Liebe zum HERRN. Er wollte nämlich gesund werden, damit er zum Haus des HERRN hinaufgehen konnte.

© 2023 Autor G. de Koning

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