Lukas 3
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Die Zeit, in der Johannes auftritt

Der vorige Abschnitt zeigte den Herrn Jesus im Alter von zwölf Jahren. Seitdem sind achtzehn Jahre vergangen. Der Dienst des Herrn Jesus beginnt und wird durch Johannes den Täufer eingeläutet, so wie seinerzeit der Prophet Samuel der Vorläufer Davids war. Der Zeitpunkt, zu dem er zuerst auftritt, wird in Verbindung mit der heidnischen Vorherrschaft über das Volk Gottes genannt.

Judäa ist eine Provinz, die der Gewalt des Reiches der Nationen untersteht. Die anderen Gebiete Kanaans sind verschiedenen Gouverneuren unterstellt, die wiederum dem Kaiserreich unterstellt sind. Das Volk befindet sich zu dem Zeitpunkt sowohl äußerlich als auch innerlich in einem chaotischen Zustand. Es ist der Wille Gottes, dass sein Land von seinem Messias regiert wird, dem König-Priester (Sach 6,1). Diesen Zustand hat Gott im Alten Testament in David und Levi vorgebildet.

Sowohl das Königtum als auch das Priestertum sind jedoch in die Hände von Menschen gelangt, die sich um Gott nicht kümmern, sondern nur an sich denken. Über das Land Gottes herrscht der Kaiser des Römischen Reiches, der sich durch seinen Statthalter Pontius Pilatus vertreten wird. Zusätzlich regieren noch verschiedene Vierfürsten. Ein Vierfürst ist ein Fürst, dem der vierte Teil eines Landes untersteht. Das bedeutet eine noch weitergehende Zersplitterung des Reiches als in die beiden Teile, in die es schon aufgeteilt war. Zwei dieser Vierfürsten gehören zur Herodes-Dynastie, das heißt, sie stammen von Esau ab. Sie mögen dann zwar zu einem Brudervolk gehören, aber dieses Brudervolk ist einer der größten Hasser des Volkes Gottes.

Da ist nicht nur die ungewöhnliche heidnische Vorherrschaft, auch im Inneren ist alles in Verwirrung. Es gibt zwei Hohepriester. Wer hat je gehört, dass zwei Hohepriester da waren?! Annas ist der Schwiegervater des Kajaphas (Joh 18,13).

Am Ende dieses Evangeliums sehen wir, wie alle diese Leiter, politisch und religiös, gemeinsame Sache machen, um den Herrn Jesus ans Kreuz zu bringen.

Johannes der Täufer und das Wort Gottes

In den soeben beschriebenen Umständen kommt das Wort Gottes zu Johannes. Das ist ein ganz bedeutungsvolles Ereignis. Vierhundert Jahre lang war kein Prophet mit dem Wort Gottes zu Israel gekommen. Das Wort Gottes ergeht an Johannes in der Wüste, nicht an die religiösen Führer in Jerusalem, dem religiösen Zentrum. Dort hat Gott mit seinem Wort keinen Zugang mehr, denn die Führer bestimmen ihren eigenen Kurs und haben sich seiner Stimme verschlossen. Die Wüste ist der Ort, der dem geistlichen Zustand des Volkes entspricht. Hier beginnt der Dienst des Propheten Johannes. Gott sendet immer dann einen Propheten, wenn das Volk in Verfall ist.

Frühere Propheten haben dazu aufgerufen, zu dem Gesetz, das sie gebrochen hatten, zurückzukehren. Johannes fährt damit nicht fort, er ruft zur Buße auf. Sie müssen einsehen, dass sie auf der Grundlage des Gesetzes hoffnungslos verloren sind.

Der Ort, wo er predigt, ist nicht der Tempel oder Jerusalem. Er hat sich von dem religiösen Zentrum zurückgezogen. Er predigt am Jordan. Dieser Fluss versinnbildlicht den Tod und die Auferstehung Christi. Dessen Vorläufer ist er, und auf Ihn weist er in seiner Predigt hin. In seiner Predigt ruft er zur Buße auf, damit sie Vergebung der Sünden empfangen und sich taufen lassen. Die Taufe verbindet jemanden mit Christus und stellt ihn auf seine Seite.

Es gibt einen Unterschied zwischen der Taufe des Johannes und der christlichen Taufe. Die Taufe des Johannes verbindet mit dem lebenden Messias. Die christliche Taufe verbindet mit einem verworfenen und gestorbenen Christus (Röm 6,3). Die Taufe des Johannes hat es mit Buße und Vergebung von Sünden zu tun. Nur auf diese Weise kann jemand wirklich mit Christus verbunden werden. Zugleich distanzieren sich solche, die sich taufen lassen, von dem gottlosen Volk. Sie bilden einen Überrest, der Christus erwartet. Die Predigt und die Taufe des Johannes haben zum Ziel, die Herzen geistlich zum Empfang des Messias vorzubereiten.

Das Auftreten des Johannes ist vorhergesagt, nicht „im Buch des Propheten Jesaja“, sondern „in dem Buch der Worte Jesajas, des Propheten“. Dadurch legt Lukas den Nachdruck darauf, dass jedes Wort des Buches inspiriert ist. Es geht nicht nur um die große Linie, sondern um jedes Wort. Das sehen wir auch in diesem Zitat. Mit dem Kommen des Herrn Jesus ist diese Prophezeiung erfüllt. Johannes ist nur eine Stimme. Er tritt völlig hinter dem zurück, den er ankündigt.

Das Zitat aus Jesaja stellt Johannes als „Stimme eines Rufenden in der Wüste“ vor. Und was ruft Johannes? Er ruft das Volk auf, den Weg des Herrn, das ist Jahwe, zu bereiten. Der Herr Jesus ist der Jahwe des Alten Testaments. Johannes ruft das Volk auf, sich vorzubereiten, Jahwe, der in Christus kommen wird, zu empfangen. Diese Vorbereitung muss im Herzen geschehen und in die Praxis umgesetzt werden, indem man die Wege ebnet. Dazu predigt er die Taufe der Buße zur Vergebung der Sünden.

Das Kommen Christi hat eine herrliche und weitreichende Folge, die sich nicht auf Israel beschränkt. Lukas spricht unter der Leitung des Heiligen Geistes über „jedes Tal“ und über jeden „Berg und Hügel“ und über „alles Fleisch“. In Matthäus, Markus und Johannes geht das Zitat nicht so weit. Doch Lukas ‒ obwohl er mit den Juden beginnt ‒ belässt es nicht bei ihnen; er hat alle Völker im Blick. Darum fügt der Heilige Geist dort in den Lk 3,5; 6 besondere Ausdrücke hinzu, die die Reichweite und den großen Umfang beschreiben. Der, der kommt, ist niemand anders als Gott, offenbart im Fleisch. Darum ist die Errettung, die durch Ihn kommt, nicht auf Israel beschränkt, sondern kommt zu „allem Fleisch“. Diese Gnade für alle Menschen ist das besondere Thema von Lukas.

Die Predigt des Johannes des Täufers

Es kommen zwar Volksmengen zu Johannes, aber das heißt nicht, dass er nur eine Masse sieht und keinen Blick für den Einzelnen hat. Johannes spricht nicht allgemein zu den Volksmengen, er spricht den Einzelnen an. Er macht das Evangelium zu einer persönlichen Sache und wacht darüber, dass Personen sich nicht von der Masse zu einer Wahl mitreißen lassen, die nicht aus einer wirklichen inneren Überzeugung hervorkommt.

Sein Auftreten hat nichts von der Volksbelustigung, zu der das Evangelium heute leider manchmal herabgewürdigt wird. Er richtet seine nicht gerade schmeichlerischen Worte an die Volksmengen, um ihnen klarzumachen, von wem sie in Wirklichkeit abstammen. Sie haben den Teufel zum Vater. Sie brauchen nicht zu denken, sie könnten sich rühmen, Nachkommen Abrahams zu sein (Joh 8,39), so dass der kommende Zorn sie wohl nicht treffen werde. So ist das nicht. Die klare Sprache des Johannes wird die wirklich Gedemütigten unter ihnen daher auch nicht zurückschrecken lassen, sondern gerade in ihrer Buße bestätigen.

Johannes weist darauf hin, dass aufrichtige Reue bei jemandem in dem Leben zu sehen ist, das er führt. Zur Buße gehören Früchte, die ihr entsprechen. Würdige Früchte der Buße sind es, die Wahrheit zu reden und Dinge zu tun, die nach dem Willen Gottes sind. Solche Früchte kommen aus dem neuen Leben hervor, das jemand bekommt, wenn er sich bekehrt. Es sind jedoch Menschen unter seiner Zuhörerschaft, die getauft werden wollen, weil sie der Meinung sind, ein Recht darauf zu haben. Bei ihnen ist nicht von Buße die Rede, denn die brauchen sie nicht, wie sie meinen. Gehören sie nicht zum Geschlecht Abrahams? Gehören sie nicht zu dem auserwählten Volk Gottes? Dann haben sie ein Recht auf alle Segnungen.

Solche Argumentationen zeigen, dass kein Bewusstsein dafür da ist, ein Sünder zu sein und die Hölle zu verdienen. Sich auf die Abstammung zu berufen, gibt keinen Zugang zum Segen. Sich äußerer Vorrechte zu rühmen, lässt Gott unbeeindruckt (Joh 8,33-40). Er sucht Wahrheit im Innern (Ps 51,8). Gott ist auch nicht verpflichtet, einen Menschen aufgrund dessen, was er fordert, zu segnen. In seiner Allmacht kann Er aus toten Steinen Kinder erwecken und die dem Abraham zurechnen. Das hat Er in gewissem Sinn auch mit jedem Menschen getan, der zur Bekehrung gekommen ist (Röm 4,9-12). Nicht die natürliche Abstammung macht zu Kindern Gottes, sondern nur der Geist Gottes und das Wort Gottes (Joh 3,5). Gott erweckt seine Kinder aus wertlosem, totem Material.

In seiner Predigt weist Johannes auf das Gericht hin, das das Volk in Kürze treffen würde. Mit dem Kommen Christi ist nicht nur Segen verbunden, sondern auch Gericht. Jeder, der Ihn verwirft und also keine gute Frucht bringt, wird vom Leben abgeschnitten und in das Feuer der Hölle geworfen werden. Die Axt ist schon an die Wurzel gelegt, das heißt, an die Ursache, das Problem der schlechten Früchte. Die Wurzel taugt nicht, und darum taugen auch die Früchte nicht. Weil die Wurzel verdorben ist, gibt es nur verdorbene Frucht oder gar keine Frucht. Mit dem alten Menschen ist nichts anzufangen.

Früchte der Buße zeigen

Die Predigt des Johannes beeindruckt die Volksmengen stark. Sie fragen, was sie tun müssen, welche Früchte zur Buße gehören. Auf diese Fragen bekommen die verschiedenen Gruppen, die zu Johannes kommen, von ihm jede die passsende Antwort. In den unterschiedlichen Antworten, die Johannes gibt, scheint eine gemeinsame Wurzel des Bösen sichtbar zu werden, und das ist die der Habsucht, die Geldsucht. Wie wir mit Geld umgehen, gibt ausgezeichnet an, wie es um unser Herz bestellt ist. Wenn Christus nicht Herr über unser Geld und unseren Besitz ist, dann ist Er nicht unser Herr.

Die erste Gruppe muss anderen von ihrem Überfluss abgeben. Die zweite Gruppe soll andere nicht berauben, um sich selbst zu bereichern. Die dritte Gruppe soll mit dem zufrieden sein, was sie hat. Zu den Volksmengen ganz allgemein sagt Johannes, dass sie von ihrem Wohlstand anderen, die nichts haben, abgeben müssen.

Das ist ein wichtiger Gradmesser für die Echtheit der Bekehrung. Wenn Leben aus Gott vorhanden ist, wird sich das darin zeigen, dass wir andern von unserem Besitz abgeben. Gott ist ein gebender Gott. Wer die Natur Gottes hat, wird so handeln wie Er. Der reiche Jüngling – hier ein Oberster genannt – illustriert das Gegenteil (Lk 18,18-30).

Eine Sondergruppe in der Volksmenge ist die der Zöllner. Auch sie sind gekommen, um sich taufen zu lassen, und sie fragen, was von ihnen erwartet wird. Das ist eine gute Frage. Jemand, der gerade erst zur Bekehrung gekommen ist, weiß nicht immer sofort, wie er sich in allen Dingen des täglichen Lebens verhalten muss. Häufig wird durch die Bekehrung zwar ein richtiges Gespür dafür da sein, was geziemend ist, aber oft muss auch erst darauf hingewiesen werden. Dann wird die Einsicht auch vorhanden sein und das Handeln wird folgen. Das Böse, was die Zöller kennzeichnet, ist nicht ihr Beruf, sondern die Art und Weise, wie sie ihn ausüben. Sie missbrauchen ihre Stellung und fordern mehr als nur die vorgeschriebenen Steuern, die sie einziehen sollen. Johannes sagt ihnen, was sie tun sollen. In der Bekehrung des Zöllners Zachäus sehen wir ein Beispiel für das, was Johannes hier sagt (Lk 19,1-10; Lk 5,27-30). Zachäus tut sogar mehr als das, was Johannes den Zöllnern sagt.

Die Soldaten bilden eine andere Sondergruppe, die mit der Frage zu Johannes kommt, was sie tun sollen. Auch für Soldaten ist nicht ihr Beruf das Böse, was sie kennzeichnet; das Böse ist, dass sie ihre Macht missbrauchen. Zugleich zeigen sie deutlich, dass sie mit ihrem Sold unzufrieden sind. Soldaten einer Besatzungsmacht haben Gewalt über andere. Machtausübung bringt häufig das Böseste im Menschen an die Oberfläche. Die Habsucht treibt ihn dazu, seine Macht zu missbrauchen, um sich selbst auf Kosten anderer zu bereichern. Plündern ist Stehlen, es bedeutet, sich widerrechtlich den Besitz eines anderen anzueignen, indem man Gewalt anwendet und ohne jemanden zu verschonen. Solche Menschen haben kein Gewissen und werden andere leicht falsch beschuldigen, um selbst von Strafe verschont zu werden oder selbst besser davonzukommen. Wichtig ist noch, dass sie mit ihrem Sold zufrieden sein sollen. Auflehnung gegen den Vorgesetzten, den Arbeitgeber, ist niemals eine Sache, die zur Bekehrung passt. Zufriedenheit ist ein Kennzeichen des Glaubens an einen fürsorglichen Gott und verhindert, dass geplündert wird.

Johannes zeugt von Christus

Das Volk ist durch diesen Mann und seine Predigt ganz gefesselt, und sie empfinden sehr wohl, dass das etwas ganz Besonderes ist. Dadurch kommen in ihren Herzen Überlegungen auf, Johannes könne vielleicht der Christus sein. Der Geist Gottes wirkt an ihnen. Die kraftvolle Predigt des Johannes, die er ohne Menschenfurcht hält, lässt alle an Christus denken. Es ist die Absicht Gottes, dass jede Predigt Christus zu den Menschen bringt. Sie sollen nicht denken, dass der Prediger Christus ist. Dass das Volk überlegt, ob Johannes vielleicht der Christus sei, macht deutlich, dass sie Vorstellungen von Christus haben, die nicht vom Geist Gottes gewirkt sind. Die Hirten und Simeon und Anna hatten keine Schwierigkeit damit, Christus zu erkennen.

Johannes durchschaut, was sie überlegen. Er weist daher jeden Gedanken, er könnte der Christus sein, sofort von der Hand und spricht über den Unterschied zwischen sich und Christus. In Treue weist Johannes auf den hin, der nach ihm kommt. Er erlaubt keinen Augenblick, dass das Volk hoch von ihm denkt. Er spricht von sich als jemanden, der mit Wasser tauft. Das ist eine symbolische Handlung. Was der Herr Jesus tun wird, geht viel weiter. Er wird seine Kraft beweisen, indem Er mit Heiligen Geist und mit Feuer tauft. Die Taufe mit dem Heiligen Geist ist das, was Er am Pfingsttag tat, als Er durch das Ausgießen des Heiligen Geistes die Gemeinde bildete.

Die Taufe mit Feuer ist das, was Er tun wird, wenn Er zum zweiten Mal auf die Erde kommt. Dann wird Er das Gericht über alle Gottlosen ausführen. Feuer ist das Gericht, das das Böse verzehrt. Im Licht dieser mächtigen Person hält Johannes sich nicht einmal für wert, den niedrigen Dienst zu tun, nämlich seine Schuhriemen zu lösen.

Christus wird seine Macht beweisen, indem Er vollkommenen unterscheidet zwischen denen, die Ihm angehören, und denen, die Ihm nicht angehören. Er wird den Weizen von der Spreu scheiden. Der Weizen sind die, die Ihm angehören, die Ihn als ihr Leben haben (Joh 12,24); die wird Er in „seine“ Scheune, den Himmel, sammeln. Die Spreu sind die Ungläubigen, die wird Er in das unauslöschliche Feuer der Hölle werfen.

Das Ende des Dienstes des Johannes

Johannes richtete noch viele weitere Ermahnungen an das Volk und verkündigte dadurch das Evangelium. Hier sehen wir, dass die Verkündigung des Evangeliums mit dem Ermahnen Hand in Hand geht. Zu allen Ermahnungen, mit denen Johannes das Evangelium verkündigt, gehört auch, dass er die Verdorbenheit in der Lebensweise des Herodes anprangert, die sich auf zahlreichen Gebieten äußerte.

Eine davon nennt Johannes besonders, und das ist seine ehebrecherische Beziehung mit Herodias, der Frau seines Bruders. Johannes verschont in seiner Predigt niemanden, wobei sein Hauptziel ist, jeden Menschen darauf vorzubereiten, Christus anzunehmen. Johannes der Täufer ist nicht nur treu im Blick auf die niedrigsten Klassen des Volkes, sondern auch im Blick auf die höchsten. Sein Zeugnis für Christus ist unbeirrt, er gibt nichts um eigene Ehre, damit er auf diese Weise den Herrn verherrlicht.

Nachdem Lukas den treuen Dienst des Johannes geschildert hat, erwähnt er seine Gefangennahme. Johannes erfährt dadurch Leiden um der Gerechtigkeit willen, denn er wird wegen seiner Gerechtigkeit ins Gefängnis gesperrt. Historisch geschieht das zwar erst später, denn Johannes hat auch den Herrn Jesus getauft, und darüber spricht der folgende Vers. Aber damit wird das Ende des Dienstes des Johannes festgestellt. Lukas tut das, damit alle Aufmerksamkeit nun auf den fällt, in dem die Gnade Gottes erschienen ist, „heilbringend für alle Menschen“ (Tit 2,11).

Die Taufe des Herrn Jesus

Von allen Berichten, die wir von der Taufe des Herrn haben, finden wir nur bei Lukas, dass Er nach seiner Taufe betet. Im Gebet äußert sich wahre Abhängigkeit. Lukas zeichnet das die vollkommene Menschheit des Herrn; er zeigt Ihn achtmal im Gebet, siebenmal auf der Erde und einmal von der Erde auf das Kreuz erhöht (hier und in Lk 5,16; Lk 6,12; Lk 9,18; 29; Lk 11,1; Lk 22,41; Lk 23,34).

Indem der Herr Jesus sich taufen lässt, nimmt Er seinen Platz ein inmitten der „Heiligen, die auf der Erde sind“ (Ps 16,3). Damit ist der Überrest gemeint, der Ihn erwartet. Von dem ersten Schritt an, den diese gedemütigten Seelen auf dem Weg der Gnade und des Lebens tun, finden wir den Herrn Jesus dort bei ihnen. Und wenn Er dort ist, bedeutet das zugleich die Gunst und das Wohlgefallen des Vaters und die Gegenwart des Heiligen Geistes. Das sehen wir, wenn der Himmel sich öffnet. Alle Aufmerksamkeit des Himmels gilt diesem betenden Menschen auf der Erde. Er hat nicht, wie Stephanus, einen Gegenstand im Himmel; Er ist selbst der Gegenstand des Himmels (Apg 7,55; 56). Jedes Mal, wenn der Himmel sich öffnet, ist Er der Gegenstand der Bewunderung des Himmels (Joh 1,51; Off 19,11).

Für einen Augenblick wird der Geist sichtbar, wird die Stimme des Vaters gehört und der Sohn ist sichtbar anwesend. Das ist eine wunderbare Offenbarung des dreieinen Gottes. In dem Sohn auf der Erde wohnt die ganze Fülle der Gottheit leibhaftig. Diese Fülle der Gottheit wohnt noch immer leibhaftig in Ihm, jetzt, wo Er in der Herrlichkeit des Himmels ist (Kol 1,19; Kol 2,9). Der Vater spricht aus dem Himmel Ihm gegenüber sein persönliches Wohlgefallen an Ihm aus. Das tut Er auch in Markus (Mk 1,11), während Er in Matthäus sein Wohlgefallen an seinem Sohn als ein Zeugnis vor anderen ausspricht: „Dieser ist mein geliebter Wohn“ (Mt 3,17). Gott gibt dieses Zeugnis, wenn die Gefahr besteht, dass Er auf eine Linie mit sündigen Menschen gestellt wird. Wir sehen das auch auf dem Berg der Verklärung (Lk 9,35). Christus nimmt seinen Platz als Mensch ein, doch Gott wacht darüber, dass wir Ihn weiterhin als den einzigartigen Menschen sehen.

Geschlechtsregister des Herrn Jesus

Lukas berichtet, dass der Herr Jesus ungefähr dreißig Jahre alt ist, als Er seinen öffentlichen Dienst beginnt. Im Alten Testament ist das das Alter, wenn die Leviten mit ihrem öffentlichen Dienst beginnen durften (4Mo 4,3; 23; 30; 35; 39; 43; 47).

Dann führt Lukas das Geschlechtsregister des Herrn Jesus auf. Er beginnt dieses Geschlechtsregister mit der Anmerkung, dass man meinte, Er sei ein Sohn Josephs. Joseph galt als sein Vater, das heißt als sein gesetzmäßiger Vater. Das ist wichtig für die legitimen Rechte des Herrn Jesus an den Thron Davids. Diese Rechte sind aus dem Geschlechtsregister Josephs ersichtlich, das Matthäus gibt (Mt 1,1-17). Wenn Lukas danach das Geschlechtsregister gibt, weicht das bis David in Lk 3,31 völlig von dem Geschlechtsregister in Matthäus ab. Das kann nichts anderes bedeuten, als dass wir hier das Geschlechtsregister haben, das über Maria geht, wie man allgemein annimmt.

Durch seine Geburt aus Maria ist Er Mensch. Das brauchte nicht durch ein Geschlechtsregister nachgewiesen zu werden. Warum dann dieses Geschlechtsregister? Weil dieses Geschlechtsregister ganz bis auf Adam zurückgeht, der seinerseits aus der Hand Gottes hervorgekommen ist. Das legt den Nachdruck darauf, dass der Herr Jesus auch als Mensch der Sohn Gottes ist. Diesem Gedankengang zufolge konnte Paulus auch zu den Athenern sagen, dass wir als Menschen „Gottes Geschlecht“ sind (Apg 17,29; 1Mo 1,27).

Weiter sehen wir in all den Namen, die hier genannt werden, wie Gott durch die Jahrhunderte hin die Linie bestimmt und aufrechterhalten hat, deren Endziel die Geburt seines Sohnes war. Gott hat durch alle diese Vorfahren hindurch gewirkt, um diesen Menschen zu genau der richtigen Zeit in die Welt zu bringen. Die ganze Geschichte vor Ihm ist eine Vorbereitung auf sein Kommen. Maria ist eine Begnadete unter den Frauen, aber auch alle diese Vorfahren sind begnadet, in der direkten Linie zu stehen, über die die Gnade Gottes in seinem Sohn völlig Gestalt gewinnen sollte.

© 2023 Autor G. de Koning

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